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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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meldete sich Jemmy hilfsbereit zu Wort. Ein langer, melassebrauner Speichelfaden triefte aus seinem Mundwinkel auf die Brust seines Hemdchens. Bei diesem Anblick ging seine Mutter wie eine Tigerin auf Mrs. Bug los.
    »Jetzt seht nur, was Ihr angerichtet habt, Ihr geschwätzige alte Vorwitznase! Das war sein letztes sauberes Hemdchen! Und wie könnt Ihr es wagen, mit allen hier über unser Privatleben zu reden, was in aller Welt geht Euch das überhaupt an, Ihr verflixtes alter Läster-«
    Da er die Vergeblichkeit seiner Einwände einsah, legte Roger von hinten die Arme um sie, hob sie vom Boden auf und trug sie zur Hintertür hinaus. Sie entfernten sich unter unverständlichen Protestlauten von Briannas Seite und Rogers schmerzhaftem Aufstöhnen, da sie ihn wiederholt vor die Schienbeine trat, und zwar mit beträchtlicher Wucht und Zielsicherheit.
    Ich ging zur Tür und schloss sie vorsichtig, so dass die weiteren Streitgeräusche auf dem Hof verstummten.
    »Das hat sie von dir , weißt du«, sagte ich tadelnd und setzte mich Jamie gegenüber hin. »Mrs. Bug, das riecht wundervoll. Lasst uns wirklich essen!«
    Mrs. Bug tischte das Frikassee in beleidigtes Schweigen gehüllt auf, lehnte es jedoch ab, sich zu uns zu setzen. Stattdessen legte sie ihren Umhang um und stampfte zur Haustür hinaus, so dass uns das Aufräumen überlassen blieb. Ein exzellenter Tauschhandel, wenn man mich fragte.
    Wir aßen in seliger Stille, die nur vom Klappern der Löffel auf dem Zinn und gelegentlichen Fragen unterbrochen wurde, weil Jemmy wissen wollte, warum Melasse so klebte, wie die Milch in die Kuh kam und wann er seinen kleinen Bruder bekommen würde.
    »Was sage ich nur zu Mrs. Bug?«, fragte ich in einer kurzen Pause zwischen seinen Fragen.
    »Warum solltest du etwas sagen, Sassenach? Du warst doch nicht diejenige, die sie beschimpft hat.«
    »Nun ja, nein. Aber ich möchte wetten, dass Brianna nicht vorhat, sich zu entschuldigen -«
    »Warum sollte sie auch?« Er zuckte mit den Achseln. »Sie ist schließlich provoziert worden. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Mrs. Bug in ihrem langen Leben noch nie als geschwätzige Vorwitznase bezeichnet worden
ist. Sie wird sich austoben, Arch alles erzählen, und morgen ist alles wieder gut.«
    »Nun«, sagte ich unsicher. »Vielleicht. Aber Brianna und Roger -«
    Er lächelte mich an, und seine dunkelblauen Augen kräuselten sich zu Dreiecken.
    »Du darfst nicht ständig glauben, dass jede Katastrophe deine Sorge sein muss, mo chridhe «, sagte er. Er streckte die Hand aus und tätschelte die meine. »Das müssen Roger Mac und die Kleine unter sich ausmachen – und der Junge schien die Dinge doch fest im Griff zu haben.«
    Er lachte, und ich fiel widerstrebend ein.
    »Nun, es wird meine Sorge sein, wenn sie ihm das Bein gebrochen hat«, merkte ich an und stand auf, um Sahne für den Kaffee zu holen. »Dann kommt er mit Sicherheit angekrochen, damit ich es heile.«
    Just in diesem Moment ertönte ein Klopfen an der Hintertür. Während ich mich noch wunderte, wieso Roger anklopfte, öffnete ich sie und blickte erstaunt in das bleiche Gesicht von Thomas Christie.
     
    Er war nicht nur bleich, sondern zudem in Schweiß gebadet und hatte ein blutbeflecktes Tuch um seine Hand gewickelt.
    »Ich möchte Euch nicht ungelegen kommen, Mistress«, sagte er und hielt sich kerzengerade aufrecht. »Ich werde einfach… warten, bis Ihr Zeit habt.«
    »Unsinn«, sagte ich denkbar kurz angebunden. »Kommt mit ins Sprechzimmer, solange wir noch Licht haben.«
    Ich achtete darauf, Jamie nicht direkt anzusehen, warf aber einen Blick auf ihn, als ich mich bückte, um die Bank an ihren Platz zu schieben. Er hatte sich vorgebeugt, um meinen Kaffee mit einer Untertasse zuzudecken, und sein Blick hing mit einem Ausdruck spekulativer Nachdenklichkeit an Christie, wie ich ihn zuletzt bei einem Rotluchs gesehen hatte, der einen Entenschwarm am Himmel beobachtete. Nicht drängend, aber definitiv aufmerksam.
    Christie hatte verständlicherweise keinerlei Aufmerksamkeit für irgendetwas außer seiner verletzten Hand übrig. Die Fenster meines Sprechzimmers waren nach Osten und Süden ausgerichtet, um das Morgenlicht zu nutzen, doch auch kurz vor Sonnenuntergang hing ein sanftes Leuchten im Zimmer – das die untergehende Sonne von den schimmernden Blättern des Kastanienhains zurückwarf. Hier drinnen war alles mit einem goldenen Licht überzogen, außer Tom Christies Gesicht, das merklich grün angelaufen

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