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Ein Glas voll Mord

Ein Glas voll Mord

Titel: Ein Glas voll Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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hatte. Janet konnte sich dort aufhalten, ohne fühlen zu müssen, wie leer das Haus ohne die Gegenwart ihrer alten Freundin war.
    Sie war sicher, dass es Zeitverschwendung wäre, den Schreibtisch zu durchsuchen, und das war es auch. Marions Fingerabdrücke fanden sich sogar auf den staubigen Holzschienen zwischen den Schubladen. Janet wollte sich auch nicht auf die Suche nach lockeren Dielen oder Geheimfächern machen, denn auch das würde Marion schon getan haben. Also, was blieb übrig? Die Bücher natürlich. Alle Treadways waren große Leser gewesen, die Stapel drängten sich bis zur hohen Decke, und soweit sie sehen konnte, war die Staubschicht auf ihnen unberührt. Marion musste von der Menge der Bücher zu beeindruckt gewesen sein, um sich mit dem zu befassen, was sicher der offensichtlichste Platz zum Suchen war.
    Janet spürte den Kitzel der Jagd. »Wollen wir doch mal sehen«, dachte sie, »wahrscheinlich würde man am ehesten ein Buch auf Augenhöhe nehmen. Aber ich bin nur knapp einssechzig, und ich glaube, Mr.   Treadway war ziemlich groß, also – ach, Herrje.« Die Gedankengänge eines Mannes zu enträtseln, der ein Automobil mit Uhrwerkantrieb erfunden hatte, das alle dreihundert Meter neu aufgezogen werden musste, würde sie nicht weit bringen. Sie zog einen Stuhl heran und setzte sich, um zu prüfen, welches Buch auf diese Weise leicht zu erreichen war, einfach weil es sich dabei um die bequemste Möglichkeit handelte.
    »Hey, schauen Sie mal, was ich gefunden habe!« Elmers Jubelschrei überraschte sie so, dass sie beinah vom Stuhl fiel.
    »Das Patent etwa?«
    »Nee.« Er erschien im Türrahmen, eine staubige Flasche mit einer dunkelroten Flüssigkeit in der Hand. »Ein versteckter Vorrat von Mr.   Treadways selbst gemachtem Kirschweinbrand. Junge, Junge, wenn Pa gewusst hätte, dass noch was von dem Zeugs übrig ist, hätt ich ihn nie aus dem Haus gekriegt! Ich hab Pa nur einmal weinen sehen – und zwar, als er mir erzählte, dass der alte Treadway das Geheimrezept für diesen Weinbrand mit ins Grab genommen hat. Da ist mindestens ein Dutzend Flaschen versteckt, im Schrank in der Speisekammer, ganz unten, unter einem losen Brett.«
    »Mrs.   Treadway hasste Schnaps. Er wollte nicht, dass sie ihn findet – und ich nehme an, das hat sie auch nicht.« Janets Augen wurden feucht. »Mein Gott, nach all diesen Jahren!«
    »Der muss ja mittlerweile ziemlich stark sein, was?« Der junge Riese befingerte den Korken, die blauen Augen voll unverhohlener Begierde.
    »Bitte, öffnen Sie sie nur«, sagte Janet. »Schließlich haben Sie ihn gefunden.«
    Er zögerte. Dann stellte er die Flasche auf Mrs.   Treadways Schreibtisch. »Nein. Ich nehm nichts, das nicht mir gehört.«
    »Wie Sie meinen.«
    Janet widmete sich wieder den Büchern. Es war heiß, stickig und sehr staubig. Der Schmerz pochte in ihrer Hand. Sie hatte die Nase voll vom Herrenhaus und seinen und Elmer Bains Problemen.
    »So, das dürfte das Letzte sein.«
    Sie zerrte einen letzten Band aus dem Regal. Ein vergilbter Umschlag segelte auf den Boden. Sie hob ihn auf. In der oberen Ecke des Umschlags standen das Wort »Patentbüro«. Sie sah auf den Titel des Buches in ihrer Hand, aus dem der Umschlag gefallen war. Es war Mary Webbs   Precious Bane .
    Wie dumm konnte man eigentlich sein?
    Ohne es zu merken, hatte Janet diese Frage laut ausgesprochen. »Reden Sie mit mir?«, rief Elmer.
    »Nein, mit mir. Sie können mit dem Suchen aufhören, Elmer. Ich glaube, ich hab’s gefunden.«
    Elmer kam herein, verglich den Umschlag mit dem Titel des Buches und kratzte sich die blonden Locken mit einer bemerkenswert verdreckten Pranke.
    »Das ist ja’n Ding! Wie hat Miss Emery das denn übersehen können?«
    »Wahrscheinlich war sie zu sehr damit beschäftigt, Geheimfächer unter den Bodendielen zu suchen oder so was. Wenn ich zur Abwechslung mal meinen Verstand benutzt hätte, wär mir dieses Buch vielleicht früher aufgefallen, und ich hätte mich nicht von Kopf bis Fuß mit Staub und Spinnweben einsauen müssen. Wie auch immer: Ich hab meinen Teil getan. Viel Spaß noch. Ich gehe jetzt nach Hause und lege mich hin. Diese Hand bringt mich um.«
    »Gott, Janet, ich hatte ganz vergessen, dass es Ihnen nicht gut geht. Soll ich Sie rüberbegleiten?«
    »Nicht nötig. Danke.« Janet legte den Umschlag neben den Weinbrand auf den Schreibtisch. »Geben Sie’s Gilly oder Marion, wer auch immer zuerst nach Hause kommt.«
    Elmer wich zurück. »Ich will das

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