Ein Gott der keiner war (German Edition)
gefährdet war. Viele junge Schriftsteller waren dem Klub in der Hoffnung beigetreten, in der Linksfront etwas veröffentlichen zu können, und als die Kommunistische Partei durch die Fraktion mitteilen ließ, daß man die Zeitschrift eingehen lassen solle, wiesen die Schriftsteller diesen Beschluß zurück – eine Handlungsweise, die als feindlicher Akt gegen die Autorität der Partei ausgelegt wurde.
Ich setzte mich den Parteimitgliedern gegenüber für ein liberaleres Klub-Programm ein, und die Stimmung wurde zusehends heftig und erbittert. Dann legte man die Karten auf den Tisch. Mir wurde mitgeteilt, daß ich – falls ich weiterhin Sekretär des Klubs zu bleiben wünschte – der Kommunistischen Partei beizutreten hätte. Worauf ich erklärte, daß ich eine Politik begünstige, die eine freie Entwicklung für Schriftsteller und Künstler zuließe. Meine Politik wurde akzeptiert, und ich unterschrieb die Mitgliedskarte.
Eines Abends erschien bei einer unserer Sitzungen ein Jude, der sich uns als Genosse Young aus Detroit vorstellte. Er erzählte, daß er Mitglied der Kommunistischen Partei und Mitglied des Detroiter John Reed Club sei und sich in Chicago niederzulassen gedächte. Er war ein kleiner, freundlicher, schwarzhaariger und belesener Mensch mit Hängelippen und vorstehenden Augen. Bemüht, den Forderungen der Partei in jeder Weise nachzukommen, hießen wir ihn willkommen. Aber ich konnte aus diesem Menschen nicht schlau werden; sooft ich nur die einfachste Frage an ihn richtete, blickte er zur Seite und stammelte eine verworrene Antwort zusammen. Ich beschloß, seine Personalangaben der Kommunistischen Partei zur Überprüfung zuzuleiten und setzte seinen Namen sogleich auf die Mitgliederliste des Klubs. Er ist schon in Ordnung, dachte ich. Nur eben ein verrückter Künstler.
Nach der Sitzung stellte mich Genosse Young vor eine schwierige Frage. Er habe kein Geld, sagte er, und fragte mich, ob er nicht eine Zeitlang in den Klubräumen übernachten könnte. Da ich ihn für zuverlässig hielt, gab ich ihm die Erlaubnis. Im Handumdrehen wurde Young eines der eifrigsten Mitglieder unserer Organisation und allgemein bewundert. Seine Malereien – die ich nicht verstand – beeindruckten unsere besten Künstler. Von der Kommunistischen Partei war kein Bericht über Young eingelaufen; da jedoch Young ein gewissenhafter Arbeiter zu sein schien, hielt ich dieses Versäumnis für nicht besonders ernsthaft.
Eines Abends bat Young bei einer Sitzung, daß sein Name auf die Tagesordnung gesetzt würde; als die Reihe zu sprechen an ihn kam, erhob er sich und erging sich sogleich in einem der heftigsten und erbittertsten politischen Angriffe, die unser Klub je erlebt hatte. Seine Polemik war gegen Swann gerichtet, einen unserer besten jungen Künstler. Wir waren entsetzt. Young beschuldigte Swann, ein Arbeiterverräter zu sein, ein Opportunist, ein Polizeispitzel und ein Anhänger Trotzkis. Natürlich nahmen die meisten Klubmitglieder an, daß Young als Parteimitglied die Meinung der Partei ausspreche. Fassungslos beantragte ich, Youngs Behauptungen dem Exekutivausschuß zur Entscheidung vorzulegen. Swann protestierte mit Recht; er erklärte, daß er in der Öffentlichkeit angegriffen worden sei und nun vor der Öffentlichkeit antworten wolle.
Es wurde abgestimmt, und Swann erhielt das Wort. Er konnte Youngs wilde Anschuldigungen zwar widerlegen, aber die Mehrheit der Klubmitglieder war verwirrt und wußte nicht, ob sie ihm glauben konnten oder nicht. Wir hatten ihn alle gern und glaubten nicht, daß er sich irgend etwas habe zuschulden kommen lassen; aber wir wollten die Partei nicht vor den Kopf stoßen. Es kam zu einem Wortgefecht. Schließlich erhoben sich diejenigen Mitglieder, die aus Rücksicht auf die Partei geschwiegen hatten, und verlangten von mir, daß die unsinnigen Anschuldigungen gegen Swann zurückgenommen würden. Ich beantragte erneut, die Angelegenheit dem Exekutivausschuß zu übergeben, und wieder wurde mein Vorschlag niedergestimmt Die Mitgliedschaft hatte jetzt angefangen, den Beweggründen der Partei zu mißtrauen. Sie waren nicht bereit, einen Exekutivausschuß, der in der Hauptsache aus Parteimitgliedern bestand, über die Beschuldigungen zu Gericht sitzen zu lassen, die das Parteimitglied Young, erhoben hatte.
Ich wurde später von einer Mitgliederdelegation gefragt, ob ich irgend etwas mit den von Young vorgebrachten Anschuldigungen zu tun hätte. Ich war so tief verletzt und
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