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Ein guter Blick fürs Böse

Ein guter Blick fürs Böse

Titel: Ein guter Blick fürs Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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anzusprechen und Fragen zu stellen. Also kam er zu mir. Er gab mir eine Photographie von Thomas Tapley, ein Studioporträt, das in Frankreich aufgenommen worden war, zusammen mit einer sehr guten Beschreibung des gesuchten Individuums.«
    »Haben Sie diese Photographie noch?«, unterbrach ich ihn.
    »In der Tat, Ma’am. Aber lassen Sie mich meine Geschichte zu Ende erzählen bitte. Es gelang mir herauszufinden, dass Thomas Tapley tatsächlich nach England zurückgekehrt war. Ich konnte seine Spur von Southampton bis nach London verfolgen. Doch wo er in London untergeschlüpft war, das war eine ganz andere Frage. Er war wie vom Erdboden verschluckt. Wenn man verschwinden will, ist London der perfekte Ort dafür, keine Frage.
    Nach einigem Suchen probierte ich einen neuen Ansatz. Ich observierte das Haus am Bryanston Square. Ich fand ziemlich schnell heraus, dass Mr. Jonathan Tapley ein sehr auffälliges Gespann unterhielt. Pferde wie diese hatte ich in Amerika häufiger gesehen. Dort werden sie Palominos genannt. Sie waren beinahe golden, mit hellen Mähnen und Schweifen, von der Sorte, die den Damen gefallen würde, und es lebten Damen im Haus. Eines Nachmittags, als ich auf dem Weg zum Bryanston Square war, bemerkte ich das Gespann auf der Straße und auf dem Weg in Richtung Fluss. Es gibt kein zweites Gespann wie dieses in der Gegend, glauben Sie mir, und so machte ich mich sofort an die Verfolgung. Es herrschte jede Menge Verkehr an diesem Tag, und so fiel es mir nicht besonders schwer, das Gespann im Blick zu behalten, bis es bei der Waterloo Bridge ankam. Es überquerte die Brücke, und ich wollte hinterher, doch ich hatte Pech. Zwei Droschkenfahrer gerieten in Streit über die Frage, wer als Erster fahren durfte, und es gab einen Stau. Irgendwann war ich vorbei und über die Brücke, aber das Gespann war verschwunden. Ich hatte die Spur verloren.
    Mein erster Gedanke war, dass es vielleicht zur Eisenbahnstation gefahren war, um jemanden zum Zug zu bringen. Also wandte ich mich in Richtung Bahnhof, doch das Gespann war auch dort nirgendwo zu sehen. Ich überlegte, wo das Gespann sonst noch hingefahren sein konnte und ob Thomas Tapley vielleicht auf der Südseite des Flusses wohnte und wer auch immer in der Kutsche saß, auf dem Weg war, ihn zu besuchen? Falls das so war, würde Tapley früher oder später über die Brücke kommen, überlegte ich. Auf der Südseite gibt es nämlich nichts außer dem Bahnhof. Also tarnte ich mich als Clown und bezog auf dem Damm Position. Und was soll ich sagen, am dritten Tag, den ich dort mit Jonglieren und Albereien verbrachte und mir damit den einen oder anderen Pence verdiente, sah ich ihn auf mich zukommen! Er ging an mir vorbei und passierte die Brücke in Richtung Norden. Ich wartete, bis er wieder zurückkam, und folgte ihm dann, um herauszufinden, wo er wohnte. In dieser Hinsicht hatte ich wirklich Glück gehabt. Mein Pech war nur, dass Sie mich dabei entdeckt haben.«
    »Ihr Klient wollte Jonathan Tapley nicht direkt fragen, ob er wusste, wo Thomas Tapley zu finden war, weil er herausgefunden hatte, dass Jonathan Tapley als Anwalt arbeitet. Ihr Klient meidet das Gesetz, Mr. Jenkins. Das ist der Grund, aus dem er zu Ihnen kam.«
    »Ich denke, da liegen Sie möglicherweise richtig, Mrs. Ross«, pflichtete Jenkins mir bei. »Andererseits möchte nicht jeder zur Polizei gehen oder zu einem Anwalt, richtig? Deswegen kommen die Leute zu mir, verstehen Sie? Damit verdiene ich meinen Lebensunterhalt. Wie dem auch sein mag, ich berichtete meinem Klienten, dass ich die Zielperson aufgespürt hatte. Ich erhielt mein Honorar, und zwar auf der Stelle, so wie wir es ausgemacht hatten.
    Ich war recht zufrieden mit mir – ein gutes Stück Detektivarbeit und ein gutes Geschäft. Doch die Zufriedenheit verging ziemlich schnell, das kann ich Ihnen sagen. Ein paar Tage später las ich in der Zeitung, dass ein Mann ermordet genau in jener Straße aufgefunden worden war. Er war aus Southampton hergezogen. Das gefiel mir ganz und gar nicht. Ich war sicher, dass sich der Tote als Thomas Tapley herausstellen würde, und ich hatte ihm nachgespürt! Es würde nicht lange dauern, bis die Polizei hinter mir her war. Schlimmer noch, am Tag nachdem die Meldung in der Presse erschienen war, tauchte mein Klient wieder in meinem Büro auf. Diesmal wollte er, dass ich mit Jonathan Tapley in Verbindung trat. Aber ich witterte Gefahr, und deswegen lehnte ich den Auftrag ab.«
    »Wie reagierte Ihr

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