Ein Hauch Vanille (German Edition)
liebkosen.
„Endlich
haben wir dich wieder!“ sagte Robert und nahm Michis Gesicht zwischen seine
Hände, dann wiegten sie sich Wange an Wange.
„Er ist seine eigene Waffe“, stellte ich glücklich fest. Robert nickte, doch
Shane war nicht fähig etwas zu sagen. Sein Gehör musste sehr viel empfindlicher
als unseres sein, wenn er so extrem auf das Geschrei reagierte. Denn es lähmte
ihn augenblicklich. Was Michi nicht verborgen blieb, denn er freute sich wie
ein Schneekönig, eine gewisse Macht über andere zu besitzen. Weshalb er jetzt
auch ein Spiel daraus machte. In immer kürzer werdenden Abständen holte er tief
Luft um seinen Ur-Schrei hinauszurufen. Jedoch immer erst, wenn sich Shanes
Körper zu entkrampfen drohte. Trotz meiner Ermahnungen still zu sein, lachte
Michi nur, weil er dachte, Shane würde mitspielen. Erst als er vor Schmerz
wimmerte, hörte er auf.
„Can wird sich bald wieder erholen, deswegen müssen wir so schnell es geht ein
neues Portal finden“, sagte Robert.
„Wir bringen Michi jetzt nach Hause. Aber wir rennen erst noch ein Stück, damit
wir von Can weg kommen und suchen dann ein neues Portal. Könnt ihr versuchen,
ihn solange wie möglich aufzuhalten?“ fragte ich Shane, der sich noch immer auf
dem Boden kauernd, die Ohren zuhielt.
„Und wenn er uns nach Hause folgt und Michi einfach wieder mitnimmt?“ fragte
ich Shane, der jetzt den Versuch unternahm aufzustehen. Als Michi das sah,
lachte er und schrie erneut. Diesmal jedoch nur kurz. Trotz meines
Stützversuchs plumpste Shane aus gebückter Haltung wieder zu Boden.
„Das kann er nicht gegen seinen Willen tun, er müsste freiwillig mit ihm
gehen“, stammelte Shane. Das Reden fiel ihm sichtlich schwer, weshalb ich mich
entschloss, ihn nicht weiter zu quälen.
„Wir passen auf, dass sie euch nicht folgen und denkt daran: ihr dürft
niemanden von uns erzählen, sag es auch Robert, es ist wirklich wichtig!“ Seine
Miene war so ernst, dass sie mir fast Angst machte. Dann wurden seine
Gesichtszüge wieder weicher.
„Wir sehen uns doch wieder?“ fragte er, immer noch auf dem Boden liegend.
Insgeheim hatte ich gehofft, dass er diesbezüglich etwas sagen würde und war
überglücklich.
„Ja“, erwiderte ich und glitt im Vorbeigehen seinem Arm entlang.
Als wir gingen, blickte Michi Shane noch einmal an und als er sah, wie er sich
langsam aufrichtete, konnte ich in seinem Gesicht ablesen, was er vor hatte.
Die Mundwinkel nach unten gezogen, wich sein Lächeln jetzt einem hämischen
Grinsen.
„Nicht bei Shane!“ ermahnte ich ihn. „Das ist doch einer von den Guten“. Aber
woher sollte er das unterscheiden können, für ihn ging einfach nur sein Spiel
weiter. Wieder schrillte sein Ur- Schrei in meinen Ohren und Shane fiel erneut
zu Boden.
„Sorry“, rief ich ihm mitleidig zu. Ihn leiden zu sehen, tat mir in der Seele
weh und obwohl ich mich nur ungern von ihm trennte, tröstete mich jetzt der
Gedanke, dass es ihm mit unserem Verschwinden gleich besser gehen würde.
Fara
blieb diese Tortur zum Glück erspart. Ihr Körper hatte sich mit dem ersten
Schrei in eine Ohnmacht geflüchtet. Robert hielt sie in seinen Armen und
drückte ihr zum Abschied noch einen dicken Kuss auf die Wange.
„Robert!“ rügte ich ihn böse, weil er sogar jetzt nichts anbrennen ließ. Wir
machten uns auf den Weg, aber mit Michi auf der Hüfte konnte ich nicht so
schnell rennen und sprang deshalb nur eine kurze Distanz. Michi störte das
überhaupt nicht, für ihn war sowieso alles nur ein Spiel. Bei jedem Sprung
wandte er sich meinem Gesicht zu, während er mich angrinste und mir
entgegenjubelte. Mit den Augen suchten wir bereits den Waldboden nach einem
Portalpilz ab, als wir wegen der fehlenden Zauberpilzeinnahme nun wieder
automatisch durch unser altes Portal hindurch katapultiert wurden. Und zum
ersten Mal war ich glücklich darüber. Erleichtert atmete ich auf. Endlich
wieder zurück! Niemals hätte ich geglaubt, einmal so froh darüber zu sein,
Kaltenbach zu sehen.
An das anstrengende Laufen in unserer Welt mussten wir uns allerdings erst
wieder gewöhnen. Kein Schweben mehr wie von selbst, keine weiten Sprünge, das
funktionierte nur in Shanes Welt, was ich sehr bedauerte. Wir liefen ganz
gemächlich den moosigen Waldboden entlang, während sich meine Beine so
Weitere Kostenlose Bücher