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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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glatte Haut ihrer Stirn von kleinen Fältchen gekräuselt wurde wie ein Forellenteich, auf dem die Larven schlüpfen.
    »Ich habe auf dich gewartet«, sagte sie und nahm seinen Arm. »Ich wollte mich mit dir unterhalten, bevor du morgen zu den Indianern reitest.« Und in ihrer Stimme lag etwas, das ihn jeden Gedanken an Fische schlagartig vergessen ließ.
    »Oh, aye?«
    Sie nickte, aber es schien ihr schwer zu fallen, Worte zu finden – etwas, das ihn noch mehr in Alarm versetzte. Doch er konnte ihr nicht helfen, solange er keine Ahnung hatte, worum es ging. Und so hielt er schweigend, aber ermutigend mit ihr Schritt. In ihrer Nähe war eine Nachtigall zugange und übte ihr Repertoire an Rufen. Es war der Vogel, der in der Rotfichte hinter dem Haus wohnte; er erkannte das Tier, weil es dann und wann mit seinem Gezwitscher innehielt, um das mitternächtliche Jaulen des Katers Adso perfekt zu imitieren.
    »Als du mit Roger über die Indianer gesprochen hast«, sagte Brianna
schließlich und wandte den Kopf, um ihn anzusehen, »hat er da etwas erwähnt, das sich Marsch der Tränen nennt?«
    »Nein«, sagte er neugierig. »Was ist das?«
    Sie schnitt eine Grimasse und zog den Kopf auf eine Weise ein, die ihm verstörend vertraut vorkam.
    »Das dachte ich mir. Er hat gesagt, er hätte dir alles erzählt, was er über die Indianer und die Revolution weiß – nicht, dass das besonders viel ist, es war nicht sein Spezialgebiet -, aber dies ist nach… wird sich nach der Revolution ereignen. Also hat er es vielleicht nicht für wichtig gehalten. Vielleicht ist es ja auch nicht wichtig.«
    Sie zögerte, als wünschte sie, dass er ihr bestätigte, dass es nicht wichtig war. Doch er wartete nur, und sie seufzte und betrachtete im Weitergehen ihre Füße. Sie trug Sandalen ohne Strümpfe, und ihre langen, nackten Zehen waren mit dem feinen Staub der Wagenstraße bedeckt. Der Anblick ihrer Füße erfüllte ihn stets mit einer merkwürdigen Mischung aus Stolz auf ihre elegante Form und schwachem Schamgefühl über ihre Größe – doch da er für beides verantwortlich war, hatte er wohl keinen Grund, sich zu beklagen.
    »In etwa sechzig Jahren«, sagte sie schließlich, die Augen auf den Boden gerichtet, »wird die amerikanische Regierung die Cherokee von ihrem Land umsiedeln. Weit weg – in eine Gegend namens Oklahoma. Es sind mindestens tausend Meilen, und sie werden unterwegs zu Hunderten und Aberhunderten verhungern und sterben. Das ist der Grund, warum sie es Marsch der Tränen genannt haben – nennen werden.«
    Er war beeindruckt, dass eine Regierung zu so etwas in der Lage sein konnte, und sagte das auch. Sie warf ihm einen wütenden Blick zu.
    »Sie werden sich einer List bedienen. Sie werden einige der Cherokee-Anführer überreden, sich damit einverstanden zu erklären, indem sie ihnen Versprechungen machen, die sie dann nicht einhalten.«
    Er zuckte mit den Achseln.
    »Aber so machen es doch die meisten Regierungen«, merkte er nachsichtig an. »Warum erzählst du mir das? Ich werde doch – Gott sei Dank – längst unter der Erde liegen, bevor es dazu kommt.«
    Er sah, wie etwas über ihr Gesicht huschte, als er von seinem Tod sprach, und bedauerte, ihr leichtfertig Kummer bereitet zu haben. Doch bevor er sich entschuldigen konnte, richtete sie sich auf und fuhr fort.
    »Ich sage es dir, weil ich dachte, du solltest es wissen«, sagte sie. »Nicht alle Cherokee sind mitgegangen – einige von ihnen sind weiter ins Gebirge gestiegen und haben sich versteckt; die Armee hat sie nicht gefunden.«
    »Aye?«
    Sie wandte den Kopf und sah ihn mit diesen Augen an, die die seinen waren, und ihr Ernst berührte ihn.
    »Verstehst du denn nicht? Mama hat dir gesagt, was passieren würde –
in Culloden. Du konntest es nicht verhindern, aber du hast Lallybroch gerettet. Und deine Männer, deine Pächter. Weil du es vorher wusstest.«
    »O Himmel«, sagte er und begriff erschrocken, was sie meinte. Die Erinnerung überspülte ihn wie eine Flut, das Grauen, die Hoffnungslosigkeit und die Unsicherheit jener Zeit – die dumpfe Verzweiflung, die ihn durch jene letzten, schicksalhaften Tag hindurchgetragen hatte. »Du möchtest, dass ich es Bird sage.«
    Sie rieb sich mit der Hand durch das Gesicht und schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, ob du es ihm sagen solltest – oder ob er auf dich hören wird, wenn du es tust. Aber ich habe mich mit Roger darüber unterhalten, nachdem du ihn über die Indianer

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