Ein Hauch von Schnee und Asche
über das Minenfeld auf meiner
Wange bis zu dem Kratzer an meinem Kinn, der die Stelle markierte, an der Harley Bobles Stiefel mich nur knapp verfehlt hatte – ein Treffer hätte mir das Genick gebrochen.
»Natürlich. Das weißt du doch; du hast auf dem Schlachtfeld selbst schon Schlimmeres gesehen.« Ich hätte ihm gern ermunternd zugelächelt, wollte aber den tiefen Riss in meiner Lippe nicht wieder öffnen, also zog ich eine Art schmollenden Goldfischmund, der ihn überraschte und ihn zum Lächeln brachte.
»Aye, ich weiß.« Er senkte schüchtern den Kopf. »Es ist nur …« Seine Hand schwebte nach wie vor neben meinem Gesicht, und das seine trug einen Ausdruck besorgter Nervosität. »O Gott, mo nighean donn «, sagte er leise. »O Himmel, dein schönes Gesicht.«
»Kannst du den Anblick nicht ertragen?«, fragte ich. Ich wandte meinerseits den Blick ab und spürte bei diesem Gedanken einen heftigen Stich, doch ich versuchte, mir einzureden, dass es keine Rolle spielte. Es würde schließlich heilen.
Seine Finger berührten sanft, aber bestimmt mein Kinn und hoben es, so dass ich ihn wieder ansah. Sein Mund presste sich ein wenig zusammen, während sein Blick zu einer langsamen Bestandsaufnahme über mein zerschlagenes Gesicht wanderte. Seine Augen waren sanft und dunkel im Kerzenschein, die Augenwinkel angespannt vor Schmerz.
»Nein«, sagte er. »Ich kann ihn nicht ertragen. Dein Anblick zerreißt mir das Herz. Und er erfüllt mich mit solcher Wut, dass ich das Gefühl habe, ich muss jemanden umbringen oder platzen. Doch bei dem Gott, der dich geschaffen hat, Sassenach, ich werde nicht mit dir schlafen und dabei nicht in der Lage sein, dir ins Gesicht zu sehen.«
»Mit mir schlafen?«, sagte ich verständnislos. »Was … du meinst jetzt ?«
Die Hand an meinem Kinn senkte sich, doch er sah mich unverwandt an, ohne zu blinzeln.
»Nun … aye. Genau.«
Wäre mein Kiefer nicht so geschwollen gewesen, wäre mein Kinn vor schierem Erstaunen heruntergeklappt.
»Ah … warum?«
»Warum?«, wiederholte er. Dann senkte er den Blick und machte seine seltsame, achselzuckende Geste, die anzeigte, dass er verlegen oder verwirrt war. »Ich – nun ja – es erscheint mir … notwendig.«
Ich verspürte ein durch und durch unpassendes Bedürfnis zu lachen.
»Notwendig? Meinst du, es ist, wie wenn man vom Pferd fällt? Ich sollte sofort wieder aufsteigen?«
Sein Kopf fuhr hoch, und er warf mir einen wütenden Blick zu.
»Nein«, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen. Er schluckte sichtlich angestrengt. Offenbar musste er sich sehr beherrschen und hielt starke Gefühle unter Kontrolle. »Bist du – bist du denn schlimm verletzt?«
Ich starrte ihn an, so gut ich es mit meinen geschwollenen Lidern konnte.
»Soll das ein Witz – oh«, sagte ich, denn mir dämmerte endlich, was er meinte. Ich spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg, und meine Verletzungen pochten.
Ich holte tief Luft, um sicherzugehen, dass ich ruhig sprechen konnte.
»Ich bin zu blutigem Brei geschlagen worden, Jamie, und auf mehrere scheußliche Arten missbraucht worden. Aber nur einer… es war nur einer von ihnen, der tatsächlich … Er – er war nicht… brutal.« Ich schluckte, doch der Knoten in meinem Hals gab nicht merklich nach. Tränen ließen das Kerzenlicht verschwimmen, so dass ich sein Gesicht nicht sehen konnte, und ich wandte blinzelnd den Kopf ab.
»Nein!«, sagte ich, und meine Stimme klang sehr viel lauter als beabsichtigt. »Ich bin nicht… verletzt.«
Er murmelte kurz und heftig etwas auf Gälisch und stieß sich vom Tisch ab. Sein Hocker stürzte laut krachend um, und er trat darauf ein. Dann trat er noch einmal zu, und noch einmal, trampelte mit solcher Gewalt darauf herum, dass die Holzstückchen durch die ganze Küche flogen und leise klirrend an der Kuchendose abprallten.
Ich saß völlig reglos da, zu schockiert und taub, um Verstörung zu empfinden. Hätte ich es ihm besser nicht gesagt?, fragte ich mich vage. Doch er musste es doch wissen. »Wie viele?«, hatte er wissen wollen. Und hatte dann gesagt: »Bringt sie alle um.«
Allerdings… von etwas zu wissen, war eine Sache, und die Details zu hören, eine andere. Das wusste ich, und ich sah ihm mit einem Gefühl schuldbewusster Trauer dabei zu, wie er die Splitter des Hockers von sich trat und zum Fenster stürzte. Die Läden waren geschlossen, doch er stand da, die Hände auf die Fensterbank gestützt, mit dem Rücken zu mir, und seine
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