Ein Grausames Versprechen
wie eine Wilde zu fahren, aber Joe war viel schlimmer. Er hatte bisher nur Glück gehabt, dass er im Gegensatz zu ihr nie ein Fahrzeug zu Schrott gefahren hatte oder viel zu schnell geblitzt worden war. »Was hat Claire gesagt?«
»Sie wollte wissen, warum ich das Bild aufheben will.« Seine Augen klebten auf der Straße. »Was meinst du - Fehlalarm oder echt?«
»Fehlalarm«, sagte Lauren. »Was hast du zu ihr gesagt?«
»Man leistet ihm Erste Hilfe.«
»Passanten. Das muss gar nichts heißen«, sagte sie. »Was hast du zu Claire gesagt?«
Er verzog das Gesicht. »Ich habe versucht, ihr zu erklären, dass es einfach ein denkwürdiger Vorfall war«, antwortete er. »Es ist ein gutes Bild, unsere Gesichter sind ziemlich von der Kamera abgewandt, wir sind so eine Art namenlose Sanitäter.« Er verzog erneut das Gesicht. »Es symbolisiert für mich so etwas wie … na ja, dass sich Menschen eben umeinander kümmern«, fügte er matt an.
»Für mich auch«, sagte sie. »Genau.« Die Straßenlampen rauschten vorbei, ihr Warnlicht spielte blau und rot auf den Hausfassaden. Sie zog Handschuhe an. »Was hat sie dazu gesagt?«
Er bog um eine Ecke. »Sie wirkte nicht überzeugt. Nicht einmal, als ich sagte, wenn ihr Bild in der Zeitung wäre, würde sie es auch ausschneiden.«
»Vierunddreißig, geschätzte Ankunftszeit?«, meldete sich die Zentrale.
»Zwei bis drei«, sagte Lauren ins Mikro.
»Setzt du immer noch auf falschen Alarm?«
»Ein Betrunkener, der auf dem Gehsteig schläft. Er wird jedes Mal stöhnen, wenn sie auf seinen Brustkorb drücken. Wir werden ihn wegen gebrochener Rippen transportieren müssen.«
»Ich weiß nicht.« Eine Katze flitzte über die Straße, und Joe nahm für einen Augenblick den Fuß vom Gas. »Ich hab’s irgendwie im Urin, dass es echt ist.«
»Du und dein Urin.«
Er sah zu ihr hinüber. »Der übliche Einsatz?«
»Gilly’s und ein Egg McMuffin.«
»Einverstanden.«
Er bog in die New South Head Road und schaltete die Sirene aus.
»Da.« Lauren deutete zu einer Gruppe von Leuten auf dem Gehsteig, von denen jemand an den Straßenrand lief und winkte.
Es gab keine Möglichkeit zu parken. Joe hielt in der linken Fahrspur, ließ das Blaulicht laufen und schaltete obendrein noch die Warnblinkanlage ein. Lauren sprang heraus und holte das Sauerstoffgerät und den Erste-Hilfe-Kasten aus dem Heck des Rettungswagens.
»Schnell!«, rief jemand.
»Ich sagte doch, es ist echt«, sagte Joe, als er nach EKG-Gerät und Medikamenten griff.
»Dass jemand brüllt, heißt noch nichts«, gab sie über die Schulter zurück, während sie auf die Gruppe zueilten. Die Leute machten nicht Platz, und sie musste wiederholt »Entschuldigung« rufen und jemandem den Erste-Hilfe-Kasten in die Beine stoßen, bis man sie durchließ.
Der Mann lag auf der Seite und hatte die Arme nach vorn ausgestreckt. Sein Hemd war blutdurchtränkt, das gelbe Emblem mit der Aufschrift »Quiksmart Couriers« auf der Tasche sog die Flüssigkeit auf. Im Schein der nahen Schaufenster sah Lauren die Todesblässe auf seinem Gesicht und wusste, dass Joe recht gehabt hatte.
Sie kniete nieder und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Wie geht es Ihnen, mein Freund?« Er schlug die Augen auf und sah sie an. Sie zog ihm das Hemd aus der Hose und entdeckte eine zwei bis drei Zentimeter breite Stichwunde auf der linken Brustseite in der Gegend des Herzens. Er streckte eine blutbefleckte Hand nach ihr aus, und sie nahm sie, drückte sie. »Wie ist Ihr Name?«
»James Kennedy«, stieß er hervor.
Sie brauchte beide Hände, deshalb legte sie seine Hand auf ihr Knie. Sie spürte seine Angst und Verzweiflung im Griff seiner Finger auf ihrer Hose. »Wissen Sie, was passiert ist? Können Sie tief atmen?« Sie holte ein dickes Verbandskissen aus dem Erste-Hilfe-Kasten, drückte es auf die Brustwunde und befestigte es mit Klebeband.
»Ich kriege … kaum Luft.« Blutblasen erschienen auf seinen Lippen.
»Sind Sie noch woanders verletzt?«
Joe langte um sie herum, setzte Kennedy eine Sauerstoffmaske auf und befestigte die Elektroden des Herzmonitors. »Unterstützung anfordern oder einladen und ab?«, flüsterte er Lauren ins Ohr.
Kennedys Haut glänzte vor Schweiß. Er hatte eine Menge Blut äußerlich verloren, und wer weiß wie viel innerlich. Lauren schätzte die Zeit einer Fahrt mit Blaulicht und Sirene ins St. Vincent’s gegen die Zeit ab, die eine zweite Mannschaft brauchen würde, um hier einzutreffen. »Einladen und
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