Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Glas voll Mord

Ein Glas voll Mord

Titel: Ein Glas voll Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
Vom Netzwerk:
von den Owls geworden war, das hat sie dann in den Salon gebracht und da aufgestellt. ›Ich kaufe einen silbernen Rahmen dafür‹, hat sie mir gesagt, also sag ich zu ihr: ›Die sind doch total teuer‹, und da sagt sie doch tatsächlich zu mir: ›Geld ist nicht alles, Dot.‹ Ich sag Ihnen, da hab ich ein ganz blödes Gefühl im Bauch gekriegt. Und dann – was sie dann gemacht hat, das erraten Sie nie!«
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte Rhys. »Würden Sie es mir freundlicherweise erzählen?«
    »Also, ich will verdammt sein, wenn sie nicht mit mir hochgegangen ist und ihren Schrank aufgemacht hat und dieses Flieder-Dings rausgeholt hat, das sie bei diesem Treffen vom Dienstags-Club anhatte, als Dr.   Druffitt sich den Kopf eingeschlagen hat. ›Hier, Dot‹, sagt sie zu mir, ›warum sollst du’s nicht haben. Ich werde es nie wieder tragen.‹ Das ganze Ding mit allem Drum und Dran hat sie mir geschenkt: Hut, Tasche, Schuhe, Handschuhe, alles! Klar, das ist alles nicht neu, aber gute Qualität. Ich hätt nie gedacht, dass ich das mal erlebe! Ma hat’s schier umgehauen, als ich’s ihr erzählt hab.«
    »Also ist es nicht Mrs.   Druffitts Art, Ihnen ihre alten Kleider zu vermachen?«
    »Sie hat in ihrem ganzen Leben noch nie irgendwem was vermacht, soweit ich weiß. Ich konnt’s nicht fassen! Klar hätte sie das Kostüm ein Jahr lang eh nicht tragen können, weil sie ja in Trauer ist. Die meisten Leute machen das ja nicht mehr – ein Jahr lang Schwarz tragen –, aber Mrs.   Druffitt macht alles immer so, wie’s schicklich ist.«
    Ja, den Eindruck hatte auch Rhys gehabt. Schicklichkeit war, seiner Einschätzung nach, die Essenz ihrer Persönlichkeit – wieso hatte sie dann beschlossen, die Ähnlichkeit hervorzuheben, auf die Marion sie vor kurzem erst so unfreundlich hingewiesen hatte, indem sie die Frau, die offensichtlich ihre uneheliche Cousine war, mit ihren eigenen unverwechselbaren abgelegten Sachen einkleidete?
    Vielleicht kümmerte sie derlei nicht mehr. Könnte es sein, dass sie, heimgesucht von einem plötzlichen Anfall christlicher Nächstenliebe, beschlossen hatte, die Vergangenheit vergangen sein zu lassen? Konnte sie das Kostüm einfach nicht mehr ertragen, weil es sie zu sehr an den Tag erinnerte, an dem ihr Ehemann ermordet worden war, oder hatte sie ihrer Haushaltshilfe das Kostüm gegeben, weil es das war, was man als Dame mit abgetragenen Kostümen tat? Er musste Janet nach ihrer Meinung fragen, wenn er sie allein traf.
    Aber er traf sie nicht allein. Bert platzte zur Abendessenszeit herein, überglücklich wegen Annabelles Entlassung aus dem Krankenhaus und der Aussicht, dass die ganze Familie bald wieder vereint unter ihrem eigenen Dach leben würde. Auch Dot war zugegen, sie verschlang alles, was sie in die Finger kriegte. Rhys ärgerte sich über ihre Anwesenheit, nicht nur, weil sie aß wie eine ganze Busladung hungriger Holzfäller, sondern auch, weil sie Janet beim Geschirrspülen helfen würde und nicht er. Er hätte liebend gern wieder den Abwasch gemacht, wie gestern Abend; die fliederfarbene Schürze wäre ein lächerlicher Preis für die Möglichkeit, später mit Janet zum See zu schlendern und hinter der sanften Wolke ihres braunen Haars die Sonne untergehen zu sehen. Aber es sollte nicht sein, und schließlich hatte er seine Pflicht zu tun. Ein paar besonders trauervolle Takte aus   Gogoniant i Gymru anwylwlad fy nhadau   summend, ging er über den Hof zum Herrenhaus.
    Zu seiner großen Enttäuschung war Marion allein. »Ich mache Babysitting«, erklärte sie. »Elmer ist mit Gilly ins Kino gegangen, damit sie nicht immer an ihren toten Vater denkt, und ich sitz hier mit dem Kind fest. Es ist wirklich ein lausiges Pech, dass du ein Polizist bist und kein wohlhabender Junggeselle aus Winnipeg … na ja. Vielleicht brauch ich einfach mal Erholung. Gott weiß, ich hätt’s verdient.«
    Marions Haltung war eine interessante Mischung aus Beunruhigung und Selbstgefälligkeit. Ganz offensichtlich machte Rhys sie nervös, aber zugleich hatte er den deutlichen Eindruck, als glaube sie, ihn irgendwie übers Ohr zu hauen. Jedenfalls war sie zwar vorsichtig, aber nicht übermäßig feindselig. »Was soll’s, wo wir hier schon mal zusammen wohnen müssen, können wir genauso gut das Beste draus machen«, bemerkte sie versöhnlich, als sie das Cribbage-Brett und Karten holte.
    Friedlich spielten sie zwei Runden, dann stand Marion wieder auf und kam mit zwei Saftgläsern und

Weitere Kostenlose Bücher