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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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einfach den Versuch aufgegeben hatte, den Schotten seinen Waliser Singsang verständlich zu machen -, klopfte Jamie Gideon ermunternd auf den Hals und überließ ihn seinem Hafer, damit er seine Lenden für die Ankunft der Stute kräftigen konnte.
    Dai hatte ihm etwas zu essen angeboten, doch er lehnte ab; er war nervös, freute sich aber auf den Frieden seines fünf Meilen weiten Heimwegs. Der Tag war schön und der Himmel von einem blassen Blau. Über ihm murmelte das Frühlingslaub, und ein wenig Einsamkeit war ihm sehr willkommen.
    Seine Entscheidung war gefallen, als er Robin bat, ihm die Gewehre zu besorgen. Doch die Lage erforderte weiteres Nachdenken.
    Es gab vierundsechzig Cherokee-Dörfer, ein jedes mit seinem eigenen Oberhaupt, seinem eigenen Friedens- und Kriegshäuptling. Nur fünf dieser Dörfer lagen innerhalb seines Einflussbereiches – die drei Snowbird dörfer und zwei, die zu den Overhill -Cherokee gehörten. Er ging davon aus, dass diese den Anführern der Overhill folgen würden, ganz gleich, was er sagte.
    Roger Mac hatte nur relativ wenig über die Cherokee oder darüber gewusst, welche Rolle sie bei der drohenden Auseinandersetzung spielen würden. Er hatte ihm nur sagen können, dass die Cherokee nicht en masse aktiv geworden waren; einige Dörfer entschlossen sich zu kämpfen, andere nicht – einige kämpften für die eine Seite, andere für eine andere.
    Nun gut. Es war nicht sehr wahrscheinlich, dass irgendetwas, was er sagte oder tat, den Lauf des Krieges verändern würde, und das war tröstlich. Doch er konnte sich dem Bewusstsein nicht entziehen, dass der Zeitpunkt näher rückte, an dem er den Absprung wagen musste. Nach außen hin war er im Moment ein loyaler Untertan Seiner Majestät, ein Tory, der sich in Geordies Interesse abrackerte, die Wilden unterwarf und Gewehre unter das Volk brachte, um die aufrührerischen Leidenschaften der Regulatoren, Whigs und Möchtegernrepublikaner im Zaum zu halten.
    Irgendwann jedoch musste diese Fassade bröckeln, um ihn als überzeugten Rebellen und Verräter preiszugeben. Doch wann? Er fragte sich müßig, ob diesmal ein Preis auf seinen Kopf ausgesetzt werden würde und wie hoch er sein würde.
    Mit den Schotten würde er möglicherweise keine großen Schwierigkeiten bekommen. Sie waren zwar nachtragend und sturköpfig, doch er war einer von ihnen, und ihre persönlichen Sympathien würden eventuell die Entrüstung darüber dämpfen, dass er zum Rebellen geworden war, wenn es so weit war.
    Nein, es waren die Indianer, die ihm Sorgen machten – denn zu ihnen kam er als Vertreter des Königs. Wie sollte er ihnen seinen Sinneswandel erklären? Noch dazu so, dass sie sich auf seine Seite schlugen? Mit Sicherheit
würden sie es schlimmstenfalls als Verrat, bestenfalls als höchst verdächtiges Benehmen betrachten. Er glaubte nicht, dass sie ihn umbringen würden. Doch wie in Gottes Namen sollte er sie überreden, sich der Sache der Rebellen anzuschließen, wo sie doch beständige und fruchtbare Beziehungen zu Seiner Majestät unterhielten?
    O Gott, und dann war da noch John. Was sollte er zu seinem Freund sagen, wenn die Zeit kam? Ihn mit Logik und Rhetorik überreden, ebenfalls die Farbe seiner Uniform zu wechseln? Er atmete zischend ein und schüttelte konsterniert den Kopf, während er – ganz und gar erfolglos – versuchte, sich vorzustellen, wie sich John Grey, Soldat von Kindesbeinen an, ehemaliger königlicher Gouverneur, die Loyalität in Person und eingefleischter Ehrenmann, plötzlich offiziell auf die Seite von Rebellion und Republik schlug.
    Er machte sich im Weitergehen seine Gedanken, merkte jedoch allmählich, dass ihn das Laufen beruhigte und der friedvolle Tag seine Stimmung hob. Vor dem Abendessen würde er noch Zeit haben, mit dem kleinen Jemmy angeln zu gehen, dachte er; die Sonne schien zwar, doch unter den Bäumen hing eine gewisse Feuchte in der Luft, die ihm versprach, dass die Fliegen heute das erste Mal auf dem Wasser schlüpfen würden. Er spürte es in den Knochen, dass kurz vor Sonnenuntergang die Forellen an die Oberfläche steigen würden.
    Ein wenig erleichtert, freute er sich, ein Stückchen unterhalb von Fraser’s Ridge seine Tochter zu treffen. Ihm wurde warm ums Herz, als er ihre rote Haarpracht sah, die ihr üppig über den Rücken fiel.
    »Ciamar a tha thu, a nighean?« , sagte er und küsste ihr zum Gruß die Wange.
    »Tha mi gu math, mo athair« , sagte sie und lächelte, doch er bemerkte, dass die

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