Ein Hauch von Kirschblüten
die Liebe, den
Schmerz, für Krankheiten. Hier wirst du Linderung finden. Lass los! Sieh in
dein Herz und finde deinen Weg.“
„Sprechen wir noch über Jan?“ Tom
hatte die Frage flapsig klingen lassen wollen. Eine blöde Idee, denn Katjas
Hand lag noch immer über seinem Herzen. Sie musste das wilde Pochen
unweigerlich spüren.
„Er ist mein Freund, und ich
will, dass meine Freunde glücklich sind.“
Tom hatte das Gefühl, seine Welt
drehte sich im Kreis. Dieses Gefühlschaos war kaum noch zu ertragen. Seit
Stunden wurde er wie ein Spielball zwischen Zorn, Verzweiflung, Liebe,
Dankbarkeit und Unsicherheit hin und her geworfen.
Er nahm Katjas Hand in seine und
küsste ihre Fingerspitzen. „Danke!“
Ein lautes Räuspern ließ ihn
zusammenfahren. Sören stand in der Küchentür und beäugte sie kritisch. Katja
saß mit dem Rücken zur Tür, konnte ihn also nicht sehen, drehte sich aber auch
nicht um.
„Ich habe dich längst gespürt,
Schatz.“
Mit Ruhe goss sie Kaffee in die
bereitstehende Tasse. Ihre Finger zitterten nicht einmal, im Gegensatz zu Toms.
Er wollte aufstehen, doch Katja hielt ihn fest. „Du bleibst sitzen. Ich bin
noch nicht fertig mit dir.“
Sören hatte das für ihn typische
Grinsen wiedergefunden, als er sich an den Tisch setzte. „Moin! Ich würde an
deiner Stelle tun, was sie sagt. Sie wird sonst zur Furie.“
Das war nun etwas, was sich Tom
beim besten Willen nicht vorstellen konnte. Katja reichte Sören den Kaffee und
lächelte. „Spinner!“ In dieser Geste lag so viel Zuneigung, dass Tom
unweigerlich an Jan denken musste und ihn schmerzlich vermisste. Was er wohl
gerade tat?
„Ich sollte wirklich mal nach Jan
sehen. Ich bin schon drei Stunden weg.“
„Das hat er verdient.“
Sören sah fragend in die Runde.
„Wir haben uns gestritten“, sagte
Tom sachlich.
„Kommt vor“, war alles, was von Sören
an Kommentar kam, und Tom war ihm dankbar dafür.
Katjas Blick jedoch brachte das
Unbehagen zurück.
„Was ist?“ Noch während er ihr
diese Frage stellte, überkamen ihn Zweifel, ob er die Antwort überhaupt hören
wollte.
„Du hast Schlafstörungen und oft
Kopfschmerzen.“
Das untrügliche Wissen in ihrer
Stimme verblüffte Tom. „Woher weißt du das?“
„Deine Augen, deine Atmung, die
Farbe deiner Haut. Du musst mehr in die Sonne, vor allem zwischendurch
abschalten. Hast du ein Hobby, das dir Ruhe verschafft?“
Tom schüttelte den Kopf. Er
besuchte zwei Mal die Woche ein Fitnessstudio, aber eher zum Frustabbau, als um
sich zu entspannen.
„Ich würde dir Laufen empfehlen.
Das macht den Kopf frei. Oder Kampfsport, trainiert den Willen und das
Selbstbewusstsein.“
„Na, davon hat er doch wahrlich
genug“, lachte Sören.
Tom wurde immer unruhiger. Katja
schien bis auf den Grund seiner Seele zu schauen. Sie war ihm unheimlich. Denn
in seinem Inneren war er nicht stark. Da war nach wie vor der verängstigte
Junge am Grab der Mutter, an seiner Seite der Vater mit den kalten,
hasserfüllten Gesichtszügen. Unter Katjas Blick fühlte er all seine Ängste auf
einmal – zu versagen, seinem Vater nicht gerecht zu werden, den Job nicht
zu schaffen, nicht anerkannt, nicht geliebt zu werden und allen voran, Jan zu
verlieren, den einzigen Halt, den er momentan noch hatte. Er wusste, eines
Tages würde er unter dem Druck zusammenbrechen.
Etwas von diesen Gefühlen musste
ihm im Gesicht gestanden haben, denn Sören sagte: „Du machst ihm ja Angst, du Kräuterhexe.“
Tom blieb aus Höflichkeit noch
fünf Minuten. Dann ergriff er die Flucht.
Versöhnung
„Du solltest langsam zusehen,
dass du heimkommst. Tom wartet bestimmt schon auf dich.“
„Das glaube ich nicht. Ich hab
ihn sehr verletzt.“
„Umso wichtiger ist es, die Sache
schnell zu bereinigen. Je länger du es hinauszögerst, desto tiefer hat sich der
Frust eingegraben.“
Jan wusste, dass Steffen recht
hatte. Ihm graute davor, Tom gegenüberzutreten, wieder diese Traurigkeit in
dessen Augen zu sehen und diesmal zu wissen, dass er die Schuld daran trug. Wie
hatte er ihm so wehtun können?
Er wusste jetzt, dass schiere
Angst ihn dazu trieb, Tom in ein Schema zu pressen, welches es ihm unmöglich machen
sollte, ihn zu verlassen. Das zumindest hatte er begriffen. Wie er diese Furcht
in den Griff bekam – darauf hatte auch Steffen ihm keine Antwort geben können.
Es half nichts! Er musste gehen
und sich Tom stellen, ihm irgendwie erklären, was in ihm vorging und darauf
hoffen, dass er ihn
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