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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Geräusch, mit dem sich Arvin Hodgepiles Wirbel voneinander trennten.
    Jamie riss erschrocken den Kopf hoch, und ich begriff, dass ich hinter dem Stuhl stand, der mich jetzt von Jamie trennte, und das erneut hochgezogene zusammengeballte Handtuch vor meinen Mund gepresst hatte. Meine Ellbogen bewegten sich wie rostige Scharniere, steif und langsam, doch es gelang mir, das Handtuch wieder sinken zu lassen. Meine Lippen waren fast genauso steif, doch ich sprach.
    »Ich bin ein wenig verstört, ja«, sagte ich sehr deutlich. »Das wird schon wieder. Mach dir keine Sorgen. Ich will nicht, dass du dir Sorgen machst.«
    Die sorgenvolle Gründlichkeit in seinem Blick geriet plötzlich ins Schlingern wie das Glas einer von einem Stein getroffenen Fensterscheibe in dem Bruchteil einer Sekunde vor dem Zerspringen, und er schloss die Augen. Er schluckte und öffnete sie wieder.
    »Claire«, sagte er ganz leise, und die Splitter und Bruchstücke waren deutlich in seinen Augen zu sehen, scharf und kantig. »Ich bin vergewaltigt worden. Und du sagst, ich soll mir keine Sorgen um dich machen?«
    »Oh, gottverdammt!« Ich schleuderte das Handtuch zu Boden und wünschte mir sofort, ich hätte es zurück. In meinem Hemd hatte ich das Gefühl, nackt dazustehen, und ich verabscheute die plötzliche Leidenschaft, die meine Haut erschauern ließ, so sehr, dass ich mir zu gern auf den Oberschenkel geschlagen hätte, um sie abzustellen.
    »Verdammt, verdammt! Ich will nicht, dass du wieder daran denken musst. Ich will es nicht!« Und doch hatte ich von Anfang an gewusst, dass es so geschehen würde.
    Ich packte mit beiden Händen die Stuhllehne, hielt sie fest und versuchte, ihn mit meinem Blick zu beschwören, denn ich hätte mich so gern über diese glitzernden Scherben geworfen, ihn davor beschützt.

    »Hör mir zu«, sagte ich, um eine feste Stimme bemüht. »Ich will nicht – ich will dich nicht dazu bringen, dass du an Dinge denkst, die besser vergessen bleiben.«
    Bei diesen Worten zuckte doch tatsächlich sein Mundwinkel.
    »Gott«, sagte er und klang beinahe verwundert. »Du glaubst, ich hätte irgendetwas davon vergessen?«
    »Vielleicht nicht«, sagte ich und gab auf. Ich sah ihn an, und mein Blick verschwamm. »Aber – oh, Jamie, ich habe mir so gewünscht, du würdest es vergessen!«
    Er streckte ganz vorsichtig die Hand nach der Stuhllehne aus und berührte meine Zeigefingerspitze mit der seinen.
    »Denk nicht darüber nach«, sagte er leise und zog den Finger zurück. »Es spielt jetzt keine Rolle. Möchtest du schlafen, Sassenach? Oder etwas essen?«
    »Nein. Ich möchte nicht… nein.« Eigentlich konnte ich mich nicht entscheiden, was ich wollte. Ich wollte überhaupt nichts tun. Außer meine Haut aufzureißen, hinauszusteigen und davonzulaufen – und das schien mir nicht machbar zu sein. Ich holte ein paar Mal tief Luft in der Hoffnung, mich zu beruhigen und wieder zu diesem netten Zustand völliger Erschöpfung zurückzufinden.
    Sollte ich ihn nach Donner fragen? Doch was gab es da zu fragen? »Habt ihr zufällig einen Mann mit langen Locken umgebracht?« Ein Stück weit sahen sie doch alle so aus. Donner war Indianer gewesen – war es möglicherweise immer noch -, doch das würde in der Dunkelheit und in der Hitze des Gefechts niemandem aufgefallen sein.
    »Wie – wie geht es Roger?«, fragte ich, weil mir nichts Besseres einfiel. »Und Ian? Fergus?«
    Er sah ein wenig erschrocken aus, als hätte er ihre Existenz vergessen.
    »Sie? Oh, den Jungs geht es gut. Es ist niemand im Kampf verletzt worden. Wir haben Glück gehabt.«
    Er zögerte, dann trat er vorsichtig einen Schritt auf mich zu und beobachtete dabei mein Gesicht. Ich schrie nicht, noch flüchtete ich, und er kam noch einen Schritt näher, bis er so dicht bei mir stand, dass ich die Wärme seines Körpers spüren konnte. Diesmal erschrak ich nicht, und da mir in meinem feuchten Hemd kalt war, entspannte ich mich ein wenig, lehnte mich ihm entgegen und sah, wie sich als Reaktion auch seine Schultern etwas entspannten.
    Er berührte ganz sanft mein Gesicht. Das Blut pulste dicht unter der empfindlichen Oberfläche, und ich musste mich zwingen, nicht vor seiner Berührung zurückzuzucken. Er sah es und zog seine Hand ein Stückchen fort, so dass sie gerade eben über meiner Haut schwebte – ich konnte die Hitze seiner Handfläche spüren.
    »Wird das heilen?«, fragte er und wanderte mit den Fingerspitzen über den Riss in meiner linken Augenbraue, dann

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