Ein Hauch von Schmerz: Erotischer Roman (German Edition)
Äußerlich wirkte er ruhig. Seine Hände lagen entspannt auf seinen Unterarmen, die über der Stuhllehne gekreuzt waren. Aber seine nackten Zehen zuckten und fungierten als unbewusster Blitzableiter für die Nervosität, die er perfekt zu verbergen meinte.
»Hört zu«, sagte Steve. »Ich weiß, dass wir es mit einer gestellten Situation zu tun haben, und doch möchte ich, dass ihr es als Date betrachtet. Denn genau das ist es. Ein Date bei einem Shooting. Eine ungewöhnliche Art, sich zu begegnen, besonders dann, wenn genau diese Begegnung der Zweck des Shootings ist, aber diese Konstellation ist das Thema des Projekts. Tut also die Dinge, die euch in diesem Moment angemessen erscheinen. Es gibt keine Regeln. Ihr müsst weder posen noch euch verstellen. Aber wenn einem von euch danach zumute ist, sich so in Szene zu setzen, dann nur zu. Ihr könnt sprechen oder schweigen. Ihr könnt Dinge gemeinsam tun oder separat. Ihr könnt euch von Sharon weitere Requisiten bringen lassen. Alles ist möglich. Ihr dürft auf jede Art miteinander sexuell aktiv werden.«
»Würde das nicht viel zu schnell gehen?«, fragte Carly. »Ich meine, wenn wir erst mal an dem Punkt sind, wo wir miteinander schlafen wollen, ist das Thema abgehakt und das Shooting zu Ende.«
»Nein«, sagte Steve. »Dann geht es erst richtig los.«
»Aber …« Carly schluckte gegen ein trockenes Gefühl in ihrer Kehle an. »Heißt das, Sie … du willst uns fotografieren, während wir es tun? Das ist dann keine Aktfotografie mehr, das ist Pornografie. Da mache ich nie und nimmer mit.«
Steve sah sie mit einem so ernsten Blick an, dass sie befürchtete, er würde sie sich über die Schulter werfen, in die Folterkammer tragen und dort bei Wasser und Brot gefesselt gefangen halten, bis sie bereit war, alles zu tun, was er von ihr verlangte. Instinktiv brachte sie sich hinter Jonas in Sicherheit und umklammerte seine Schulter.
»Pornografie!« Steves Stimme war leise, doch er schien ernstlich wütend zu sein. »Dieses Wort will ich niemals im Zusammenhang mit meiner Arbeit hören. Nie! Ist das klar?«
Carly hatte es noch nie leiden können, wenn jemand sie anblaffte, schon gar nicht, wenn derjenige im Unrecht war. Bei Castings musste sie sich das oft genug gefallen lassen, so wie heute in dem schmierigen Theater. Der Regisseur war zu bedeutungslos gewesen, als dass sie ihn irgendwelcher Widerworte für würdig gehalten hätte, aber bei Steve Kendall war das etwas anderes. Ihm musste sie die Stirn bieten. Er würde nicht wissen, dass es sich dabei um eine Art von Respekt handelte, den sie ihm zollte, aber das war ihr im Moment egal.
»Pornografie«, wiederholte sie. »So nenne ich es nun mal, wenn zwei Menschen dabei gefilmt oder fotografiert werden, während sie Sex haben. Wenn dir das nicht passt, dann solltest du lieber Sonnenuntergänge knipsen.« Das war eine dermaßen perfide Beleidigung für den berühmten Fotografen, dass sie vor ihren eigenen Worten erschrak und sie gern zurückgenommen hätte. Sie klammerte sich fester an Jonas.
»Du hattest recht«, bemerkte Steve eisig zu Jonas. »Sie ist tatsächlich widerspenstig, eigensinnig und temperamentvoll. Da sie sowieso gerade nicht gut auf mich zu sprechen ist, könnte ich ihr gleich das zweite Kriterium nennen.« Seine Stimme war schneidend, und Carly bekam zunehmend Angst vor ihm.
»Sollten wir damit nicht besser warten, bis sie gefesselt ist?«, fragte Jonas.
Carly ließ seine Schulter los, als wäre diese plötzlich glühend heiß. »Gefesselt?«, keuchte sie. Ihr Blick fiel auf die Peitsche. Ob Sharon sie absichtlich auf den Billardtisch gelegt hatte? Wurde sie später noch gebraucht? »Niemals!«
Doch keiner beachtete sie. »Wenn wir es ihr gleich sagen, haben wir es hinter uns«, argumentierte Steve mit finsterer Miene. »Dann können wir uns an die Arbeit machen.«
»Hallo, hört mir jemand zu?« Carly fuchtelte mit den Händen in der Luft herum. »Es gibt keine Arbeit mehr, denn ich bin raus aus der Sache. Ich lasse mich nicht beim Sex ablichten, und fesseln lasse ich mich schon gar nicht. Das zweite Kriterium könnt ihr euch …« Sie unterdrückte die Bemerkung, wo die feinen Herren es sich hinstecken konnten.
Sharon machte die Musik aus, stand auf und griff nach Steves Hand. »Wir lassen die beiden besser einen Augenblick allein.«
Er riss sich los. »Misch dich nicht ein.«
»Es ist die einzige Chance, vertrauen Sie mir.« Sie packte Steves Handgelenk nun mit zwei Händen und
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