Ein Glas voll Mord
immer sein Maul aufgerissen hat? Ich bin dann weggegangen und hab mir geschworen, nie mehr zu den Druffitts zu gehen. Und Gilly ist mit Bob Bascom abgehauen, diesem Kerl, der nicht mal das Pulver wert wär, mit dem man ihn zur Hölle schießen sollte, und ich … ach, verdammt, was hat’s denn für einen Sinn, über diese ollen Geschichten nachzudenken? Ich hätt mit Gilly weggehen sollen, irgendwo in den Westen, weit weg von diesen ganzen verfluchten Sippen, das hätte ich tun sollen.«
»Elmer – ihr seid beide immer noch jung.«
Das war wahrscheinlich mehr, als sie hätte sagen sollen. Janet beschloss, ab jetzt besser den Mund zu halten. Elmer brauchte kein gutes Zureden, um zu tun, was er vermutlich schon Jahre zuvor hätte tun sollen, was vielleicht das einzig Richtige für ihn, Bobby und Gilly wäre. Vorausgesetzt, sie waren, was sie vorgaben, zu sein – aber waren sie das denn?
Weder er noch die große Liebe seiner Kindertage hatten bisher irgendwelche erwähnenswerten Anzeichen eines funktionstüchtigen Rückgrats gezeigt, wenn man mal darüber nachdachte. Vielleicht war es sein Stolz, der Elmer von Gilly entfernt hatte – aber hätte ein entschlossener Mann sich von irgendetwas entfernen lassen? Er wohnte immer noch bei seinem Vater – vielleicht, weil er glaubte, sein Nachname wäre zu teuflisch, um irgendwo anders zu wohnen –, aber warum hatte er sich mit diesem Schicksal abgefunden?
War sie nicht eine Spur zu kritisch für jemanden, der ziemlich nahe daran gewesen war, den gleichen Fehler wie Gilly zu machen? Anstatt Roy nachzutrauern, sollte sie dem Himmel danken, dass sie ihn los war – und nichts Schlimmeres davongetragen hatte als eine Blinddarmnarbe und eine geplatzte Seifenblase.
Und Gilly, was sollte aus ihr werden? Zusammen würden sie und Elmer vielleicht genug Kraft aufbringen, um ein Paar abzugeben, das gut durchs Leben kam; denn wie weit hatten sie es ohne einander denn gebracht? Durfte Janet das beurteilen? Durfte sie darüber überhaupt nachdenken?
Als sie den Kamm des Hügels erreicht hatten, sahen sie, dass ein Wagen vor dem Herrenhaus parkte. »Das ist ja merkwürdig«, sagte Janet, »man sollte meinen, jeder weiß, dass sie alle bei der Beerdigung sind.«
»Er weiß es«, sagte Elmer.
Der giftige Ton in seiner Stimme erschreckte Janet. Dann sah sie, dass es sich bei dem Auto um Jason Baines alten Lieferwagen handelte. Elmer gab Gas, und sie rasten in eine Staubwolke gehüllt zum Herrenhaus, wo Elmer sich nicht einmal damit aufhielt, die Fahrertür zu schließen, sondern die Treppenstufen hochjagte und ins Haus rannte.
»Du hinterhältige Ratte«, hörte Janet ihn schreien, »was machst du hier?«
Was der Vater antwortete, konnte sie nicht hören; Elmer allerdings war unüberhörbar. »Mach dich davon, oder ich schlag dir deinen verdammten Schädel ein!«
Falls Elmer hier gerade eine Szene für Janet aufführte, dann verkümmerte ein großes Talent im Sägewerk, so viel war sicher. Sie überlegte, ob sie hineingehen sollte, um einen dritten Mord zu verhindern, als Jason Bain aus dem Haus stürmte.
»Du bist nicht mehr mein Sohn!«, brüllte er.
»Schön wär’s!«, schrie Elmer ihm hinterher.
»Du bist enterbt! Keinen Cent siehst du von mir, verlass dich drauf!«
»Nimm dein Geld und schieb es dir …«
Elmers letzte Worte gingen bedauerlicherweise im Aufheulen von Baines Motor unter. Der Lieferwagen brauste den Hügel hinunter, der Sohn starrte ihm hinterher, das Gesicht verzerrt, als müsse er sich gleich übergeben. Als Janet zu ihm ging, schüttelte er den Kopf. »Ich kann’s der Frau nicht übel nehmen. Wer zur Hölle würde jemand wie den in der Familie haben wollen?«
»Was hat er denn da drinnen gemacht?«, fragte Janet.
»Woher soll ich das wissen? Er hat gesagt, er sucht nach diesem gottverdammten Patent und dass es ›rechtmäßig‹ ihm gehört. Verfluchter alter Schuft! Wenn’s rechtmäßig zuginge, wär der schon längst gehängt worden.«
Wieder fühlte Janet das Bedürfnis, diesen angeschlagenen Riesen von einem Mann zu trösten. »Ach, Elmer, vielleicht sind Sie doch ein bisschen zu hart mit Ihrem Vater. Marion hat noch nicht die geringste Spur von diesem Papier gefunden, und er scheint es sehr dringend zu brauchen. Vielleicht läuft langsam das Verfallsdatum ab oder so was. Er hat Ihnen wirklich nie einen Hinweis gegeben, um was genau es sich da handelt?«
»Nichts hat er mir gesagt. Saß nur immer da und feixte wie ein
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