Ein guter Jahrgang-iO
inne und stellte das Geschirr mit einem Klirren auf den Tisch zurück, was ihren Mann aus seinen Gedanken aufschreckte. Ihre Finger trommelten mit einigem Nachdruck auf die Tischplatte. Ihre Stimme war gleichermaßen eindringlich. »Du musst ihm reinen Wein einschenken, Clo-Clo. Du hast keine andere Wahl!«
Roussel starrte sie an, kaute auf seiner Unterlippe und schwieg.
Sie ergriff seine Hand, und ihr Tonfall wurde weicher. »Er scheint sehr sympa zu sein, der junge Mann. Er wird es verstehen. Und es ist besser, dass er die Wahrheit von dir erfährt als von anderer Seite, oder?« Sie beantwortete ihre Frage selbst, mit einem heftigen Kopfnicken. »Viel besser.«
* * *
Kein Lüftchen regte sich in den frühen Nachmittagsstunden, und es war drückend schwül. Max stand auf der Leiter und kämpfte mit einer Glyzinenranke, die sich ungebeten durch ein Fenster im ersten Stock ins Haus zu schleichen begann. Christie hatte sich auf die Suche nach einer englischsprachigen Tageszeitung begeben, und Madame Passepartout hängte, da die so genannte Katzenkrise vorbei war, Wäsche auf einer Behelfsleine zum Trocknen auf, die sie auf dem Tennisplatz zwischen die Pfosten für das Netz gespannt hatte.
Die friedliche Stille des Augenblicks wurde durch das Klappern von Roussels Lieferwagen unterbrochen, der im Hof vorfuhr. Wie immer war Tonto als Erster draußen, rannte herbei und bellte die Leiter an, bevor er sie mit großer Hingabe beschnüffelte und das Bein hob. Roussel schalt ihn halbherzig, während er zu der Gestalt hinaufspähte, die hoch über ihm schwebte, eine Silhouette, die sich deutlich gegen das sonnengebleichte Blassblau des Himmels abzeichnete.
»Störe ich, Monsieur Max?«
Max stieg die Leiter hinab, und die beiden Männer schüttelten sich die Hände, wobei Roussel verlegen an seinem Ohr zupfte und nach Worten rang. »Ich muss mit Ihnen sprechen«, sagte er. »Und Ihnen etwas zeigen. Es geht um die Rebstöcke.« Er drehte den Kopf, deutete auf den Lieferwagen. »Wir können gleich losfahren, wenn Sie Zeit haben.«
Sie fuhren schweigend in Richtung Dorf, dann bogen sie in einen schmalen Feldweg ein, der vor einer langen fensterlosen Scheune endete; sie war in die Flanke einer sanft abfallenden Bodensenke hineingebaut und besaß eine zweiflügelige massive Eingangstür, die verriegelt und mit einem Vorhängeschloss versehen war. »Die cave«, sagte Roussel. »Sie haben sie noch nicht gesehen.«
Max schüttelte den Kopf. »Ich dachte, Sie bringen die Trauben direkt zur co-opérative.«
»Nicht alle. Genau darüber wollte ich mit Ihnen reden.«
Er stellte den Lieferwagen vor der Scheune ab, und Max stieg aus, sah zu, wie Tonto sich selig im Staub wälzte und wand, während Roussel die Scheunentore aufsperrte und aufstieß. Er betrat den Raum und schaltete das Licht ein, bevor er den Engländer mit einem Kopfnicken aufforderte, ihm zu folgen.
In der cave war es kühl, beinahe eisig nach der Hitze, die draußen herrschte, und die Luft roch leicht moderig, nach Gerbstoffen und Schimmel. Der Fußboden bestand aus unverputztem Zement, der in der Mitte durch eine mit Weinflecken übersäte Abflussrinne geteilt war. Auf der anderen Seite der Rinne waren auf erhöhten Betonsockeln Holzfässer aufgereiht und mit einem Kreidekode markiert worden, der für jeden Normalsterblichen - einen Weinbauer ausgenommen - unverständlich war. In einer Ecke neben der Tür stand ein wackeliger Blechtisch, auf dem sich ein paar schmuddelige Gläser, ein Wust Papiere und eine lange Glasspritze befanden, letztere mit einem Gummiballon von der Größe einer Faust an einem Ende. An einem rostigen Nagel in der Wand hing ein Kalender mit Fotos von jungen Frauen, verführerisch und im Zustand der Ekstase über Traktoren drapiert.
Max blickte sich interessiert um und überlegte gerade, ob ein Kommentar von ihm erwartet wurde, als Roussel seine Brille mit einem Taschentuch vom Staub befreite und zwei Holzstühle älteren Semesters an den Tisch zog. Er bedeutete Max, Platz zu nehmen, und schloss einen der Torflügel, so dass das gleißende Licht, das von außen hereindrang, sie nicht mehr blendete. Zum Schluss nahm er seufzend seine Kappe ab und setzte sich ebenfalls.
»Monsieur Max«, begann er. »Wie Sie wissen, arbeite ich seit dreißig Jahren auf dem Weingut Le Griffon, seit Ihr Onkel das Anwesen gekauft hat. Im Laufe der Zeit bat ich ihn unzählige Male, die Rebstöcke auszuwechseln, die schon vor seiner Ankunft alt und ausgelaugt
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