Ein Grausames Versprechen
waren, darauf aufmerksam gemacht worden war, dass etwas nicht stimmte. Sie hatte angehalten, aber beide Männer waren fortgerannt, einer war in einen an der Straße abgestellten Wagen gesprungen, aber sie hatte das Nummernschild nicht sehen können. Sie war dann in die Gasse gegangen, um nachzusehen, und hatte einen gewissen Stewart Blake tot auf dem Boden gefunden. Sie hatte es der Notrufzentrale gemeldet und gewartet, bis die Polizei eintraf.
Ella lehnte sich zurück. Aus dem Bericht erfuhr sie nicht viel. Er erklärte nicht, warum Lauren in die Gasse geschaut hatte, auch wenn zwei Männer, die von irgendwo wegliefen, sicherlich die Frage aufwarfen, was sie dort getrieben hatten.
Der Fall war vor Kurzem zum Coroner’s Court gegangen, und Lauren hatte ziemlich sicher dort ausgesagt. Ella scrollte zum Kopf der Seite zurück, um den Namen des ermittelnden Detectives zu sehen. Lance Fredriks war früher bei der Mordkommission gewesen, arbeitete jetzt aber im Sydney Police Centre in Surry Hills, und sie wählte die Nummer der dortigen Telefonzentrale.
Fredriks erinnerte sich gut an Lauren. »Sie war großartig«, sagte er. »Eine perfekte Zeugin. Die Tätigkeit als Sanitäterin hilft einem wahrscheinlich, ruhig und überlegt zu bleiben, und genau das war sie. Sie beschrieb, was sie gesehen hatte, beschrieb die Kerle, die aus der Gasse gerannt waren, und wie sie dann die Leiche gefunden hatte.«
»Und wie war sie im Zeugenstand?«
»Wunderbar«, sagte er. »Ich wünschte, sie wären alle so standfest.«
Standfest. Hm. »Sie vermuten also, dass diese beiden Kerle die Täter waren?«
»Wir haben sie nie gefunden«, sagte Fredriks. »Sie hat die Männer nicht sehr gut gesehen und konnte kein Kennzeichen erkennen, aber es klang eher, als wären es ein Stricher und sein Kunde gewesen, die nur zufällig über die Leiche gestolpert sind. Es gab keine anderen Zeugen. Der Coroner hat es als Mord erklärt, der von einer unbekannten Person begangen wurde. Aber Sie wissen Bescheid über ihn, über Blake, oder? Er war ein echter Perverser. Hat Kinder belästigt. Es ist dann immer weiter eskaliert, bis er vor rund zwanzig Jahren dieses kleine Mädchen in der Nähe von Eastwood getötet hat. Zum Glück haben sie ihn geschnappt und der Sache ein Ende gemacht.«
Ella erinnerte sich an den Aufruhr in den Zeitungen, als er entlassen wurde. »Und passiert noch irgendetwas in dem Fall?«
»Theoretisch ist er nicht abgeschlossen, aber praktisch gibt es immer etwas anderes zu tun.«
Ella dankte ihm und legte auf. Lauren war also damals ganz ruhig und beherrscht gewesen, aber jetzt wollte sie einen Rückzieher machen, was ihre Aussage anging. Stellte sie sich vor, wie es sein würde, wenn sie wieder im Zeugenstand erscheinen würde, aber diesmal Kennedys Worte nacherzählen musste, während Thomas Werner dabeisaß? Ella hatte im Lauf der Jahre mit vielen Zeugen zu tun gehabt, und sie waren normalerweise erst kurz vor dem Gerichtstermin so nervös. Hier standen sie nun ohne Festnahme da, und Lauren benahm sich, als würde jemand mit einem großen Messer nachts um ihr Haus schleichen und drohen, ihr den Kopf abzuschneiden, wenn sie ihre Aussage nicht zurückzog.
Ella wandte sich wieder dem Computer zu und gab Kristis Name in die Datenbank ein. Sie erfuhr, dass Kristi einmal wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr sowie Fahrens unter Alkohol- und Drogeneinfluss verurteilt worden war. Ella schaute die Einzelheiten des Falles nach und las, Kristis Wagen sei vor viereinhalb Jahren mit einem entgegenkommenden Auto zusammengestoßen; dessen neunzehnjähriger Fahrer, der ebenfalls zu viel getrunken hatte, wie sich herausstellte, war dabei ums Leben gekommen. Kristi, die hochschwanger gewesen war, hatte nur leichte Blessuren davongetragen. Sie hatte das Kind bekommen und eine Therapie absolviert, ehe ihr Fall vor Gericht kam, und deshalb sowie aufgrund ihrer Reue und eines Herzfehlers des Neugeborenen, war sie nur zu einer Bewährungsstrafe, fünfzehnhundert Dollar Bußgeld und zwei Jahren Führerscheinentzug verurteilt worden.
Ella hörte, wie Kuipers Tür aufging. Sie beeilte sich, um ihn im Flur abzufangen. »Können wir uns unterhalten?«
Sobald sie Platz genommen hatten, sagte er: »Es sieht nicht gut aus, oder?«
»Sie hat darum gebeten, ihre Aussage zurückziehen zu dürfen«, sagte Ella. »Sie sagte, sie sei sich nicht mehr sicher, was Kennedy gesagt hatte. Besonders, was den Namen angeht.« Sie erzählte ihm von dem Werner,
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