Ein Hauch von Schnee und Asche
Maske träufeln ließ.
»Ja. Passt auf, dass Ihr nicht zu viel davon einatmet«, sagte ich. »Wir wollen ja nicht, dass Ihr bei der Operation umfallt.«
Sie lachte, hielt die Maske aber pflichtschuldigst weiter von sich weg.
Lizzie hatte tapfer angeboten, den Anfang zu machen – mit der eindeutigen Absicht, Bobbys Aufmerksamkeit von Malva auf sich zu lenken. Dies zeigte den gewünschten Erfolg; sie lag hingestreckt auf dem Tisch und hatte die Haube ausgezogen, so dass sich ihr weiches, blondes Haar malerisch über das Kissen ergoss. Bobby saß mit ernster Miene neben ihr und hielt ihr die Hand.
»Nun gut.« Ich hatte eine winzige Sanduhr in der Hand; das Einzige, was mir zur akkuraten Zeitmessung zur Verfügung stand. »Legt sie ihr vorsichtig über das Gesicht. Lizzie, hol einfach nur tief Luft und zähle mit mir, eins … zwei … du liebe Güte, das ging aber schnell, nicht wahr?«
Sie hatte ein Mal tief Luft geholt, so dass sich ihr Brustkorb weit hob – und war beim Ausatmen erschlafft wie eine tote Flunder. Ich drehte hastig die Sanduhr um und überprüfte ihren Puls. Alles bestens.
»Wartet einen Moment; man kann es spüren, wenn sie beginnen, wieder zu Bewusstsein zu kommen, so als würde ihre Haut vibrieren«, wies ich Malva an, während ich mit einem Auge Lizzie, mit dem anderen die Sanduhr beobachtete. »Legt ihr die Hand auf die Schulter… da, spürt Ihr es?«
Malva nickte. Sie zitterte fast vor Aufregung.
»Zwei oder drei Tropfen also.« Diese fügte sie hinzu, hielt den Atem an, und mit einem Seufzer, der sich anhörte wie aus einem undichten Reifen entweichende Luft, entspannte sich Lizzie wieder.
Bobbys blaue Augen waren kreisrund, doch er hielt Lizzies andere Hand fest umklammert.
Ich stoppte die Zeit bis zum beginnenden Erwachen noch ein- oder zweimal, dann bat ich Malva, sie noch etwas tiefer zu betäuben. Ich ergriff die Lanzette, die ich bereitliegen hatte, und stach Lizzie in den Finger. Bobby keuchte auf, als das Blut aufquoll, und blickte dann zwischen dem leuchtend roten Tropfen und Lizzies friedvollem Engelsgesicht hin und her.
»Oh, sie merkt es gar nicht!«, rief er aus. »Da, sie hat nicht mit der Wimper gezuckt!«
»Genau«, sagte ich von tiefer Genugtuung erfüllt. »Sie wird nicht das Geringste spüren, bis sie wieder zu sich kommt.«
»Mrs. Fraser sagt, sie könnte jemanden richtig aufschneiden«, unterrichtete Malva Bobby wichtigtuerisch. »Ihn aufschneiden und die kranke Stelle finden – und er würde nichts davon spüren!«
»Nun, zumindest nicht bis zum Aufwachen«, sagte ich belustigt. »Ich fürchte, danach spürt man es doch. Aber es ist schon eine großartige Sache«, fügte ich sanfter hinzu und widmete mich aufmerksam Lizzies bewusstlosem Gesicht.
Ich ließ sie in der Narkose liegen, während ich die frische Blutprobe untersuchte, dann wies ich Malva an, ihr die Maske abzunehmen. Innerhalb einer Minute begannen Lizzies Augenlider zu flattern. Sie sah sich neugierig um, dann drehte sie das Gesicht zu mir.
»Wann wollt Ihr denn anfangen, Ma’am?«
Obwohl ihr Bobby und Malva versicherten, dass sie während der letzten Viertelstunde für den Betrachter mausetot gewesen war, weigerte sie sich, es zu glauben und behauptete entrüstet, dies sei unmöglich – obwohl sie sich den Einstich an ihrem Finger und den Objektträger mit dem frischen Blut nicht erklären konnte.
»Erinnerst du dich an die Maske auf deinem Gesicht?«, fragte ich. »Und daran, dass ich dir gesagt habe, du sollst tief Luft holen?«
Sie nickte unsicher.
»Aye, das tue ich wohl – und im ersten Moment hat es sich angefühlt, als würde ich ersticken – und im nächsten haben alle auf mich heruntergestarrt!«
»Nun, ich denke, die einzige Möglichkeit, sie davon zu überzeugen, ist, es ihr zu zeigen«, sagte ich und lächelte den drei jungen, erröteten Gesichtern zu. »Bobby?«
Da er darauf brannte, Lizzie zu demonstrieren, dass alles wahr war, hüpfte er auf den Tisch und legte sich ohne Umschweife hin, obwohl der
Puls in seinem schmalen Hals hämmerte, während Malva den Äther auf die Maske träufelte. Sobald sie ihm diese auf das Gesicht drückte, holte er tief und krampfhaft Luft. Er runzelte sacht die Stirn, holte noch einmal Luft – noch einmal – und erschlaffte.
Lizzie schlug die Hände vor den Mund und starrte ihn an.
»Jesus, Maria und Josef!«, rief sie aus. Malva kicherte entzückt.
Lizzie sah mich mit großen Augen an, dann wieder Bobby. Sie beugte sich über sein
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