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Ein Hauch von Kirschblüten

Ein Hauch von Kirschblüten

Titel: Ein Hauch von Kirschblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Marcuse
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seinem
Kopf herrschte gähnende Leere. Er musste die Informationen erst sortieren. Tom
war Deutscher, kein englischer Adliger! Und nun kannte er seinen vollständigen
Namen.
    Katjas Arm legte sich um seine
Schultern. „Dann kannst du ihn finden. Es sollte nicht all zu schwierig sein,
mit ihm in Kontakt zu treten.“
    Jan schluckte hart. Er war
momentan nicht in der Lage, sich auszumalen, was diese Information für ihn
bedeutete.
    Ein anderer Gedanke drängte sich
in sein Bewusstsein, zwang sich an die Oberfläche, nahm Form an und brachte
seine Hände erneut zum zittern.
    „Jan“, hörte er Katjas flehende
Stimme. „Sag etwas. Du machst mir Angst.“
    „Lebt er hier in Hamburg?“
    Katja nickte.
    „Dann war er es. Er war wenige
Meter neben mir.“
    „Wann?“
    „Im Darkroom.“ Jan sprang auf.
„Ich muss zurück in den Club.“
    „Warte!“
    „Worauf soll ich warten? Katja,
verstehst du nicht? Er ist dort!“
    „Ich fahre dich. Du bist viel zu
aufgewühlt.“

Es gibt doch Schicksal
     
    Jan war schier am verzweifeln.
Nun wusste er, dass Tom, Thomas, ganz in der Nähe war, und er kam nicht an ihn
heran.
    Natürlich hatte er ihn am
vergangenen Samstag nicht gefunden. Katja hatte ihn vor dem Club abgesetzt. Bis
in die frühen Morgenstunden war er geblieben, hatte vor der Tür gestanden und
jeden beobachtet, der aus dem Gebäude kam. Tom war nicht dabei gewesen.
    Alles, was er sonst herausfand
waren die Adresse und Telefonnummer der Agentur. Thomas Richter war Vizechef
einer Werbeagentur, ein alt eingesessenes Familienunternehmen. Toms Vater hatte
die Firma vor knapp vierzig Jahren gegründet, und die VRC – die Volker-Richter-Company 
– hatte sich in dieser Zeit einen internationalen Namen errungen. Jan fand den
Firmennamen bei Werbekampagnen für Modenschauen, aber auch bei Unternehmen wie
Continental, ThyssenKrupp oder Siemens. VRC bot Fotoshootings und Filmwerbung an.
Seit ein paar Jahren betreuten sie auch Internetauftritte, Homepages, die
Organisation ganzer Events – kurz gesagt, alles, was mit Öffentlichkeitsarbeit
und Präsentation zu tun hatte.
    Über Tom/Thomas fand Jan recht
wenig heraus. Er tauchte aus dem Nichts auf. Über dessen Kindheit und Jugend
war nicht ein Wort verloren worden. Vor fünf Jahren war er dann ins
Familienunternehmen eingestiegen. Aus dieser Zeit fand Jan unendlich viele
Fotos und Berichte über dessen Arbeit. Die Presse riss sich um den unterkühlt
wirkenden, attraktiven Mann. Das konnte Jan durchaus nachempfinden, doch es
brachte ihn auf seiner Suche nach Tom keinen Schritt weiter. Die Sekretärin in
der Agentur stellte ihn natürlich nie zu Tom durch. Er konnte ihr ja schlecht
sagen, dass er ein One-Night-Stand des Vizechefs war und ihn unbedingt
wiederfinden wollte. Er war ein Jan Burg, der ohne Angaben von Gründen den Sohn
vom Chef sprechen wollte. Ein schier aussichtsloses Unterfangen.
    Zu dieser Enttäuschung kam noch
hinzu, dass alle Welt offensichtlich glaubte, Thomas Richter sei heterosexuell.
Unzählige Bilder von ihm mit modellähnlichen Frauen im Arm kursierten im Netz.
Lebte der Mann eine Lüge oder hatte er die Gelegenheit ergriffen, die sich ihm
in Tokio geboten hatte? Aber so geschickt und versiert, wie dieser mit ihm
umgegangen war, konnte Jan sich nicht vorstellen, dass Tom keine Erfahrungen
hatte. Also bi?
    Statt Antworten zu finden,
tauchten immer mehr Fragen auf.
    Schweren Herzens hatte er sich
von den Recherchen losgerissen, um in die Klinik zu fahren. Er hatte
Wochenenddienst – Verkehrsunfälle, Randalierer mit Platzwunden und reichlich
Prellungen, Knochenbrüche aller Art. Es war bereits nach Mitternacht. Nicht
mehr lange und die abgefüllten Jugendlichen würden auftauchen. Kein schöner Anblick.
    Sein Pager schlug an und Jan
machte sich auf den Weg. In der Ferne hörte er das Sirenenheulen eines
Rettungswagens. Wieder ein armes Schwein, das es erwischt hatte, aber dafür war
er ja schließlich hier.
    Vier Stunden später verließ er
den OP. An Tagen wie diesem übermannten ihn Zweifel, den richtigen Beruf
gewählt zu haben. Er verkraftete es nicht gut, Menschen sterben zu sehen. Sein
einziger Trost war, nicht für die Operation verantwortlich gewesen zu sein.
Doktor Kirchstein hatte nicht einen Fehler begangen, und doch war der knapp
Dreißigjährige nicht durchgekommen.
    Wofür das Ganze? Was brachte es,
alles zu geben und doch nichts bewirken zu können? Warum war dieser Mann
gestorben?
    Jan lief ziellos durch die Gänge
des

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