Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
verspielt hatten.
»Aha, Darsan«, rief ich ihm zu, »das Glück ist ja hier! Setzen Sie auf Zéro!«
»Unmöglich, alles verloren«, antwortete er trocken; der Fürst aber wollte mich entschieden weder bemerken noch erkennen.
»Hier ist doch Geld!« rief ich und zeigte auf meinen goldenen Haufen. »Wieviel?«
»Zum Teufel!« rief Darsan und wurde puterrot. »Ich habe Sie, soviel ich weiß, nicht um Geld gebeten.«
»Sie werden gerufen«, sagte Serschtschikow und zupfte mich am Ärmel.
Es war der Oberst, der bei der Wette an mich zehn Imperiale verloren und mich nun mehrmals und fast wütend gerufen hatte.
»Nehmen Sie gefälligst!« rief er mit einem vor Zorn dunkelroten Gesicht. »Ich bin nicht verpflichtet, hinter Ihnen zu stehen; sonst werden Sie später behaupten, Sie hätten das Geld nicht erhalten. Zählen Sie nach.«
»Aber ich glaube Ihnen, ich glaube Ihnen, Oberst, ich glaube Ihnen, ohne nachzuzählen; ich bitte Sie nur, mich nicht so anzuschreien und sich nicht zu ärgern«, und ich strich seine Goldmünzen mit der Hand zusammen.
»Mein Herr, ich bitte Sie, mich mit Ihren Verzückungen zu verschonen, suchen Sie sich dafür einen anderen, aber nicht mich«, brüllte der Oberst. »Ich habe nicht mit Ihnen zusammen Schweine gehütet!«
»Komisch, daß man so jemand reinläßt, wer ist das eigentlich? – Irgend so ein Jüngling«, ließen sich halblaute Stimmen hören.
Aber ich achtete nicht darauf, ich setzte blindlings und auch nicht mehr auf Zéro. Ich setzte ein ganzes Päckchen regenbogenfarbener Scheine auf die ersten achtzehn Nummern.
»Gehen wir, Darsan«, hörte ich hinter mir die Stimme des Fürsten.
»Nach Hause?« Ich drehte mich nach ihnen um. »Warten Sie auf mich, wir wollen zusammen gehen, ich mache gleich Schluß.«
Mein Einsatz gewann; ein bedeutender Gewinn.
»Basta!« rief ich und begann, mit zitternden Händen das Gold zusammenzuscharren und in meinen Taschen unterzubringen, ohne die Haufen Banknoten zu zählen, die ich ungeschickt mit den Fingern zusammenzudrücken versuchte, um sie alle in eine Seitentasche zu stopfen. Plötzlich legte sich die beringte fleischige Hand Aferdows, der unmittelbar rechts neben mir gesessen und ebenfalls hohe Einsätze gemacht hatte, auf drei meiner regenbogenfarbigen Scheine und deckte sie zu.
»Pardon, wenn’s beliebt – das gehört nicht Ihnen«, sagte er streng und betont, übrigens mit einer ziemlich verbindlichen Stimme.
Und damit war man mitten in jenem Präludium, dem es beschieden war, nach einigen Tagen solche Folgen zu zeitigen. Heute kann ich bei meiner Ehre schwören, daß diese drei Scheine mein Eigentum waren, aber das Unglück wollte, daß ich damals zwar überzeugt war, daß sie mein Eigentum wären, aber immer noch mit einem Zehntel Zweifel zu kämpfen hatte, und für einen ehrlichen Menschen ist der leiseste Zweifel – alles; und ich – ich bin ein ehrlicher Mensch. Vor allem habe ich damals noch nicht mit Sicherheit gewußt, daß Aferdow ein Dieb war; damals kannte ich ihn noch nicht einmal mit Namen, so daß ich in jenem Augenblick tatsächlich zweifeln konnte, ob ich mich nicht doch geirrt hätte, und diese Dreihundert-Rubel-Scheine nicht zu der Zahl jener gehörten, die mir soeben ausgezahlt worden waren. Ich hatte während der ganzen Zeit das vor mir aufgehäufte Geld nicht gezählt und es nur mit beiden Händen zusammengescharrt, während vor Aferdow ebenfalls Geldscheine gelegen hatten, unmittelbar neben den meinen, aber ordentlich und abgezählt. Schließlich war Aferdow ja wohlbekannt, man hielt ihn für einen reichen Mann und behandelte ihn mit Ehrerbietung: Dies alles verfehlte nicht seine Wirkung auch auf mich, und ich habe mich schon wieder nicht zur Wehr gesetzt. Ein verhängnisvoller Fehler! Die größte Schweinerei bestand darin, daß ich begeistert war.
»Ich bedaure es außerordentlich, daß ich mich nicht genau erinnere; aber ich glaube felsenfest, daß sie mir gehören«, sagte ich mit vor Empörung zitternden Lippen. Diese Worte riefen sofort ein allgemeines Murren hervor.
»Um das zu behaupten, muß man sich genau erinnern, Sie aber haben selbst verkündet, daß Sie sich nicht ganz genau erinnern«, belehrte mich Aferdow mit unerträglichem Hochmut.
»Wer ist das eigentlich? Soll man sich so etwas bieten lassen?« hörte man einige Stimmen.
»So etwas wie mit dem Herrn geschieht nicht zum ersten Mal; vorhin war mit Rechberg die Geschichte mit den zehn Rubeln«, ließ sich eine gemeine,
Weitere Kostenlose Bücher