Ein Hauch von Schnee und Asche
zurück, und hinter ihm erhob sich spekulatives Gemurmel, verstummte aber abrupt, als draußen ein durchdringendes Heulen erklang, gefolgt von einer zweiten Stimme, als die erste leiser wurde.
Ein ehrfürchtiges »Oooh!« erhob sich in der Menge, und Mrs. Wilson machte ein zufriedenes Gesicht, als jetzt die bean-treim begannen, sich ihr Geld wirklich zu verdienen.
Dann wurde es an der Tür unruhig, und die Menge teilte sich wie das Rote Meer, um einen schmalen Durchgang zum Tisch frei zu geben. Mrs. Wilson setzte sich kerzengerade hin, wurde totenblass und atmete kaum noch. Der Puls in ihrem Bauch zitterte und hüpfte unter meinen Fingern. Roger und Jamie hielten sie an den Armen fest, um sie zu stützen.
Völlige Stille hatte sich über das Zimmer gesenkt; die einzigen Geräusche waren das Heulen der bean-treim draußen – und langsame, schlurfende Schritte, zunächst leise auf dem Boden vor der Hütte, dann plötzlich lauter auf den Dielen im Inneren. Der Sündentilger war da.
Er war ein hoch gewachsener Mann – oder war es zumindest einmal gewesen. Es war unmöglich zu sagen, wie alt er war; die Jahre oder eine Krankheit hatten an seinen Muskeln gezehrt, so dass seine breiten Schultern vornüberhingen und seine Wirbelsäule krumm war. Sein eingesunkener Kopf, der nur noch mit wenigen ergrauenden Haarsträhnen bewachsen war, ragte vor.
Ich blickte zu Jamie auf und zog die Augenbrauen hoch. Ich hatte den Mann noch nie gesehen. Er zuckte sacht mit den Achseln; er kannte ihn auch nicht. Als der Sündentilger näher kam, sah ich, dass sein ganzer Körper schief war; er schien an einer Seite ausgehöhlt zu sein, vielleicht, weil seine Rippen bei einem Unfall eingeschlagen worden waren.
Alle Augen waren auf den Mann gerichtet, doch er sah niemanden direkt an, sondern hielt den Blick auf den Boden gerichtet. Der Durchgang zum Tisch war schmal, doch die Leute wichen zurück, als er vorbeiging, damit er sie ja nicht berührte. Erst als er den Tisch erreichte, hob er den Kopf, und ich sah, dass ihm ein Auge fehlte. Dem Aussehen des vernarbten Gewebes nach hatte es ihm eine Bärenkralle ausgeschlagen.
Das andere Auge funktionierte; er fuhr überrascht auf, als er Mrs. Wilson
sah, und sah sich um, weil er offensichtlich nicht sicher war, was er als Nächstes tun sollte.
Sie entwand Roger ihren Arm und schob ihm den Teller mit dem Brot und Salz hin.
»Nun macht schon«, sagte sie, und ihre Stimme klang schrill und ein wenig ängstlich.
»Aber Ihr seid doch gar nicht tot.« Es war eine sanfte, gebildete Stimme, die nur Verwunderung verriet, doch die Menge reagierte, als sei es das Zischen einer Schlange gewesen, und wich noch weiter zurück, soweit das möglich war.
»Und?« Die Aufregung ließ Mrs. Wilson noch stärker zittern; ich konnte ein konstantes Vibrieren spüren, das den Tisch durchlief. »Man hat Euch dafür bezahlt, meine Sünden zu essen – nun tut es auch!« Ihr kam ein Gedanke, und sie fuhr hoch und blinzelte ihren Schwiegersohn an. »Du hast ihn doch bezahlt, Hiram?«
Hirams Gesicht war noch von den vorausgegangenen Wortwechseln errötet, doch bei dieser Frage wurde er beinahe lila und hielt sich die Seite – um seine Geldbörse zu umklammern, dachte ich, nicht sein Herz.
»Nun, ich habe auch nicht vor, ihn zu bezahlen, bevor er seine Arbeit getan hat«, schnappte er. »Was für ein Benehmen ist denn das?«
Jamie, der sah, dass der nächste Aufruhr loszubrechen drohte, ließ Mrs. Wilson los, tastete hastig in seinem Sporran herum und brachte einen Silbershilling zum Vorschein, den er dem Sündentilger hinüberschob – ich sah, dass auch er darauf achtete, den Mann nicht zu berühren.
»Jetzt habt Ihr Eure Bezahlung«, sagte er schroff und nickte ihm zu. »Bitte geht Eurem Geschäft nach, Sir.«
Der Mann ließ den Blick langsam durch das Zimmer schweifen, und das Einatmen der Menge war sogar unter den »WEEEEEEEEEH dem Hause CROMMMMBIIIEEEEE«-Jammerlauten vor der Tür deutlich zu hören.
Er stand keinen halben Meter von mir entfernt; so dicht, dass ich seine süßsäuerliche Ausdünstung riechen konnte, nach altem Schweiß und dem Schmutz auf seinen Lumpen und noch etwas, eine schwache Note, die auf eiternde, offene Wunden schließen ließ. Er wandte den Kopf und sah mich direkt an. Es war ein sanftes, braunes Auge, dessen Bernsteinfarbe verblüffend an meine eigenen Augen erinnerte. Sein Blick verursachte mir ein seltsames Gefühl in der Magengrube, als sähe ich für einen Moment in einen
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