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Ein guter Jahrgang-iO

Ein guter Jahrgang-iO

Titel: Ein guter Jahrgang-iO Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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seiner Wohnung auf einen grauen Londoner Himmel geblickt hatte. Er kam sich vor, als wäre er auf einem anderen Planeten gelandet. Eine Welt voller Sonnenschein, wobei die einzigen dunklen Wolken am Horizont die enttäuschende Qualität des Weines und die streitbare Wesensart des Monsieur Roussel waren.
    Nur wenige Kilometer entfernt saß Claude Roussel samt seiner streitbaren Wesensart beim Abendessen, in eine hitzige Debatte mit Madame Roussel vertieft, seiner bewundernswürdigen besseren Hälfte, der es gelungen war, ihren Optimismus trotz ihrer langjährigen Ehe mit einem unverbesserlichen Pessimisten zu bewahren.
    »...das bringt nichts als Ärger«, sagte Roussel gerade. »Veränderungen sind immer schlecht, und der Bursche ist noch nicht einmal trocken hinter den Ohren. Er wird die Rebstöcke herausreißen und einen Golfplatz anlegen...«
    »Noch einen kleinen Nachschlag Couscous? Oder möchtest du schon den Käse?«
    Er reichte ihr wortlos seinen Teller, um sich eine weitere Kelle des würzigen Eintopfgerichts aufladen zu lassen, ohne seine düsteren Prophezeiungen zu unterbrechen, »...oder er baut das Haus zu einem von diesen Hotels um...« »Was für Hotels?«
    »Du weißt schon, diese kleinen Nobelherbergen mit den alten Möbeln und dem auf alt getrimmten Personal, das ausnahmslos in Wams und Mieder herumläuft. Oder...«
    »Eh beh oui! Ein Kernkraftwerk, ohne Zweifel. Clo-Clo, wie kannst du solche Behauptungen aufstellen? Du hast doch noch kein einziges Wort mit ihm gewechselt! Vielleicht hat er mehr Geld als der alte Mann, um es in den Wein zu investieren. Und wenn nicht, könnte er unter Umständen sogar in Betracht ziehen, das Gut an uns zu verkaufen.« Madame Roussel beugte sich vor, um einen Klecks Fleischsaft vom Kinn ihres Mannes zu wischen. »Wie auch immer, um ihm auf den Zahn zu fühlen, musst du ihm deine Aufwartung machen und mit ihm reden, non?«
    Roussels Grunzen hätte als Ja oder Nein gedeutet werden können. Madame ließ nicht locker.
    »Du weißt, dass ich Recht habe, Clo-Clo. Geh zu ihm, aber nicht mit deiner Leichenbittermiene. Geh mit einem Lächeln im Gesicht. Und einer Flasche Wein unter dem Arm. Und wenn ihr ins Gespräch gekommen seid, vergiss nicht, meine Schwester zu erwähnen.«
    Roussel verdrehte die Augen und langte nach dem Käse.
    »Wie könnte man jemals deine Schwester vergessen?«
    * * *
    Max leerte sein Glas und verließ das Café, dann blieb er kurz stehen, um beim Boule- Spiel zuzuschauen. Onkel Henry hatte ihn vor langer Zeit in die Feinheiten des point und tir, der ras paille und sautée eingeweiht - seltsam, dass ihm die Worte wieder in den Sinn kamen, nicht aber deren Bedeutung - und ihm an einem sonnigen Abend auf dem Kiesweg vor dem Haus gezeigt, wie man richtig steht und wirft. Der wichtigste Aktivposten sei gleichwohl das Talent zu diskutieren, hatte er betont. Die Streitkultur sei entscheidend für die richtige innere Einstellung und die Freude am Spiel.
    Einer der Spieler bereitete sich gerade auf den Wurf vor. Die Hacken zusammen, die Knie gebeugt, die Stirn gerunzelt in angespannter Konzentration, warf er seine boule in einem weiten tödlichen Bogen, die zwei gegnerische Spielkugeln aus dem Weg räumte, bevor sie in Haaresbreite neben dem cochonnet landete - dem »Schweinchen«, wie man die kleine hölzerne Setzkugel im Französischen nannte, auf die man es abgesehen hatte. Für Max sah das nach einem klaren Sieg aus, aber weit gefehlt: es war lediglich der Auftakt zu einer erregten Debatte zwischen den beiden Mannschaften. Es galt, die Entfernung zwischen boule und cochonnet zu messen, in Millimetern und Bruchteilen von Millimetern, das Ergebnis nachzuprüfen und abermals in Frage zu stellen, was natürlich eine weitere Runde Messen erforderte. Die Stimmen wurden zunehmend lauter, die Schultern gezuckt, die Arme ungläubig gen Himmel erhoben, vielleicht in der Hoffnung, von dort eine Antwort zu erhalten. Es schien keine Aussicht auf eine unmittelbare Fortsetzung des Spiels zu bestehen. Max überließ die Männer ihrem Schicksal und machte sich, den Marktplatz überquerend, auf den Weg ins Restaurant.
     
    Chez Fanny mit seinem gefliesten Fußboden, den Stühlen aus Rohrgeflecht, den Tischdecken und Servietten aus Papier und den Plakaten von alten Marcel-Pagnol-Filmen an der Wand war klein und unscheinbar. Doch das Restaurant verfügte über zwei Geheimwaffen: einen betagten Küchenchef, der sein Handwerk im L'Ami Louis in Paris gelernt hatte und

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