Ein Hauch von Schmerz: Erotischer Roman (German Edition)
eindringlich musterte.
Was sie dann sagte, war ein eiskalter Guss, der ihn unerwartet traf.
»Wir sind fertig.« Sie zog die Decke fester um sich. »Ich möchte nach Hause.«
Kapitel 19
Auch an diesem Morgen wachte April vor Ray auf. Er musste unruhig geschlafen haben, denn seine Laken waren zerwühlt. Er lag auf dem Bauch, den Kopf von ihr weggedreht. Seine Hände auf dem Kissen zuckten hin und wieder. Sie lächelte, denn sie spürte, wie sehr sie ihn liebte.
Am Abend davor hatte sie ihn absichtlich im Ungewissen gelassen und ihm nicht erklärt, warum sie die Session im entscheidenden Moment abgebrochen hatte. Es war fies von ihr gewesen, das war ihr klar, denn er hatte sicher genau auf diesen speziellen Augenblick hingefiebert, darauf, sie zu nehmen, nach allem, was sie zusammen auf der Yacht erlebt hatten.
Natürlich hatte er versucht, sie umzustimmen, hatte sie geküsst, sie gefragt, was er falsch gemacht hatte. Ob es ihr gut ging? Ob sie es nicht auch wollte – endlich richtig mit ihm schlafen?
Aber sie blieb bei ihrer Weigerung und ließ seine Fragen unbeantwortet. Ob er ihre Gefühle verletzt hatte, wollte er wissen, ob er zu weit gegangen war. Sie versprach ihm, alles am nächsten Tag zu erklären. Damit musste er sich zufriedengeben.
Devin hatte die Yacht gewendet und in den Hafen zurückgebracht, wo April sich herzlich von den anderen verabschiedet hatte und mit dem immer noch sehr unglücklichen Ray zur Villa zurückgefahren war.
Nun sah sie dem Tageslicht zu, wie es langsam den Himmel eroberte, lauschte Rays gleichmäßigen Atemzügen und kleidete ihre tiefgreifende Veränderung in klare Gedanken.
Ohne es zu merken, hatte sie sich in den zwei Jahren als Blains Sklavin in ihrer Persönlichkeit angepasst. Es war für sie selbstverständlich geworden, sich unterzuordnen.
Blains Stimmungen waren mir wichtiger als meine eigenen.
So hatte sie verlernt, ihre eigenen Wünsche zu respektieren. Das hatte sie dann eins zu eins auf Ray übertragen, obwohl sie ihm gegenüber eine freie Frau war.
Und doch habe ich ständig analysiert, wie ich wohl auf ihn wirke, was er von mir erwartet, ob ich diesen Erwartungen gerecht werde, und so fort. Selbst als Carly mir sagte, dass ich lockerer werden sollte, konnte ich mich nicht ändern. Es hätte sich falsch angefühlt.
Sie musste erst wieder lernen, für sich selbst einzustehen und sich dabei okay zu fühlen. Als Psychologin kannte sie dieses Problem gut. Wenn man etwas tat, das sich falsch anfühlte, obwohl man wusste, dass es richtig war, dann befand man sich auf einem guten Weg. Genau das hatte sie einer ihrer Patientinnen gesagt, der vierzigjährigen Karen, die sich in der Familie und im Beruf verausgabte, weil sie sich alles aufbürden ließ. Sie wusste, dass sie sich schützen musste, aber sie konnte nicht Nein sagen. Es hätte sich grässlich angefühlt. Schon beim Gedanken daran quälte Karen die Angst, andere zu enttäuschen. Sie dachte, April würde ihr beibringen, das ungute Gefühl loszulassen, um dann für sich einstehen zu können. Aber April erklärte ihr, dass es umgekehrt ablief. Karen musste das tun, was sich falsch anfühlte, und sich daran gewöhnen. Es war eine Sache der Überwindung, und es würde mit jedem Mal leichter werden. Sie lernte dabei, dem Druck und der emotionalen Erpressung standzuhalten, die die anderen benutzten, um sie wieder zu dem zu machen, was sie jahrelang gewesen war: eine gefügige, leicht auszunutzende Person. Sie musste sich mit dem Gedanken anfreunden, dass die anderen nicht enttäuscht waren, sondern in Wirklichkeit eine Heidenangst hatten, sie nicht mehr manipulieren und ihr darum keine unliebsamen Arbeiten aufhalsen zu können.
Karen hatte ihren therapeutischen Durchbruch, als sie beim Neinsagen zum ersten Mal ein Hochgefühl erlebte und sich bewusst wurde, dass sie ihr Verhaltensrepertoire verdoppelt hatte. Sie konnte Ja oder Nein sagen – und plötzlich schätzten andere ihre Leistungen viel mehr, denn sie waren nicht selbstverständlich.
Aus dem gleichen inneren Widerstand heraus hatte April bisher davor zurückgescheut, Ray zu sagen, was sie von ihm wollte. Lieber hatte sie sich eingeredet, dass sie genug Befriedigung aus dem Lustgewinn zog, den ihr das Zusammensein mit ihm brachte. Sie hatte sich ihre Rolle schöngeredet, hatte Orgasmen sprechen lassen, denn das hatte sich richtig angefühlt.
Dank des aufwühlenden Erlebnisses mit Jo hatte sich ihre Blockade gelöst. Dennoch hatte sich in ihr alles
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