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Ein Hauch von Kirschblüten

Ein Hauch von Kirschblüten

Titel: Ein Hauch von Kirschblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Marcuse
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Krankenhauses. Er brauchte dringend frische Luft. Bittere Galle stieg ihm
die Kehle hoch. Sie hatten alles Erdenkliche unternommen und konnten doch nicht
helfen. Gab es so etwas wie Schicksal? War die Zeit des jungen Mannes
tatsächlich abgelaufen gewesen? Jan wollte daran nicht glauben. Was hatten
seine und die Bemühungen der Kollegen dann noch für einen Sinn?
    Vor ihm öffneten sich die
Schiebetüren und er trat auf eine kleine Terrasse. Über ihm wölbte sich der
Sternenhimmel. Es war eine klare Nacht, und Vollmond. Wenn er in den Crime-Serien
gehört hatte, dass in Vollmondnächten mehr Mörder unterwegs waren, hatte er das
immer für die Rechtfertigung der vielen Leichen im Film gehalten. Jetzt wusste
er, dass in solchen Nächten tatsächlich mehr passierte. Warum war das so? Hatte
der Mond eine spezielle Wirkung auf die Menschen? Wurden sie hemmungsloser,
aggressiver?
    Unter ihm, vor der Klinik, hielt
ein Wagen mit quietschenden Reifen. Der Nächste , dachte Jan und sah auf
den Pager, doch man kontaktierte ihn nicht.
    Seufzend ließ er sich auf den Rand
eines der Blumenkübel fallen und starrte in den Himmel. Er wäre jetzt gern
weit, weit weg. Am liebsten in Japan, in einem dieser wundervollen Gärten.
Diese ästhetische Ruhe genießen, das wäre jetzt schön. Die Sonne würde seinen
Körper aufheizen, Kirschblüten eine bizarre Illusion von warmem Schnee
suggerieren. Und Tom ... Tom wäre auch da, würde ihn anlächeln, die Hand
nach ihm ausstrecken und sie würden bis ans Ende ihrer Tage zusammenbleiben.
    Jan holte tief Luft. Selbst in
seinen Ohren klang der Laut kläglich. Wie viele Tage hatte er noch, oder Tom?
Wie viel Zeit blieb ihnen, Träume zu träumen, zu versuchen, sie zu
verwirklichen oder an ihnen zu scheitern?
    Hinter Jan öffneten sich die
Türen und unter ihm, am Eingang der Klinik, gab es einen Tumult. Er lehnte sich
über die Brüstung und sah, wie Theo, einer der Pfleger, einen Mann nach draußen
beförderte. Der Typ wehrte sich lautstark, lamentierte etwas von einer Kamera
und Pressefreiheit. Viel von dem Gezeter verstand Jan nicht.
    „Diese Schmeißfliegen“, hörte er
neben sich eine dunkle Stimme. Es war Doktor Kirchstein.
    „Habe mir schon gedacht, dass ich
Sie hier treffe. Geht’s wieder?“
    Jan nickte und fühlte sich unter
dem prüfenden Blick des Arztes unzureichend. Peinlich, dass einem nach sechs
Jahren Studium und einem halben Jahr in der Unfallchirurgie plötzlich schlecht
wurde.
    „Manchmal können wir nichts tun.
All unser Wissen und die hochwertigen Geräte reichen einfach nicht aus, jedes
Leben zu retten. Daran werden Sie sich gewöhnen müssen.“
    „Haben Sie sich daran gewöhnt?“
    Kirchstein lächelte. Es sah
freudlos aus. „Sollte es mir eines Tages nichts mehr ausmachen, einen Menschen
in meinem OP zu verlieren, kündige ich, kaufe eine Hütte in den Bergen und
züchte Bergziegen.“
    Jan musste schmunzeln. Das Gebrüll
vor der Klinik wurde lauter. Eine Tür fiel krachend zu und der Motor des Wagens
wurde gestartet. Jan sah nach unten. Ein weißer Van fuhr davon.
    „Was war das für ein Spinner?“
    „Pressefutzis. Irgendein Promi
liegt in unserer heiligen Klinik. Die schleichen schon die ganze Nacht durch
die Gänge.“
    „Ein Promi? Liegt etwa Halle
Barry in einem unserer Betten, und ich weiß nichts davon?“
    Kirchstein lachte und schlug Jan
freundschaftlich auf die Schulter. „Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber
ich habe munkeln gehört, Sie seien schwul? Die Schwestern beklagen sich
darüber.“
    „Deshalb bin ich doch für die
Schönheit der Frauen nicht blind. Nun sagen Sie schon, wer ist der Promi?“
    „Mir sagt der Name nichts, so
prominent kann er nicht sein. Irgendein Richter, Thomas Richter, glaube ich.
Soll ein Unternehmer sein. Hab noch nie von ihm gehört.“
    Jan vergrub die Hände in den
Taschen seines Kittels. Er krallte die Nägel in das Fleisch seiner Handballen,
um das Zittern zu verbergen. Vielleicht sollte der Schmerz auch seinen Magen
davon abhalten, sich seines Inhalts zu entledigen.
    „Was ... was hat er denn?“,
brachte Jan stockend hervor.
    „Soweit ich gehört habe:
Autounfall. Ist Krügers Patient, nicht meiner. Der flickt ihn schon zusammen.
Hoffentlich begeht er keine Kunstfehler, sonst wird er noch verklagt“, scherzte
Kirchstein und wandte sich Richtung Türen. „Ich genehmige mir noch einen
Kaffee. Kommen Sie, Burg! Grübeln bringt Sie nicht weiter. Sie sollten sich
einen Ausgleich für den ganzen

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