Ein guter Mann: Roman (German Edition)
mein Lieber. Um Kinder kriegen zu können, muss man ja erst mal zusammen ins Heu. Und das war eben nur sehr, sehr spärlich der Fall.«
»Sie meinen, er war zu viel unterwegs, gar nicht zu Hause?«
»Das auch. Aber der intensive körperliche Kontakt, der nun mal nötig ist, um ein Kind auf Kiel zu legen, der passierte nur einmal. In der so genannten Hochzeitsnacht.«
Müller erschrak programmgemäß: »Wollen Sie damit sagen, dass Sie in zwei Jahren Ehe nur einmal … also nur einmal, also, die Ehe vollzogen haben?«
»Sie sagen es«, antwortete sie sehr erheitert. »Und das Schlafzimmer war stockduster. Er sagte, eigentlich hätte er für fleischliche Begierden keine Zeit. Und er fände das auch sehr sündig. Da musste ich lachen, und er keuchte und sagte, nun wäre es aber genug. Danach strafte er mich richtig mit Verachtung.«
»Das ist nicht Ihr Ernst?«
»Doch, doch«, sagte sie. »Ich bin eine sündige Eva. Aber das verstehen Sie nicht, das versteht keiner, nur der Breidscheid.«
»Aber jemand, der so hart und international arbeitet, muss doch eigentlich ein Interesse daran haben, eine Familie zu gründen. Ich meine, er hat ja ein Riesengeschäft zu vererben.«
»Breidscheid doch nicht. Der gibt alles der Kirche. Das stand schon damals fest. Da lebte seine Mutter noch und vögelte im hohen Alter mit irgendeinem Kaplan herum. Zustände, kann ich Ihnen sagen, Zustände! Das glaubt einem kein Mensch.«
»Ich kann das nicht fassen«, raunte Müller in ehrfürchtigem Erstaunen. »Zwei Jahre verheiratet und nur einmal miteinander geschlafen. Wie geht so was?«
»Das weiß ich eigentlich auch nicht. Aber ich erinnere mich, dass ich zuweilen den körperlichen Kontakt gesucht habe, schließlich war ich eine junge Frau. Da hat er herumgeschrien, ich sei die Sünde persönlich. Und ich bin heute noch der Meinung, dass er mich am liebsten totgeschlagen hätte. Der rastete richtig aus, dem trat Schaum vor den Mund, ungelogen. Mein Lebensgefährte sagt immer, das müsste ich eigentlich mal aufschreiben. Aber ich habe ja unterschrieben, dass ich nichts über die Ehe verbreite. Das wollte sein Anwalt damals. Und das Gespräch hier bleibt ja unter uns.«
»Mit welcher Begründung hat man Sie eigentlich geschieden?«
»Na ja, das Übliche, weil wir uns nicht verstanden haben. Über die Kirche kam dann, ich hätte vorher Drogen genommen und außerdem jede Menge getrunken. Das Einzige, was ich getrunken habe, war ein Malzbier pro Monat, und meine Droge war ein Aspirin, wenn ich Kopfschmerzen hatte. Aber ich hätte alles unterschrieben, ich wollte nix wie weg. Die offizielle Scheidung war dem Helmut auch ziemlich egal, doch die kirchliche Annullierung der Ehe, die war lebenswichtig. Na ja, und kurz danach hat ihm der Kardinal dann den Kaplan ins Haus geliefert. Als ich das erfahren habe, bin ich vor Lachen ausgeflippt. Das sieht ihm ähnlich.«
»Also, ganz privat«, Müllers Stimme wurde leise. »Ich habe sogar irgendwo gelesen, dass er möglicherweise krumme Geschäfte macht. Also, irgendwas mit Kriegsgerät und Drogen. Also, ein ausländisches Magazin hat das angedeutet … Wir von der Regierung, wissen Sie, müssen ja vorsichtig sein, wenn wir erfolgreiche Unternehmer vorstellen wollen. Am Ende kommt dann der Spiegel und deckt einen Skandal auf, und wir stehen dumm da.«
»Von krummen Dingern weiß ich nichts, ich weiß nur was von riskanten Dingern. Aber da hat der Kardinal oft gesagt, so was muss man riskieren.«
»Das hat der Kardinal gesagt?«
»Ja, den hat mein Ehemann immer gefragt, wenn er sich bei einem Geschäft nicht ganz sicher war. Aber sonst kann ich Ihnen zu Geschäften nichts sagen, das hat mich auch nie interessiert.«
»Nun ist er ja auch sehr hilfsbereit. Ich sage immer: Der ist die Caritas persönlich. Also die Waisenhäuser in Rio sind schon ein gewaltiges Ding. Gibt es noch andere solche Beispiele?«
»Ich kenne keine, aber ich war ja auch nur ein paar Jahre dabei.«
»Und dann hat er Ihnen den Laden hier gekauft, nehme ich mal an.«
Sie schüttelte den Kopf. »Die Anwälte haben mir Geld angeboten, aber ich habe es nicht genommen. Ich bin raus aus der Ehe, und das war es dann. Ich wollte sein Geld nicht.«
»Weil es irgendwie schmutzig war?«
»Nein. Weil ich nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Gar nichts.«
»Also aus den Augen, aus dem Sinn?«
»Kann man so sagen. Manchmal ruft er an.«
»Ach, nein. Erzählen Sie mal, also das interessiert mich wirklich.«
»Aber das
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