Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Körper einfach nicht mehr kann. Er klammert sich an den Schlaf, ganz gleich, welche Bedrohung in der Zukunft liegt. Ich hatte es schon öfter beobachtet: die Jakobitensoldaten, die dort, wo sie standen, in den Gräben einschliefen, die britischen Piloten, die in ihren Flugzeugen schliefen, während die Mechaniker sie auftankten, und dann rechtzeitig zum Start in voller Alarmbereitschaft hochfuhren. Und auch Frauen, deren Geburten sich lange hinziehen, schlafen oft zwischen den Wehen.
    Genauso schlief ich auch.
    Doch diese Art von Schlaf ist weder tief noch friedvoll. Ich tauchte daraus auf, weil eine Hand auf meinem Mund lag.
    Der vierte Mann war weder unfähig noch brutal. Er war untersetzt, und er hatte seine verstorbene Frau geliebt. Das wusste ich, weil er in mein Haar weinte und mich am Ende mit ihrem Namen anrief. Er war Martha.
     
    Einige Zeit später erwachte ich erneut. Augenblicklich, hellwach, donnernden Herzens. Doch es war nicht mein Herz. Es war eine Trommel.
    Aus der Richtung des Feuers kamen erschrockene Laute, Männer fuhren alarmiert aus dem Schlaf auf.
    »Indianer!«, rief jemand, und das Licht erlosch zu einem Glühen, als jemand auf das Feuer trat, um seine Reste zu verstreuen.
    Es war keine Indianertrommel. Ich setzte mich auf und lauschte angestrengt. Es war eine Trommel mit einem Klang wie Herzschlag, langsam und rhythmisch, dann schnell wie ein Aufwerfhammer, wie der panische Galopp eines gejagten Tiers.
    Ich hätte ihnen sagen können, dass nicht Indianer ihre Trommeln als Waffen benutzten; Kelten taten es. Es war der Klang eines Bodhrans.
    Und was kommt als Nächstes? , dachte ich am Rand der Hysterie, Dudelsäcke ?

    Es war Roger, mit Sicherheit; nur er konnte eine Trommel so zum Sprechen bringen. Es war Roger, und Jamie war in der Nähe. Ich rappelte mich zum Stehen auf, wollte, musste mich unbedingt bewegen . Ich zerrte in ungeduldiger Raserei an dem Seil um meine Taille, doch es saß fest.
    Eine zweite Trommel hub an, weniger kunstvoll, aber genauso bedrohlich. Der Klang schien sich zu bewegen – er bewegte sich tatsächlich. Wurde leiser, kehrte mit voller Wucht zurück. Eine dritte Trommel begann, und jetzt schienen die Schläge überallher zu kommen, schnell, langsam, spottend.
    Jemand feuerte in Panik einen Schuss in den Wald.
    »Aufhören!«, erklang Hodgepiles Stimme, laut und wütend, aber vergeblich; Gewehrschüsse ertönten wie platzendes Popcorn, doch im Klang der Trommeln gingen sie fast unter. Ich hörte es dicht neben meinem Kopf klatschen, und eine Hand voll Nadeln rieselte an mir vorbei. Mir dämmerte, dass es eine gefährliche Strategie war, aufrecht dazustehen, während ringsum blind drauflos geschossen wurde. Ich ließ mich blitzartig fallen und grub mich in der Nadelschicht ein, während ich versuchte, den Baumstamm zwischen mich und die Männer zu bekommen.
    Die Trommeln wanderten, einmal näher, einmal weiter entfernt; ihr Klang ging selbst dem an die Nieren, der wusste, was es war. Sie umkreisten das Lager, zumindest schien es so. Sollte ich rufen?
    Ich wurde aus der Qual der Entschlusslosigkeit gerettet; die Männer am Lagerfeuer machten solchen Lärm, dass mich niemand gehört hätte, selbst wenn ich mich heiser geschrien hätte. Sie riefen Warnungen, brüllten Fragen, bellten Befehle – die der weiterhin hörbaren Verwirrung nach anscheinend keine Beachtung fanden.
    Jemand krachte auf der Flucht vor den Trommeln dicht in meiner Nähe durch das Unterholz. Einer, noch zwei – das Geräusch keuchender Atemzüge und knirschender Schritte. Donner? Der Gedanke kam mir ganz plötzlich, und ich setzte mich auf, ließ mich aber wieder fallen, als erneut ein Schuss über meinen Kopf pfiff.
    Das Trommeln verstummte abrupt. Am Feuer herrschte Chaos, obwohl ich hören konnte, wie Hodgepile versuchte, seine Männer zur Ordnung zu rufen. Er brüllte und drohte; seine näselnde Stimme übertönte den Rest. Dann setzten die Trommeln wieder ein – viel näher.
    Sie kamen, kamen näher, irgendwo im Wald, links von mir, und das spottende Tip-Tap-Tip-Tap der Schläge hatte sich verändert. Es donnerte jetzt. Keine Kunst, nur Drohung. Näher und näher.
    Wilde Gewehrschüsse, so dicht bei mir, dass ich das Mündungsfeuer sehen und den Rauch riechen konnte, der dicht und heiß in der Luft hing. Die Glut des Feuers war verstreut worden, brannte jedoch noch und glomm gedämpft zwischen den Bäumen hindurch.
    »Da sind sie! Ich sehe sie!«, rief jemand am Feuer, und es folgte eine

Weitere Kostenlose Bücher