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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ihm ins Gesicht. Seine Lippe zuckte, zuckte noch einmal, und er konnte sich nicht zwischen Schock und Gelächter entscheiden.
    Als er mir dann den Rücken zukehrte, dachte ich zuerst, er wollte sein Gesicht
vor mir verbergen, doch in Wirklichkeit hatte er sich nur umgedreht, um den Schrank zu durchsuchen. Er fand, wonach er suchte, und drehte sich wieder um, eine dunkel leuchtende Flasche meines besten Muskatellers in der Hand. Er hielt sie mit dem Ellbogen an seinen Körper gepresst und griff nach einer zweiten Flasche.
    »Aye, bestimmt«, sagte er und streckte seine freie Hand nach mir aus. »Aber wenn du glaubst, dass einer von uns es nüchtern tun wird, Sassenach, dann irrst du dich gewaltig.«
     
    Ein Windstoß, der durch die offene Tür fuhr, riss Roger aus seinem unruhigen Schlaf. Er war auf der Bank am Kamin eingeschlafen, die Beine auf den Boden gestützt, das Kind warm und schwer an seine Brust gekuschelt.
    Er sah blinzelnd und orientierungslos auf, als sich Brianna über ihn beugte, um ihm den Kleinen abzunehmen.
    »Regnet es draußen?«, sagte er, weil ihn ein Hauch von Feuchtigkeit und Ozon von ihrem Umhang traf. Er setzte sich aufrecht hin und rieb sich mit der Hand über das Gesicht, um zu sich zu kommen. Er spürte die Stoppeln seines Viertagebartes.
    »Nein, aber es wird gleich regnen.« Sie legte Jemmy wieder in sein Bettchen, deckte ihn zu und hängte ihren Umhang auf, bevor sie zu Roger kam. Sie roch nach der Nacht, und ihre Hand war kalt auf seiner erhitzten Wange. Er schlang die Arme um ihre Taille, lehnte den Kopf gegen sie und seufzte.
    Er wäre liebend gern für ewig so verharrt – oder wenigstens für die nächsten ein oder zwei Stunden. Doch sie strich ihm ein paar Sekunden sanft über das Haar, dann wandte sie sich ab und bückte sich, um am Kaminfeuer eine Kerze zu entzünden.
    »Du musst fast verhungert sein. Soll ich dir etwas machen?«
    »Nein. Ich meine… ja, bitte.« Jetzt, da seine restliche Schläfrigkeit von ihm abfiel, stellte er fest, dass er tatsächlich Hunger hatte. Seit ihrem Halt an dem Bach heute Morgen hatten sie nicht mehr angehalten, weil Jamie zu Hause sein wollte, bevor es dunkel wurde. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt etwas gegessen hatte, doch bis zu diesem Moment hatte er keinerlei Hunger verspürt.
    Er fiel heißhungrig über das Brot, die Butter und die Marmelade her, die sie ihm brachte. Das Essen nahm seine ganze Konzentration in Anspruch, und es dauerte mehrere Minuten, bevor ihm beim Schlucken eines letzten butterigen, süßen Bissens der Gedanke kam zu fragen: »Wie geht es deiner Mutter?«
    »Gut«, sagte sie und lieferte dabei eine gelungene Imitation von Claires steifster englischer Oberlippe. »Gut, wirklich .« Sie zog eine Grimasse, und er lachte, wenn auch leise mit einem automatischen Blick in Richtung des Bettchens.

    »Und stimmt es?«
    Brianna zog eine Augenbraue hoch und sah ihn an.
    »Glaubst du das?«
    »Nein«, räumte er ernüchtert ein. »Aber ich glaube nicht, dass sie es dir sagen wird, wenn es nicht so ist. Sie wird nicht wollen, dass du dir Sorgen machst.«
    Als Antwort auf diese Vermutung stieß sie einen rüden Kehllaut aus. Dann drehte sie ihm den Rücken zu und hob den langen Schleier ihres Haars beiseite.
    »Kannst du mir die Schnüre aufmachen?«
    »Du hörst dich genau wie dein Vater an, wenn du dieses Geräusch machst – nur die Tonlage ist höher. Hast du das geübt?« Er löste die Schnüre und ließ dann impulsiv seine Hände in das offene Kleid gleiten, bis sie auf der Rundung ihrer warmen Hüften zu liegen kamen.
    »Jeden Tag. Und du?« Sie lehnte sich mit dem Rücken an ihn, und seine Hände wanderten höher, bis sie wie automatisch ihre Brüste umfassten.
    »Nein«, gab er zu. »Es tut weh.« Es war Claires Vorschlag gewesen – dass er versuchen sollte zu singen und höhere wie auch niedrigere Töne als sonst probierte, um eventuell seine Stimmbänder zu lockern und zumindest einen Teil seiner ursprünglichen Resonanz zurückzuerlangen.
    »Feigling«, sagte sie, doch ihre Stimme war beinahe so sanft wie das Haar, das ihm über die Wange strich.
    »Aye, das bin ich«, sagte er genauso leise. Es schmerzte tatsächlich, doch es war nicht der körperliche Schmerz, der ihm Probleme bereitete. Es war das Gefühl, ein Echo seiner alten Stimme in seinen Knochen zu spüren – ihrer Leichtigkeit und Kraft – und dann die rauen Töne zu hören, die unter solchen Schwierigkeiten aus seiner Kehle drangen,

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