Ein Hauch von Schmerz: Erotischer Roman (German Edition)
glänzenden schwarzen Wagens, der nicht aussah, als hätte er eine Politur nötig.
»Sir, brauchen Sie mich heute den ganzen Tag?«, fragte er.
»Nein, Sie können mich im Büro absetzen und dann den Vormittag freinehmen. Ich habe erst nach dem Mittagessen einen Außentermin.« Ray gab April einen raschen Abschiedskuss.
April machte sich mit der Bedienung des Minis vertraut, dann fuhr sie los, aufs Geratewohl. Sie kurvte durch die Villengegend, blieb hin und wieder stehen und stieg aus, um eine Aussicht zu genießen, einen Brunnen oder eine Kirche zu bestaunen. Schließlich orientierte sie sich in Richtung Meer, bis sie einen Parkplatz an der Strandpromenade fand. Das Navi verriet ihr, dass es von hier nur wenige Hundert Meter bis zu dem Apartmenthaus waren, in dem Ortiz wohnte. Sie beschloss, hinzugehen, ohne vorher anzurufen. So, wie Ray ihn beschrieben hatte, war Ortiz voller Abwehrstrategien gegen jede Art moralischer Unterstützung. Eine typische Verhaltensweise bei Schuldgefühlen. Wenn sie unangemeldet bei ihm auftauchte, blieb ihm keine Zeit, seine Schutzmechanismen zu aktivieren.
Sie schulterte ihre Handtasche und überlegte sich unterwegs, wie sie Ortiz dazu bringen könnte, sich ihr anzuvertrauen. Wie gut das Gespräch laufen würde, hing schon von den ersten Sätzen ab.
Das Apartmenthaus hatte acht Stockwerke, der Eingangsbereich war videoüberwacht. Sie stellte sich so, dass sie von der Kamera gut zu sehen war, dann drückte sie die Klingel von Ortiz’ Apartment.
»Sì?«, kam es aus dem Lautsprecher.
»Guten Morgen, Mr. Díaz, mein Name ist April Taylor. Ray Falcon schickt mich.«
»Worum geht es?« Die Frage klang unwirsch auf eine Art, die Verunsicherung ausdrückte.
»Um die gesundheitlichen Probleme, die Sie infolge des Einbruchs haben.«
»Was ist damit? Denkt Mr. Falcon etwa, dass ich simuliere? Sollen Sie überprüfen, ob ich wirklich krank bin?«
»Nein, ich möchte Ihnen meine Hilfe anbieten. Ich bin Psychologin.«
Ortiz sagte etwas auf Spanisch, das sich unhöflich anhörte. Am Ende sagte er: »Gehen Sie, lassen Sie mich in Ruhe.«
»Nun gut. Was soll ich Mr. Falcon also ausrichten?« Sie hoffte, ihm damit ein wenig zuzusetzen, damit er sie doch noch hineinließ.
Er reagierte nicht sofort, meinte nach einer Weile jedoch mürrisch: »Also gut, kommen Sie kurz hoch. Dann können Sie gleich das Attest von meinem Arzt mitnehmen, damit Mr. Falcon sieht, dass ich ordnungsgemäß krankgeschrieben bin.«
Das hörte sich nicht nach dem Beginn eines erfolgreichen Therapiegesprächs an. Der Eindruck vertiefte sich, als Ortiz sie mit grimmigem Gesicht an der Wohnungstür empfing. Seine Augen wirkten trüb, die schwarzen Haare ölig, und ein dunkler Bartschatten ließ ihn alles andere als seriös aussehen. April konnte sich aber vorstellen, dass er frisch geduscht und rasiert in einem Hemd mit Krawatte anstelle des fleckigen T-Shirts eine gute Figur machte.
»Tut mir leid, dass ich so hereinplatze«, sagte sie, denn sie verstand, warum er sich über unangemeldeten Besuch nicht freute. Anscheinend war ihre Taktik grundfalsch gewesen. Und zu allem Überfluss spürte sie jetzt auch noch einen Druck auf ihrer Blase.
»Passt mir gerade gar nicht«, sagte er, und eine Alkoholfahne wehte ihr entgegen.
»Danke«, sagte April, als er sie mit einer knappen Armbewegung in die Wohnung bat. Im Wohnzimmer erfasste sie mit einem schnellen Blick die teure Einrichtung und das halb volle Whiskyglas auf dem Couchtisch. Die breite Balkontür stand offen. »Was für eine wundervolle Aussicht Sie haben. Ich bin zum ersten Mal auf Mallorca und jetzt schon verliebt in –«
»Hören Sie, Miss«, unterbrach er sie. »Ich habe keine Lust auf Smalltalk. Warum hat Mr. Falcon Sie geschickt?«
Sie drehte sich zu ihm um. »Ich habe in London eine Praxis, in der ich überwiegend Fälle von Burn-out behandle, darum könnte ich Ihnen vielleicht helfen.«
»So ein Unsinn. Ich brauche Ruhe, sonst nichts.« Er ging zu einem Sekretär, nahm einen Briefumschlag und drückte ihn April in die Hand. »Meine Krankschreibung. Nächste Woche arbeite ich wieder. Sagen Sie Mr. Falcon, dass er aufhören kann, sich unnötige Sorgen zu machen.«
April hatte das Gefühl, jeder Versuch von ihr, Ortiz zu helfen, würde alles nur schlimmer machen. Also nickte sie. »In Ordnung, ich richte es ihm aus. Kann ich noch kurz Ihre Toilette benutzen, bevor ich gehe?«
»Ist gleich neben der Eingangstür.« Ortiz setzte sich auf die Couch und
Weitere Kostenlose Bücher