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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Fläschchen. Jamie hatte einen Docht angezündet und war mir gefolgt.
    »Was in Gottes Namen tust du da, Sassenach?«
    »Penizillin«, sagte ich und ergriff eines der Fläschchen und den Lederbeutel, in dem ich meine Spritzen aufbewahrte.
    »Jetzt?«
    »Ja, jetzt, zum Kuckuck! Zünde die Kerze an, ja?«
    Er tat es, und das flackernde Licht wuchs zu einer Kugel aus warmem Gelb heran, die sich in den Lederschläuchen meiner selbstgemachten Spritzen widerspiegelte. Zum Glück hatte ich eine ordentliche Dosis Penizillinmixtur zur Hand. Die Flüssigkeit in der Flasche war rosa; viele der Penicillium -Kulturen dieser Charge waren in schalem Wein gewachsen.
    »Bist du sicher, dass es funktioniert?«, fragte Jamie leise aus dem Schatten.
    »Nein«, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen. »Aber es ist alles, was ich habe.« Der Gedanke, dass sich mit jeder Sekunde die Spirochäten lautlos in meinen Blutbahnen vermehrten, ließ meine Hand zittern. Ich schluckte meine Angst, dass das Penizillin nicht in Ordnung sein könnte, herunter. Es hatte schon bei einigen bösen Oberflächeninfektionen Wunder gewirkt. Es gab keinen Grund, warum …
    »Lass mich das machen, Sassenach.« Jamie nahm mir die Spritze aus der Hand; meine Finger waren schlüpfrig und ungeschickt. Die seinen waren vollkommen ruhig, sein Gesicht im Kerzenschein voller Konzentration, als er die Spritze füllte.
    »Dann tu’s zuerst bei mir«, sagte er und reichte sie mir zurück.
    »Was – du? Aber du brauchst doch gar kein – ich meine – du hasst Injektionen«, schloss ich schwach.
    Er prustete und sah mich mit gesenkten Augenbrauen an.
    »Hör zu, Sassenach. Wenn ich vorhabe, meine Ängste zu bekämpfen, und deine – und das habe ich vor -, dann werde ich nicht wegen eines Pieksers weiche Knie bekommen, aye? Tu’s!« Er drehte mir die Seite zu, beugte sich
vor, stützte sich mit einem Ellbogen auf die Arbeitsplatte und hob seinen Kilt, um seine muskulöse Pobacke zu entblößen.
    Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Ich hätte vielleicht noch weiter mit ihm diskutiert, doch ich warf einen Blick auf ihn, wie er mit nacktem Hintern stur wie der Black Mountain dastand, und war von der Vergeblichkeit eines solchen Versuchs überzeugt. Sein Entschluss stand fest, und wir würden beide mit den Konsequenzen leben.
    Mit einem plötzlichen, merkwürdigen Gefühl der Ruhe hob ich die Spritze und drückte sie, um eventuelle Luftblasen zu entfernen.
    »Dann stell dich auf dein anderes Bein«, sagte ich und stieß ihn unsanft an. »Entspanne diese Seite; ich will nicht, dass mir die Spritze abbricht.«
    Er holte zischend Luft; die Nadel war dick, und es war noch genug Restalkohol des Weins übrig, dass es gemein brannte, wie ich feststellte, als ich eine Minute später meine eigene Spritze bekam.
    »Autsch! Au! Oh, Himmelherrgott noch einmal!«, rief ich aus und biss die Zähne zusammen, als ich mir die Spritze aus dem Oberschenkel zog. »Himmel, tut das weh!«
    Jamie, der sich noch den Hintern rieb, lächelte mich schief an.
    »Aye, gut. Der Rest wird auch nicht schlimmer sein als das hier, nehme ich an.«
    Der Rest. Ich fühlte mich plötzlich hohl, und mir war schwindelig, als hätte ich eine Woche nichts gegessen.
    »Bist du – bist du sicher?«, fragte ich und legte die Spritze hin.
    »Nein«, sagte er. »Das bin ich nicht.« Dann holte er tief Luft und sah mich an, sein Gesicht unsicher im flackernden Kerzenlicht. »Aber ich habe fest vor, es zu versuchen. Ich muss.«
    Ich strich mir das Leinenhemd über meinen zerstochenen Oberschenkel und sah ihn dabei an. Er hatte all seine Masken längst fallen gelassen; Zweifel, Wut und Angst, alles war da, deutlich in die verzweifelten Linien seines Gesichts graviert. Ausnahmsweise, so dachte ich, war meine eigene Miene weniger einfach zu lesen, da die Verletzungen mir als Maske dienten.
    Etwas Weiches strich mit einem leisen Zirpen an meinem Bein vorbei, und als ich hinunterblickte, sah ich, dass mir Adso eine tote Wühlmaus gebracht hatte, zweifellos als Ausdruck seiner Anteilnahme. Ich begann zu lächeln, fühlte meine Lippe prickeln, dann blickte ich zu Jamie auf, ließ sie aufreißen und schmeckte Blut wie warmes Silber auf meiner Zunge.
    »Nun ja … du bist bis jetzt immer gekommen, wenn ich dich gebraucht habe; ich glaube nicht, dass es diesmal anders ist.«
    Im ersten Moment war seine Miene absolut verständnislos, weil er meinen lahmen Witz nicht verstand. Dann begriff er, und das Blut schoss

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