Ein Hauch von Schnee und Asche
über die meine, und in seinem Lächeln lag ebenso viel Schmerz wie Glück.
»Du und ich, wir sind beide von genug Geistern umgeben, Sassenach. Wenn uns die Schrecknisse der Vergangenheit nicht lähmen können – dann sollen es die Ängste vor der Zukunft schon gar nicht tun. Wir müssen die Dinge nur hinter uns lassen und unser Leben weiterleben. Aye?«
Ich legte ihm leicht die Hand auf die Brust, nicht einladend, sondern nur, weil ich ihn spüren wollte. Seine Haut war kühl, weil er geschwitzt hatte, er hatte mitgeholfen, das Grab auszuheben; die Hitze seiner Anstrengung glühte darunter in seinen Muskeln.
»Du bist einer von meinen Geistern gewesen«, sagte ich. »Lange Zeit. Und ich habe lange versucht, dich hinter mir zu lassen.«
»Hast du das?« Er legte mir seinerseits die Hand auf den Rücken und bewegte sie unbewusst. Ich kannte diese Berührung – das Bedürfnis, den anderen zu berühren, nur um sich zu vergewissern, dass er wirklich und leibhaftig da war.
»Ich dachte, ich könnte nicht weiterleben, wenn ich zurückdachte – konnte es nicht ertragen.« Die Erinnerung schnürte mir die Kehle zu.
»Ich weiß«, sagte er leise, und seine Hand hob sich, um mein Haar zu berühren. »Aber du hattest das Kind – und einen Mann. Es war unrecht, ihnen den Rücken zuzukehren.«
»Es war unrecht, dir den Rücken zuzukehren.« Ich kniff die Augen zu, doch die Tränen quollen mir aus den Augenwinkeln. Er zog meinen Kopf an sich, streckte die Zunge heraus und leckte mir zart über das Gesicht, was mich so überraschte, dass ich inmitten eines Schluchzers auflachte und mich beinahe verschluckte.
»Ich liebe dich, so wie das Fleisch das Salz liebt«, zitierte er und lachte ebenfalls ganz leise. »Weine nicht, Sassenach. Du bist hier und ich ebenso. Sonst gibt es nichts, was zählt.«
Ich lehnte meine Stirn an seine Wange und schlang die Arme um ihn. Meine Hände ruhten flach auf seinem Rücken, und ich streichelte ihn von den Schulterblättern bis zur Mulde in seinem Kreuz, sacht, sehr sacht zeichnete ich ihn als Ganzes nach, nicht aber die Narben, die sich in seine Haut frästen.
Er drückte mich an sich und seufzte tief.
»Weißt du, dass wir diesmal schon fast doppelt so lange verheiratet sind wie das letzte Mal?«
Ich wich zurück und sah ihn mit argwöhnisch gerunzelter Stirn an, ging aber auf den Themenwechsel ein.
»Waren wir dazwischen denn nicht verheiratet?«
Das überraschte ihn; er runzelte ebenfalls die Stirn und fuhr sich nachdenklich mit dem Finger über den sonnenverbrannten Nasenrücken.
»Nun, das ist eine gute Frage für einen Pastor«, sagte er. »Ich würde sagen, ja – aber wenn das stimmt, sind wir dann nicht beide Bigamisten?«
»Waren, nicht sind«, verbesserte ich, und mir wurde leicht beklommen zumute. »Aber in Wirklichkeit waren wir es nicht. Vater Anselm hat das gesagt.«
»Anselm?«
»Vater Anselm – ein franziskanischer Pastor in der Abtei Ste. Anne. Aber womöglich erinnerst du dich nicht an ihn; du warst schließlich sehr krank.«
»Oh, ich erinnere mich«, sagte er. »Er ist oft nachts zu mir gekommen und hat bei mir gesessen, wenn ich nicht schlafen konnte.« Er lächelte ein wenig schief; diese Zeit gehörte nicht zu den Dingen, an die er denken wollte. »Er hatte dich sehr gern, Sassenach.«
»Oh? Und was ist mit dir?«, fragte ich, um ihn von der Erinnerung an Ste. Anne abzulenken. »Hattest du mich nicht gern?«
»Oh, doch, natürlich«, versicherte er mir. »Aber ich glaube, jetzt mag ich dich sogar noch mehr.«
»Ach wirklich.« Ich plusterte mich auf und setzte mich gerader hin. »Was ist denn anders?«
Er legte den Kopf schräg und verengte die Augen zu einem abschätzenden Blick.
»Nun, du furzt nicht mehr so viel im Schlaf«, begann er nüchtern, dann duckte er sich lachend, als ein Kiefernzapfen an seinem linken Ohr vorbeischoss. Ich ergriff ein Stück Holz, doch bevor ich es ihm über den Schädel ziehen konnte, packte er mich an den Armen. Er drückte mich flach ins Gras und ließ sich auf mich fallen, so dass er mich mühelos am Boden festhielt.
»Lass mich los, du Trottel! Ich furze nicht im Schlaf!«
»Und woher willst du das wissen, Sassenach? Du schläfst doch so fest, dass du nicht einmal von deinem eigenen Geschnarche wach wirst.«
»Oh, du willst mir etwas von Schnarchen erzählen, wie? Du -«
»Du bist stolz wie Luzifer«, unterbrach er mich. Er lächelte nach wie vor, doch in seinen Worten lag mehr Ernst. »Und du bist tapfer.
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