Ein guter Mann: Roman (German Edition)
den dämlichen Namen Ali Akbar, ausgestellt heute von der Botschaft in Kairo. Die Botschaft sagt, sie haben noch keine Ahnung, wie er an das Visum gekommen ist. Sie haben keine Unterlagen über ihn. Sie prüfen das, bla, bla, bla.«
»Wie ist er denn nach Kairo gekommen?«, fragte Müller.
»Wissen wir nicht«, sagte Sowinski abwehrend.
»Ich muss mit seiner Frau reden«, sagte Müller.
»Tun Sie das«, sagte Krause. »Aber keine Einzelheiten, auf keinen Fall! Scheuchen Sie nichts auf.«
»Ja«, sagte Müller und ging in sein Büro.
Er rief Nour zu Hause an und schnitt das Gespräch auf Tonband mit. Fröhlich sagte er: »Hi, alte Ehefrau, wie geht es dir?«
»Hallo, Karl! Sehr gut«, antwortete sie. »Und was treibst du?«
»Ich hatte deinem Mann eine kleine Spezialmaschine versprochen. Im Geschäft erreiche ich ihn nicht. Ist er bei dir?«
»Nein«, sagte sie, scheinbar ohne Argwohn. »Hier ist er nicht. Er musste für ein paar Tage verreisen.«
»Ach, das ist ja mal was anderes. Wohin denn?«
»Er sagte Kairo, aber er wusste nicht genau, wann er wieder zurückkommt.« Sie lachte. »Er hat mir jedenfalls versprochen, ein paar Seidenkleider mitzubringen. Stell dir vor, ich in Seide.«
»Das wird wunderbar aussehen. Hat er sich noch nicht gemeldet?«
»Noch nicht. Aber das wird bald kommen. Soll ich ihm etwas ausrichten?«
»Ja, sag ihm bitte, er kann die Maschine haben. Dein Achmed macht doch nicht etwa in Kairo eine Filiale auf?«, fragte er.
»Nein, nein. Die Reise ist für einen Freund.« Da wurde ihre Stimme zum ersten Mal zögerlich.
»Wie ist der Halunke denn an ein Visum gekommen? Und warum hat er mir gestern nichts davon gesagt?«
»Es … es kam sehr plötzlich, weißt du?«
»Na ja, bis demnächst. Und grüß die Kinder.«
Er ging in Krauses Zimmer. Sie saßen noch zusammen und starrten ihn wortlos an, als sei er ein Aussätziger.
»Die Ehefrau weiß nur, dass er ein paar Tage nach Kairo wollte. Für einen Freund. Sie sagt, die Reise ist plötzlich gekommen. Und sie lügt.«
»Gehen Sie sämtliche Treffberichte durch, suchen Sie nach einem Hinweis. Und in einer Stunde gehen wir beide ein Stück spazieren.«
Müller dachte wütend: Auch das noch!, und machte sich an die ermüdende Lektüre seiner eigenen Berichte, von denen er ganz sicher war, dass sie keinen verdeckten Hinweis enthielten.
Er erinnerte sich, wie die Verbindung mit Achmed zustande gekommen war. Im Grunde eine kleine Geschichte ohne jeden Schönheitsfehler. Sie hatten herausgefunden, dass Syrien still und leise amerikanische Ölsuchfirmen eingeladen hatte, und sie suchten nach einer direkten Verbindung zu diesen Firmen. Dann war am Horizont Hussein aufgetaucht, von dem nur bekannt war, dass er im Hintergrund, aber immer mit Wissen seiner Regierung an vielen Strippen zog. Und Müller hatte Achmed entdeckt, den Neffen dieses einflussreichen Strippenziehers. Nach seiner Klaransprache an Achmed war der auch sofort bereit gewesen, ein bisschen zu spionieren. Er fand es spannend und natürlich auch vom Finanziellen her interessant.
Ach, Achmed, dachte Müller, mach jetzt bloß nicht unsere schöne kleine Spionagefirma kaputt. Aber gleichzeitig wusste er, dass die kleine Firma schon vor ein paar Stunden in Konkurs gegangen war.
Kurz darauf stand Krause in der Tür und fragte: »Können wir?«
Über den Himmel zogen Schäfchenwolken, junge Mütter schoben ihre Kinderwagen, auf einer Bank saßen Penner und handelten lauthals die Probleme dieser Welt ab.
Sie trabten eine Weile schweigend nebeneinander her, bis Krause sagte: »Ich nehme einmal an, dass Sie den Kopf mit allen möglichen Dingen voll haben. Der Vater, die häuslichen Verhältnisse, jetzt Achmed, der Beruf allgemein. Das sind alles Gründe, möglichst schnell Klarheit zu bekommen. Und das umso mehr, als Sie durch Achmed heute in eine Schräglage geraten sind. Das wissen Sie, nicht wahr?«
»Ja.« Müller nickte.
»Gibt es zwischen Ihnen und Achmed noch irgendetwas, was ich nicht weiß? Irgendwelche Absprachen? Irgendwelche zusätzlichen Abmachungen für den Fall, dass er unter die Räder kommt?«
»Nein. Das ist alles«, sagte Müller.
»Gut. Dann kommen wir zu Ihren persönlichen Verhältnissen. Sie wissen, dass ich mich nicht gerade darum reiße, im Privatleben meiner Leute herumzufuhrwerken. Aber ich muss wissen, wie Sie Ihre private Situation zu bereinigen gedenken. Ihnen ist bekannt, dass häuslicher Dauerstress in unserem Beruf tödlich sein
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