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Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall

Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall

Titel: Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Winter
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rief.
    Daryl duckte sich. Behutsam arbeitete er sich bis zur Kante des Überhanges vor und blickte vorsichtig über den Rand. Gut zehn Meter unter ihm stand Murgura auf dem kleinen Plateau und starrte zum Höhleneingang.
    »Ich weiß, dass du da drin bist, Meena, also komm raus.«
    Nichts geschah. Selbst von seiner Position aus bemerkte Daryl, dass der Aborigine immer nervöser wurde. Ihm ging es nicht anders. Vielleicht war Meena etwas zugestoßen. Ein Unfall bei der Nahrungssuche oder ein Schlangenbiss.
    Murgura machte zwei Schritte auf den Eingang zu, blieb dann aber wieder stehen. Einen Moment stand er unschlüssig da. Schließlich verließ ihn der Mut, und er zog sich wieder an den Rand des Felsvorsprungs zurück. Eine Zeit lang stand er da, unbeweglich wie eine Statue. Dann trat plötzlich seine Halbschwester aus der Höhle. In ihrer Hand hielt sie eine Machete.
    »Was willst du?«, fragte sie mit fester Stimme.
    »Dich zur Vernunft bringen.«
    »Ich bin vernünftig.«
    Murgura setzte sich hin. »Wie geht es dir?«
    »Was interessiert dich das?«
    »Ich bin dein Bruder, dein Wohl liegt mir am Herzen.«
    Meena blieb, wo sie war. Sie war vorsichtig und blieb stehen, um nicht von ihm überrumpelt zu werden.
    »Mein Wohl? Dass ich nicht lache! Du willst mein Baby töten!«
    »Was ist gut daran, das Kind eines Weißen auszutragen, der nur deinen Körper wollte?«
    Meena wurde wütend. Ohne es zu merken, trat sie zwei Schritte vor. »Es ist mein Baby, hörst du? Es ist zur Hälfte von mir! Und ich werde es lehren, zu denken und zu fühlen wie ein Aborigine.«
    »Seine Haut wird noch heller sein als deine«, entgegnete Murgura ernst. »Sein Herz wird noch weißer sein als deins. Du wirst aus ihm keinen Schwarzen machen.«
    »Vielleicht nicht. Aber möglicherweise ist das gar nicht so schlimm. Sieh dich an, Murgura. Du bist schwarz, und du willst mein Kind töten.«
    »Du bist meine Schwester, ich will dich nur beschützen.«
    »Wovor?« Erneut trat sie ein Stück näher auf ihren Bruder zu. »Vor mir? Vor Floyd Buttler? Es ist zu spät, ich bin bereits schwanger.«
    Daryl hatte genug gesehen. Er war sicher, dass Murgura sich hingesetzt hatte, um seiner Schwester ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Und auf diese Weise würde es dem Aborigine sicher auch gelingen, Meena nahe genug an sich heranzulocken, um sie zu überwältigen.
    Natürlich hätte Daryl ihr eine Warnung zurufen können, doch damit hätte er vermutlich genau das Gegenteil erreicht. Meena würde zu ihm hinaufblicken, und Murgura könnte genau diesen Moment nutzen. Gleichzeitig wollte er aber auch möglichst viel erfahren, ehe er sich zeigte.
    Langsam zog sich Daryl zurück. Nach kurzer Suche fand er eine geeignete Stelle, von der aus er schnell und ungesehen in die Nähe des Höhleneingangs hinabklettern konnte. Auf dem Weg nach unten hielt er immer wieder kurz inne, um dem Gespräch der Geschwister folgen zu können.
    »Dieses Kind wird dir Unglück bringen«, hörte er Murgura sagen.
    »Du meinst, so wie ich meinen Eltern Unglück gebracht habe?«
    »Deine Mutter hätte sich nie mit einem Eingeborenen einlassen dürfen.«
    »Aber sie hat es getan. Und unser Vater wollte es ebenso. Vergiss nicht, es gehören immer zwei dazu. Nach dem Tod deiner Mutter hätte er sich eine andere Eingeborenenfrau nehmen können. Aber er zog es vor, als Stockman auf einer Farm zu arbeiten, wo er sich schließlich in meine Mutter verliebte.«
    »Trotzdem, am Ende war sie es, die ihn verlassen hat. Und weshalb? Weil sie eine Weiße war. Weil sie nicht damit leben konnte, nicht mal mehr eine Stelle als Köchin zu bekommen, nachdem sie eine Beziehung mit einem schwarzen Farmarbeiter eingegangen war. Ja, am Ende schämte sie sich, sich mit einem Eingeborenen eingelassen zu haben.«
    »Das ist nicht wahr, und das weißt du. Meine Mutter hat unseren Vater geliebt, daher ist sie ihm auch gefolgt, als er zurückging zu seiner Sippe. Zwölf Jahre lang hat sie wie eine Eingeborene gelebt, hat sich immer bemüht, akzeptiert zu werden. Aber sie hatte keine Chance. Und irgendwann kam der Punkt, an dem sie sich entscheiden musste. Entweder ein Leben in Einsamkeit oder ein Neuanfang. Das war ihr gutes Recht. Selbst als sie unseren Vater verließ, liebte sie ihn noch. Wäre das nicht so gewesen, hätte sie mir nicht die Wahl gelassen, wo ich in Zukunft leben wollte.«
    Unterdessen hatte Daryl einen Felsquader erreicht, der schräg neben dem Höhleneingang lag. Er schätzte die Distanz bis

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