Ein guter Jahrgang-iO
fertig. Es gibt da eine weitere Parzelle, auf der Wein angebaut wird.« Er deutete auf das Stück Land hinter der Steinmauer. »Ich denke, Monsieur Fitzgerald sollte einen Blick darauf werfen.«
Roussel streckte die Hände gen Himmel. » Dieses Stück Land? Das ist doch die reinste Katastrophe! Allein der Anblick würde Monsieur in abgrundtiefe Verzweiflung stürzen. Nichts als nacktes, kümmerliches Felsgestein«, fügte er hinzu, an Fitzgerald gewandt. »Ein Jammer, wirklich ein Jammer.«
»Trotzdem«, widersprach Max. »Ich möchte, dass er es sich anschaut, wenn er schon mal da ist.«
Roussel und Fitzgerald gingen voraus, und Max fuhr mit der Übersetzung fort, die er Christie während der Gesprächspausen geliefert hatte. »... Roussel scheint nicht allzu begeistert zu sein, dass unser Experte das Stück Land hinter der Mauer zu Gesicht bekommt. Sag mal, was hältst du von Fitzgerald?«
Christie zuckte die Achseln. »Schwer zu sagen, da ich seine Sprache nicht verstehe. Aber ich hatte jemanden erwartet, der - wie soll ich es ausdrücken, urwüchsiger, naturverbundener ist. Der hat noch nie in einem Weingarten gearbeitet, möchte ich wetten. Dafür sind seine Hände viel zu zart.«
Sie sahen zu, wie die beiden Männer vor ihnen die Mauer erreichten. Roussel hievte sich hoch, bis er oben saß, dann schwang er die Beine auf die andere Seite, wobei er sich auf dem Hosenboden drehte. Fitzgerald, der dem Wohlergehen seiner Hosen mehr Aufmerksamkeit widmete, nahm das Hindernis zögernd, im Krebsgang sozusagen, und als er auf der anderen Seite stand, klopfte er sich den Staub ab und strich die vorwitzige Haarsträhne zurück, die ihm immer wieder in die Stirn fiel.
Der Verwalter wartete auf Christie und Max, bevor er abermals seine geringe Meinung von dem Stück Land kundtat, auf dem sie sich befanden. »Eher ein Steinbruch als ein Weingarten.« Er bückte sich, um eine Hand voll weiße Gesteinsbrocken aufzuklauben. »Das soll Erde sein? Man könnte genauso gut versuchen, Spargel in der Sahara anzubauen.« Fitzgerald schüttelte mitfühlend den Kopf und schob zum Zeichen tiefen Bedauerns die Unterlippe vor.
Lächelnd wandte er sich an Max. »Wenigstens haben Sie die restliche Anbaufläche. Ich bin sicher, dass wir dort einige Fortschritte erzielen können. Dafür sind lediglich ein wenig Zeit und Geld erforderlich.« Er schickte sich an, zur Mauer zurückzugehen.
»Max«, warf Christie ein. »Frag ihn, warum all die Reben zurückgeschnitten wurden. Ich meine, wozu die Mühe, wenn das Land so miserabel ist?« Sie behielt Fitzgerald die ganze Zeit im Blick, während sie sprach.
Beim Klang ihrer Stimme hielt er inne, dann beugte er den Kopf, um Max' Übersetzung zu lauschen. »Eine gute Frage. Der Rückschnitt ist natürlich gang und gäbe in Bordeaux, aber hier? In diesem Geröll?« Die Augenbrauen schossen nach oben, als er Roussel forschend ansah und auf eine Antwort wartete.
Roussel ließ die Gesteinsbrocken wieder auf den Boden fallen. »Wie ich Monsieur Max bereits erklärte, ist das ein kleines Experiment, das auf meinem Mist gewachsen ist, ein letzter Versuch.« Er wischte die Hände an seinen Hosen ab. »Ich hoffe, dadurch größere Trauben zu erhalten.«
Fitzgeralds Miene nahm einen anderen Ausdruck an - er sah Roussel mit belustigtem Erstaunen an. Dann wandte er sich an Max: »Incroyable, ich hätte nie gedacht, dass es mir noch einmal vergönnt sein wird, einem Menschen zu begegnen, der Bauer und Optimist ist.« Er klopfte dem Verwalter auf die Schulter. »Ich wünsche Ihnen viel Glück mit Ihren Riesentrauben, Monsieur. Oder besser gesagt, ein Wunder. So, jetzt muss ich mich aber wirklich sputen.«
Während Max den verbalen Schlagabtausch für Christie übersetzte, eilte Fitzgerald zum Haus zurück, Roussel auf den Fersen. Soweit es die beiden betraf, war die Erkundungsphase eindeutig vorüber.
»Das war nicht besonders ermutigend«, sagte Max zu Christie.
»Weißt du was? Ich glaube, der Bursche versteht Englisch, und zwar jedes Wort. Ich habe sein Gesicht beobachtet, und als ich dich bat, ihn wegen der Trauben zu fragen, ging sein Blick unwillkürlich in die richtige Richtung. Nur ganz flüchtig, aber ich bin sicher, er wusste, wovon die Rede war.«
War ein Schimmer des Verstehens über sein Gesicht gehuscht und blitzschnell kaschiert worden? Max vermochte es nicht zu sagen; er hatte Christie angesehen, als sie die Frage stellte. »Ich weiß nicht«, sagte er. »Aber sein Interesse schien
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