Ein Hauch Vanille (German Edition)
zu verschwinden. Fast wäre ich ja erleichtert gewesen,
denn meine Körpertemperatur und die Röte normalisierten sich jetzt langsam
wieder. Trotzdem überwog die Enttäuschung mehr. Fassungslos stand ich wie
angewurzelt auf derselben Stelle und blickte mich um.
„Lilly… ich heiße Lilly, “ hauchte ich resigniert.
Nur
langsam wurde ich wieder Herr meiner Sinne. Ich ging ein paar Schritte, dann drehte
ich mich im Kreis. Wo konnte er denn nur so schnell geblieben sein? Ich schaute
überall nach, hinter jedem Strauch, hinter jedem Busch, hinter jedem Baum, ja
sogar auf den Bäumen. Doch er blieb verschwunden. Dabei hätte ich ihn doch
sehen müssen, so schnell konnte er nicht sein. Einfach Wegzugehen war eine
Sache, aber regelrecht zu flüchten, eine andere. Und das auch noch ohne ein
Wort zu verlieren!? Verletzt trat ich einen Schritt zurück und dabei
versehentlich auf den Steinpilz, den ich kurz bevor Shane erschienen war,
entdeckt hatte. Ich hob meinen Fuß und konnte das Profil meines Gummistiefels
im Pilz erkennen. Nun war er ganz und gar nicht mehr makellos, denn er war
platt wie eine Flunder.
„Der schöne Pilz “, trauerte ich ihm gerade noch nach, als plötzlich vor
mir farbenprächtige, blitzende Lichter zwischen den Bäumen umher wirbelten, die
mich ein wenig an Polarlichter erinnerten. Die Luft flackerte, wie es
normalerweise nur bei enormer Hitze der Fall war. Ein großes sternenförmiges
Gebilde, das wild hin und her sprang, veränderte ständig seine Form. Der
leichte Nebel, der das Gebilde umhüllte, gab jetzt nach und nach die Sicht auf
etwas frei, das mir völlig fremd erschien. Es sah wie ein Eingang aus, aber alles
war verschwommen, als würde man durch Wasser sehen. Erst schrak ich ein Stück
zurück, dann warf ich vorsichtig einen neugierigen Blick hinein. Ich ging noch
zwei Schritte näher heran, um besser sehen zu können.
Eine riesige Blumenwiese, mit einem für Gras viel zu sattem Grün und eine
Farbenpracht in Flora und Fauna eröffnete sich vor mir, dass es mir den Atem nahm.
Blumen, Pflanzen und Pilze, in den verschiedensten Variationen und Formen, wie
ich sie noch nie in meinem Leben gesehen hatte, fesselten meinen Blick, während
der Himmel ein kaleidoskopisches Farbenspiel veranstaltete. Was ist das? fuhr
es mir fasziniert durch den Kopf. Ungläubig schaute ich in diese faszinierende
Welt und trat vorsichtshalber lieber einen Schritt zurück.
Ich hatte nicht den Mut auch nur einen Fuß in diese, mir unbekannte Welt zu
setzen. Meine Neugier war zwar groß, aber bei Weitem nicht so groß, wie meine
Vernunft, oder meine Vorsicht. Wer weiß was mich dort erwarten würde, vielleicht
waren die Farben nur ein Lockmittel?!
Ich beschloss kehrt zu machen und wieder nach Hause zu gehen. Robert musste es
erfahren und ich würde seine Meinung einholen.
Als ich gerade meinen Blick abwenden wollte, sah ich für einen kurzen
Augenblick Jemanden um die Ecke biegen. Es war Shane. Seine schmale Erscheinung
konnte ich zwar nur von hinten sehen, aber ich würde ihn überall wieder
erkennen, dessen war ich mir absolut sicher. Wer ist er? Meine Ungeduld trieb
mich fast in den Wahnsinn.Mein Herz raste vor Aufregung.
So schnell ich konnte, rannte ich nach Hause. Die Äste flogen rechts und links
nur so an mir vorbei, einige streiften mein Gesicht, doch ich fühlte keinen
Schmerz. Ich lief und lief ohne Unterlass, es strengte mich nicht einmal an.
Ich flog förmlich die Treppe hinauf in Roberts Zimmer, der mit dem Telefon in
der Hand am Fenster stand und sogleich abwinkte. Wovon ich mich aber keineswegs
beirren ließ.
Robert, Robert…!“ keuchte ich völlig außer Atem, sodass ich kein weiteres Wort
heraus bekam. Ich schnappte nach Luft, während Robert sein Gespräch beendete. Erschöpft
stützte ich die Hände auf meine Knie und atmete tief durch. Robert eilte mir
zu Hilfe und führte mich zu seinem Schreibtischstuhl.
„Was ist denn passiert, ist alles ok mit dir?“ fragte er mit besorgter Miene.
„Nun setz dich erst mal Lilly und beruhige dich, was ist denn überhaupt los?“
Ich redete so schnell, dass Robert kein Wort verstehen konnte. Ungeduldig fiel
er mir ins Wort und fasste mich energisch an den Armen. Seine Stimme klang
jetzt etwas verärgert.
„Schalt doch mal einen Gang runter!“ schrie er.
Ich versuchte
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