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Ein guter Jahrgang-iO

Ein guter Jahrgang-iO

Titel: Ein guter Jahrgang-iO Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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Als er endlich wieder zu Hause war, fühlte er sich völlig ausgelaugt: Seine Shorts und sein T-Shirt waren dunkel vom Schweiß, und seine Beine zitterten wie Wackelpudding, als er die Treppe zum Bad erklomm.
    Die Dusche war ein klassisches Beispiel für die französische Installationskunst des zwanzigsten Jahrhunderts, ein Denkmal der Unbequemlichkeit, eine kümmerliche Ausgeburt des menschlichen Verstandes, durch eine Nabelschnur aus Gummi mit den Wasserhähnen der Badewanne verbunden. Dieses Modell wurde von Hand gehalten, so dass man nur eine Hand für die Seife und deren Anwendung in den verschiedenen Partien des Körpers frei hatte. Um Schaum zu erzeugen, der diesen Namen verdiente, brauchte man aber zwei freie Hände. Also musste man den sich drehenden und windenden Schlauch auf den Boden der Wanne ablegen und nach getaner Arbeit wie ein flüchtiges Reptil wieder einfangen, um dann die Endreinigung mit klarem Wasser zu beginnen. In seiner Londoner Wohnung war das ein Kinderspiel gewesen, weil man sich lediglich unter den Strahl stellte; hier geriet das Unterfangen zu einer Übung, die selbst den Einfallsreichtum eines Schlangenmenschen auf eine harte Probe gestellt hätte.
    Max trat vorsichtig auf den überschwemmten Fliesenboden hinaus und ließ sich an der Luft trocknen, während er sich rasierte. In dem Arzneischränkchen über dem Waschbecken fand er zwischen Heftpflaster und Aspirin ein kleines Flakon, noch zur Hälfte mit Onkel Henrys Eau de Cologne gefüllt. Es war ein Relikt aus dem alten Türkischen Bad in Mayfair, mit einem Etikett wie eine reich verzierte Banknote und einem Duft, der Max an seidene Morgenmäntel denken ließ. Er bediente sich großzügig, kämmte sich die Haare und suchte sorgfältig die passende Garderobe für sein Mittagessen mit Maître Auzet heraus.
    Sie hatte aus Gründen der Diskretion einen kleinen Landgasthof vorgeschlagen, in sicherer Entfernung von den Argusaugen und Lästermäulern der Bewohner von St. Pons. Max fand ihn ohne Schwierigkeiten, zumal das ländliche Frankreich oft großzügiger mit Restaurant-Wegweisern als mit Straßenschildern bestückt ist, und traf einige Minuten zu früh ein.
    Die Auberge des Grives war ein zweistöckiges Gebäude im Betonklotzstil. Es wäre regelrecht hässlich zu nennen gewesen, hätte sich nicht ein wild wuchernder Strang Glyzinen über die ganze Länge der Terrasse erstreckt. Geschäftsleute aus der Gegend, die grüppchenweise an den Tischen saßen, und ein oder zwei Paare mittleren Alters murmelten vor sich hin, in ihre Speisekarten vertieft. Von Maître Auzet keine Spur, obwohl sie, wie der Ober Max anvertraute, ihren angestammten Tisch mit Blick auf das weite Feld der Rebstöcke im Süden reserviert hatte.
    Max bestellte einen kir, der zusammen mit einer Schüssel Radieschen und einer Prise Meersalz serviert wurde, nebst Speisekarte und Weinkarte - ein dicker, in geprägtem Leder gebundener Wälzer, der von teuren Flaschen nur so strotzte. Es überraschte Max deshalb nicht, dass der Wein von Le Griffon mit keiner Silbe erwähnt wurde. Er rief den Kellner herbei.
    »Ich habe unlängst von einem Roten aus der Region gehört. Ich glaube, Le Griffon lautet der Name.«
    Der Kellner sah ihn ausdruckslos an. »Ah bon?«
    »Was halten Sie davon? Taugt er etwas?«
    Der Ober beugte sich zu Max herab und senkte verschwörerisch die Stimme. »Entre nous, monsieur...« Er umfasste mit Daumen und Zeigefinger behutsam seine Nasenspitze: ».. . pipi de chat.« Er legte eine Pause ein, damit sein Urteil verinnerlicht werden konnte. »Darf ich Ihnen einen angemesseneren Wein empfehlen? Im Sommer neigt Maître Auzet dazu, dem rosé der Domaine La Figuière den Vorzug zu geben, aus dem sonnigen Var, blass und trocken.«
    »Gute Idee. Es lag mir bereits auf der Zunge.«
    Die Ankunft von Maître Auzet wurde von zahlreichen Bücklingen des Kellners gekennzeichnet, der sie zum Tisch eskortierte und ihr den Stuhl zurechtrückte. Sie trug abermals ein Kostüm, schwarz und streng, und eine magersüchtige Aktenmappe. Offensichtlich hatte sie beschlossen, dass dieses Mittagessen rein geschäftlich sein sollte.
    »Bonjour, Monsieur Skinner...«
    Max hob die Hand. »Bitte. Nennen Sie mich Max. Und weiterhin Maître zu Ihnen zu sagen, ist für mich ein Ding der Unmöglichkeit, mit Verlaub. Dabei müsste ich immer an einen alten Tattergreis mit weißer Perücke und künstlichen Zähnen denken.«
    Sie nahm lächelnd ein Radieschen aus der Schale und tunkte es ins

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