Ein gutes Omen
Nordpol befindet sich ein Loch, damit Luft hineinströmen
kann.«
»Hab nie eins
im Atlas gesehen«, brummte Wensleydale skeptisch.
»Die Regierung
hat verboten, das Loch im Atlas zu zeigen – damit keine Schaulustigen kommen
und sich die Sache aus der Nähe ansehen«, entgegnete Adam. »Außerdem: Die Leute
in der Hohlen Erde wollen nicht, daß man dauernd auf sie herabstarrt.«
»Was meinst du
mit tibetanischen Tunneln?« fragte Pepper. »Du hast eben ›tibetanische Tunnel‹
gesagt.«
»Oh, habe ich
euch noch nicht davon erzählt?«
Die übrigen Sie
schüttelten die Köpfe.
»Eine
interessante Angelegenheit. Ihr kennt doch Tibet, oder?«
Adams Zuhörer
nickten unsicher. Ihre Phantasie zeigte ihnen halb vertraute Bilder: Jaks, den
Mount Everest, Leute, die ständig mit irgendwelchen Dingen klimperten, alte
Männer auf Berggipfeln, jüngere Männer, die in uralten Tempeln Kung Fu lernten.
Und natürlich Schnee.
» Nun, erinnert ihr euch an die vielen Lehrer, die Atlantis
verließen?«
Wieder nickte
das Publikum.
» Nun, einige von ihnen reisten nach Tibet, und
jetzt beherrschen sie die Welt. Sie heißen ›Geheime Meister‹. Wahrscheinlich
bezieht sich das auf ihre Vergangenheit als Lehrer. Sie haben nicht nur eine
geheime unterirdische Stadt namens Schambaia gebaut, sondern auch viele Tunnel,
die den ganzen Planeten durchziehen – um zu wissen, was vor sich geht. Um alles
zu kontrollieren.« Adam holte tief Luft und fuhr im Tonfall eines klugen
Philosophen fort: »Manche Leute glauben, die Geheimen Meister wohnen unter der
Wüste Gobi, aber die meisten Experten auf diesem Gebiet gehen davon aus, daß
sie in Tibet leben. Ist auch besser fürs Tunnelgraben.«
Aus einem
Reflex heraus blickten die Sie auf den steinigen Boden unter ihren Füßen.
»Wie erfahren
sie, was vor sich geht?« fragte Pepper.
»Sie brauchen
nur zu lauschen«, erwiderte Adam. »Ja, sie hocken in ihren Tunneln und spitzen
die Ohren. Ihr wißt ja, wie gut Lehrer hören. Sie schöpfen sofort Verdacht,
wenn jemand in der hintersten Reihe leise flüstert.«
»Meine Oma benutzte
einen Trichter, den sie an die Wand hielt«, warf Brian ein. »Sie war immer
empört, daß man aus der Wohnung nebenan alles so deutlich hören konnte.«
»Und die Tunnel
erreichen jeden Ort?«
Pepper betrachtete noch immer den Boden.
»Sie führen überall hin«,sagte
Adam fest.
»Muß ziemlich
anstrengend gewesen sein«, murmelte Pepper nachdenklich. »Als wir versucht
haben, einen Tunnel zu graben … Wir haben den ganzen Nachmittag daran
gearbeitet, trotzdem hatten wir da drin kaum Platz für uns alle.«
»Die Tibetaner
hatten viele Millionen Jahre Zeit, um ihr Tunnelsystem zu erschaffen. Man kann
wirklich gute Tunnel anlegen, wenn man viele Millionen Jahre Zeit hat.«
» Ich dachte, die Chinesen hätten Tibet erobert,
und der Dalai-Lama mußte nach Indien fliehen«, wandte Wensleydale ein, aber es
klang nicht sehr überzeugt. Jeden Abend las Wensleydale die Zeitung seines
Vaters, doch die prosaische Alltäglichkeit der Welt verlor sofort ihren Reiz,
wenn Adam mit seinen Erklärungen begann.
»Ich wette, sie
sind jetzt da unten«, sagte Adam und überhörte die letzte Bemerkung
Wensleydales. »Bestimmt sitzen inzwischen Dutzende von ihnen in ihren Tunneln
und hören zu.«
Die Sie sahen
sich an.
»Wenn wir
schnell genug graben …«, begann Brian. Pepper war nicht so langsam von
Begriff und stöhnte.
»Warum mußt du
das bloß sagen?« klagte Adam. »Jetzt können wir sie wirklich überraschen, nicht
wahr? Ich dachte gerade: ›Mann, wenn wir schnell genug graben, erwischen wir
sie vielleicht.‹ Und eine Sekunde später hast du sie gewarnt.«
»Ich glaube
nicht, daß die Tibetaner so viele Tunnel gegraben haben«, sagte Wensleydale
trotzig. »Es ergibt keinen Sinn. Tibet ist Hunderte von Kilometern und Meilen entfernt.«
»O ja, o ja«,
erwiderte Adam sarkastisch. »Wahrscheinlich weißt du darüber besser Bescheid
als Madame Blavavatsky, wie?«
»Wenn ich ein Tibetaner wäre«, verkündete Wensleydale betont vernünftig,
»würde ich einen senkrechten Tunnel graben, bis zum hohlen Zentrum der Erde. Dann ginge ich an der
Innenseite entlang, bis zur richtigen Stelle, von der aus man sich bloß nach
oben buddeln muß.«
Die Sie dachten
darüber nach.
»Das leuchtet
mir irgendwie ein«, sagte Pepper.
»Ja, gut.« Adam
stöhnte leise. »Vermutlich gehen die Tibetaner genau auf diese Art und Weise
vor. Ich meine, früher oder später sind sie
Weitere Kostenlose Bücher