Ein Grausames Versprechen
Mannschaftsraum kam, saß Joe mit einem Formular am Arbeitstisch. Er deckte es halbherzig mit dem Arm ab.
Sie lächelte. »Beschwerst du dich über mich?«
Er lächelte verlegen zurück, sagte aber nichts, und sie schaute über seine Schulter.
Versetzungsgesuch.
»Das ist ein Witz, oder?«
»Es ist wegen Claire«, sagte er.
Lauren sank in den Stuhl neben ihm.
»Es ist nicht so, dass ich gehen will.«
»Dann tu’s nicht.«
Er legte den Stift weg. »Wir hatten gestern Abend einen Riesenkrach.« Er rieb sich die Augen. »Sie glaubt, dass du und ich etwas miteinander haben.«
Lauren stieß ein ersticktes Schnauben aus.
»Sie sagt, wenn ich sie wirklich liebe, lasse ich mich in den Westen versetzen. Sie sagt, der Hochzeitstermin kann bleiben wie ursprünglich geplant, und sonst ändert sich auch nichts. Ich arbeite nur nicht mehr hier.«
»Mit mir«, sagte Lauren.
»Sie sagt, es ist ein geringer Preis für ihren Seelenfrieden.«
Lauren wollte so vieles sagen, dass sich alles gegenseitig blockierte.
»Wahrscheinlich ist es nur die Nervosität vor der Hochzeit«, sagte Joe.
»Aber bis dahin sind es noch Monate.«
Joe blickte auf das Blatt hinunter. »Ich liebe sie.«
Lauren hätte so gern gefragt: Ja? Liebst du sie wirklich? Sie spürte, dass dies einer jener Momente war, wo man sich am Rande folgenschwerer Veränderungen bewegte. Wagte sie es, die Hand auf seinen Arm zu legen und ihm genau zu sagen, was sie empfand?
Sie war schon im Begriff, die Hand auszustrecken, aber dann sagte er: »Ich liebe sie, und sie hat recht. Abgesehen davon geht es bei einer Ehe immer um Kompromisse, oder?«
Lauren ließ den Arm sinken. Finsterer Zorn und Eifersucht stiegen in ihr auf, und darunter lag die Verzweiflung wie ein fauliger Sumpf.
»Wa…« Es schnürte ihr die Kehle zu, und sie musste sich räuspern und es noch einmal versuchen. »Wann gehst du?«
»Es wird wahrscheinlich ein paar Wochen dauern, bis der Antrag durch ist.« Er zögerte. »Aber sie will, dass ich bis dahin Urlaub nehme.«
»Sie traut uns nicht einmal mehr für eine weitere Schicht?«
»Sie hat diese … Vorahnungen. Sie sagte letzte Nacht, sie glaubt, dass etwas Schlimmes passieren wird.«
Lauren schnaubte verächtlich. »Und was zum Beispiel? Eine Nachtschicht, bei der wir kaum zum Verschnaufen kommen? Ein platter Reifen? Jemand fliegt durch den ganzen Rettungswagen?«
»Sie meinte es ernst. Sie hat geweint.«
Na, das war mal eine Überraschung. »Sie würde alles sagen, damit du nicht mehr mit mir arbeitest.«
»Ich erzähle dir nur, was sie gesagt hat.«
Lauren wäre am liebsten aufgestanden und davongestürmt. »Schön. Dann ist das also unsere letzte Schicht? Du bist von morgen an im Urlaub?«
»Nein«, erwiderte er. »Ich habe zu ihr gesagt, ich lasse mich auf einen Kompromiss ein. Ich nehme keinen Urlaub, und ich bleibe, bis diese Sache vorbei ist.«
»Diese Sache …«
»Mit Werner.«
»Wegen ihrer Vorahnung?«
»Es scheint mir einfach am besten so«, sagte er. »Findest du nicht?«
Lauren konnte kein Wort sagen und wusste nicht, wo sie hinschauen sollte.
23
Die Cowley Road war lang, und sie fuhren am falschen Ende hinein. Ella gähnte, während sie die absteigenden Nummern ablas. »Fünfzehn, elf. Da.«
Das Haus der Rios’ war zweistöckig und aus hellem Ziegel. Eine betonierte Einfahrt führte zu einer Doppelgarage. Im Vorgarten standen Büsche, es gab einen kleinen, gepflegten Rasen und weiße Vorhänge in den weiß gerahmten Fenstern im Obergeschoss. Es gab Millionen Häuser wie dieses in den Vororten; Mann, es gab hundert davon allein in der Cowley Road.
Die Haustür lag hinter einer verschlossenen Fliegengittertür. Ella drückte auf den Klingelknopf und hörte es im Haus läuten.
Schritte näherten sich, das Schloss wurde umgedreht und die Tür aufgezogen. »Ja, bitte?«
Ella und Murray hielten ihre Ausweise in die Höhe. »Sind Sie Mrs. Sal Rios?«
»Ich bin seine Schwester Nona«, sagte sie. »Ist alles in Ordnung mit ihm?«
»Dann ist er also nicht zu Hause?«
Die Frau schüttelte den Kopf. Sie war Ende dreißig, vermutete Ella, mit dunklem Haar, das sie als Pony trug, und grellrotem Lippenstift. Sie war mit Jeans, einer weißen Bluse und Sandalen bekleidet. Um ihren Hals hing eine Goldkette mit Anhänger, die selbst durch das Fliegengitter teuer aussah. »Und ich weiß auch nicht, wann er zurückkommt, tut mir leid.«
»Ihrer Familie gehört ein Club in der Stadt, nicht wahr?«, fragte
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