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Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Rubel!« Mit diesen Worten holte er mich bereits im Hof ein. »Nun gut, meinetwegen fünf.«
    Ich blieb stumm und ging weiter.
    »Hier, nehmen Sie.« Er hielt mir zehn Rubel hin, und ich gab ihm das Album.
    »Aber Sie müssen doch zugeben, daß das Wucher ist! Zwei Rubel und zehn Rubel – oder?«
    »Was heißt Wucher? Das ist der Markt!«
    »Was für ein Markt?« (Er ärgerte sich.)
    »Die Nachfrage bestimmt den Markt; hätten Sie nicht nachgefragt, hätte ich keine vierzig Kopeken dafür bekommen.«
    Ich habe mich zwar nicht vor Lachen überschlagen und bin ernst geblieben, aber innerlich lachte ich doch – ich lachte nicht vor Begeisterung, sondern aus einem mir selbst unbekannten Grund, es war wie eine Atemnot.
    »Hören Sie«, murmelte ich unaufhaltsam, wenn auch voller freundschaftlicher Gefühle und voller Sympathie für ihn, »hören Sie: Als James Rothschild, der Verblichene, der aus Paris, der eintausendsiebenhundert Millionen Francs hinterließ« (er nickte), »einst zufällig, noch als junger Mann, ein paar Stunden früher als alle anderen von der Ermordung des Herzogs de Berry erfuhr und unverzüglich, sofort, die maßgebliche Stelle davon unterrichtete, hatte er allein damit auf einen Schlag einige Millionen verdient – so wird das gemacht!«
    »Und Sie sind wohl auch ein Rothschild?« schrie er mich zornig an wie einen Narren.
    Ich verließ sofort dieses Haus. Ein Schritt – und sieben Rubel fünfundneunzig Kopeken Gewinn! Ein Schritt, der nicht sonderlich einfallsreich war, ein Kinderspiel, zugegeben, aber er entsprach dennoch meinem Gedanken, und eine sehr tiefe Erregung konnte daraufhin nicht ausbleiben … Es hat übrigens keinen Sinn, Gefühle zu beschreiben. Der Zehn-Rubel-Schein steckte in meiner Westentasche, ich tastete mit zwei Fingern danach – und ging so weiter, ohne die Hand herauszuziehen. Nachdem ich etwa hundert Schritt auf der Straße weitergegangen war, zog ich die Note heraus, um sie mir anzusehen, ich sah sie mir an und wollte sie schon küssen. Aber plötzlich fuhr vor dem Haus donnernd eine Equipage vor; ein Portier öffnete die Tür, und aus dem Haus trat eine junge Dame, prachtvoll, schön, reich, in Samt und Seide, mit einer zwei Arschin langen Schleppe, offensichtlich, um in die Equipage einzusteigen. Ein kleines, reizendes Portefeuille entglitt plötzlich ihrer Hand und fiel auf die Erde; sie stieg ein. Der Lakai bückte sich, um es aufzuheben, aber ich sprang blitzschnell hinzu, hob es auf und reichte es, meinen Hut lüftend, der Dame. (Es war ein Zylinder. Ich war gekleidet, wie es sich für einen jungen Herrn gehört, nicht schlecht.) Die Dame dankte zurückhaltend, aber mit dem verbindlichsten Lächeln: »Merci, Monsieur.« Die Equipage donnerte weiter. Ich küßte meinen Zehn-Rubel-Schein.
    III
    Ich wollte mich am selben Tag mit Jefim Swerjow treffen, einem meiner früheren Klassenkameraden, der das Gymnasium verlassen hatte und in Petersburg eine höhere Fachschule besuchte. Seine Person ist eine Beschreibung nicht wert, und freundschaftliche Beziehungen habe ich mit ihm niemals unterhalten. Aber in Petersburg hatte ich ihn sofort ausfindig gemacht; er war in der Lage (infolge von Umständen, die einer Erwähnung ebensowenig wert sind), mir umgehend die Adresse eines gewissen Kraft mitzuteilen, eines mir äußerst wichtigen Mannes, sobald er, dieser Kraft, aus Wilna zurückgekehrt war. Swerjow erwartete ihn gerade heute oder morgen, wovon er mich vorgestern in Kenntnis gesetzt hatte. Es war ein Fußmarsch auf die Petersburger Seite, aber ich fühlte mich keineswegs ermüdet.
    Swerjow (er war ebenfalls neunzehn) traf ich auf dem Hof des Hauses einer Tante, bei der er vorübergehend logierte. Er hatte soeben zu Mittag gegessen und übte sich im Hof im Stelzenlaufen; er ließ mich sofort wissen, daß Kraft bereits gestern gekommen sei und seine frühere Wohnung bezogen habe, hier, ebenfalls auf der Petersburger Seite, daß ihm selbst viel daran liege, sich möglichst bald mit mir zu treffen, um mir unverzüglich etwas Wichtiges mitzuteilen.
    »Er will schon bald wieder verreisen«, fügte Jefim hinzu.
    Da für mich unter den gegebenen Umständen eine Begegnung mit Kraft von äußerster Wichtigkeit war, bat ich Jefim, mich umgehend zu Krafts Wohnung zu begleiten, die sich, wie sich herausstellte, ein paar Schritte weiter befand, gleich in der Nebengasse. Aber Swerjow erklärte, daß er Kraft vor einer Stunde bereits getroffen und von ihm erfahren habe, daß er

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