Ein Grausames Versprechen
Instinktiv leistete sie im ersten Moment Widerstand, doch dann spürte sie, wie sein Körper ebenfalls in diese Richtung kippte, und ließ sich mit ihm fallen.
Sie schlugen mit einem dumpfen Laut auf dem Linoleumboden auf.
»Was …?«, sagte der Mann, und im nächsten Augenblick stürmte ein Trupp Polizisten in Kampfoveralls durch die Tür. Der Mann versank schreiend in einem Meer aus Schilden und Leibern. Lauren stieß den Atem aus, den sie, ohne es zu bemerken, angehalten hatte.
Ein Polizist schnitt das Band durch, das sie an Joe fesselte, dann das Band um ihre Handgelenke. »Alles in Ordnung? Sind Sie verletzt?«, fragte er, aber Lauren konnte nicht antworten, sie legte einfach nur den Kopf auf den Boden und richtete den Blick auf diesen wundervollen Wald aus Stiefeln und Hosenbeinen.
Zwei Sanitäter aus dem Hauptquartier stürzten ins Zimmer, die Ausrüstungstaschen schaukelten an ihren Schultern. Marcia Dunleavys Gesicht war blass, und sie schaute erschrocken drein, als sie Lauren half, sich aufzusetzen. »Du lieber Himmel, alles in Ordnung mit dir?«
Lauren zerrte an dem Band, das noch immer an ihren Armen klebte. Sie hatte plötzlich das Bedürfnis, es sofort loszuwerden. »Hast du Hexol?«
Marcia wühlte in ihrer Kiste. »Hier.«
Lauren spritzte die Alkohollösung an dem Band entlang, aber sie konnte dem Klebstoff nichts anhaben.
»Lass mich das machen.« Marcia schob Laurens Hände beiseite und schälte das Klebeband ab. Lauren kam sich vor wie ein Kleinkind. Sie lehnte sich ein wenig zurück und spürte Joes Rücken an ihrem. John Hawthorne, der andere Sanitäter, wischte gerade mit einer Mullbinde über Joes Hals. Sie fühlte, wie Joe zusammenzuckte.
»Tut mir leid«, sagte John.
Lauren tastete nach Joes Hand und drückte sie, während die Polizei den mit Handschellen gefesselten und immer noch schreienden Mann auf die Beine hievte. Das Messer lag neben der Wand auf dem Boden. Beamte führten den Mann an Lauren vorbei, und sie sah ihm bewusst ins Gesicht und sagte sich, dass es keinen Grund mehr gab, sich vor ihm zu fürchten. Joes Finger schlossen sich um ihre.
Ein Polizist brachte ihre Hemden. Das weiße Leinen war schmutzig von dem verdreckten Linoleum. Lauren ertrug die Vorstellung nicht, es anzuziehen, und ließ es wieder auf den Boden fallen. Marcia Dunleavy legte ihr die Hand auf den Arm. »Ich hole dir eine Decke.«
Lauren kreuzte die Arme vor der Brust. Sie zitterte jetzt, selbst in dem stickigen Raum war ihr kalt. Die Polizisten durchsuchten die Wohnung. Einer steckte das Messer in einen Beweismittelbeutel. Lauren sah Blut an der Klinge. Sie holte tief Luft.
»Okay?«, sagte Joe, der schon wieder stand. Ein Verband war mit Pflaster an seinem Hals befestigt. Er streckte die Hand zu Lauren hinunter. Sie nahm sie und stand mit zittrigen Knien auf. Er legte ihr den Arm um die Schulter, und als Marcia mit zwei weißen Baumwolldecken zurückkam, half er ihr, Lauren in eine zu wickeln, dann legte er sich die andere selbst um.
»Ich habe der Polizei erklärt, dass wir euch erst zu einem Check ins St. Vincent’s bringen, bevor ihr eure Aussagen macht«, sagte Marcia.
Im Flur sah Lauren zur Tür der Nachbarwohnung hinüber. Sie stand offen, eine alte Dame spähte heraus, die dunklen Augen scharf auf sie gerichtet. Lauren nickte, und die Frau nickte zurück.
Sie gingen nach unten. Marcia und John trugen ihre eigene Ausrüstung, plus die von Joe und Lauren. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, seit sie hier heraufgekommen waren und über die Gründe gescherzt hatten, warum der Mann weinte. Lauren hörte Stimmen im Erdgeschoss und zog sich die Decke fest um den Oberkörper. Sie nahm ihren Herzschlag wahr und das Ein- und Ausströmen von Luft in ihren Lungen. Sie wollte nach Hause.
Der Himmel hatte sich während ihrer Gefangenschaft bewölkt, und Lauren wurde im düsteren Licht der Eingangshalle des Wohnblocks unheimlich zumute. Sie sah Schaulustige durch die schmutzigen Glastüren spähen und ein Fernsehteam hastig alles für eine Übertragung aufbauen. Marcia legte ihr die Hand auf den Rücken. »Bereit?«
Lauren nickte.
Draußen war die Luft feucht und von Lärm erfüllt. Rettungswagen 27, das Fahrzeug von Marcia und John, stand neben ihrem eigenen. Die Warnlichter blinkten leicht asynchron. Als sich die Gruppe den Fahrzeugen näherte, teilten sich die Wolken, und die Sonne erhellte die Welt. Joe öffnete die Seitentür von 27 und bot Lauren seinen Arm an. »Eure Kutsche«, sagte
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