Ein Hauch von Schnee und Asche
da.«
»Glaubst du, man kommt vielleicht ins Fegefeuer zu den ungetauften Kindern und alldem?«, fragte Lizzie nervös.
Malva prustete sehr undamenhaft.
»Es gibt kein Fegefeuer«, sagte sie. »Das ist nur etwas, das der Papst erfunden hat.«
Lizzie klappte vor Schreck über diese Gotteslästerung der Mund auf, doch zum Glück lenkte Bobby sie dadurch ab, dass ihm schwindelig wurde und er sich hinlegen musste.
Malva schien zwar nicht übel Lust zu haben, die Diskussion fortzusetzen, doch abgesehen davon, dass sie noch ein- oder zweimal »Der Papst…« sagte, stand sie einfach nur da, schwankte mit offenem Mund hin und her und blinzelte ein wenig. Ich warf einen Blick auf Lizzie, die ebenfalls glasige Augen hatte. Sie gähnte hemmungslos und blinzelte mich mit tränenden Augen an.
Ich stellte fest, dass auch mir jetzt leicht schwindelig wurde.
»Ach du liebe Güte!« Ich riss Malva die Äthermaske aus der Hand und führte sie hastig zu einem Hocker. »Lasst mich das fortbringen, sonst wird uns noch allen schwindelig.«
Ich klappte die Maske auf, zog die feuchte Baumwolle heraus und trug sie auf Armeslänge aus dem Zimmer. Ich hatte beide Fenster des Sprechzimmers geöffnet, um für Frischluft zu sorgen und zu verhindern, dass wir alle vergast wurden, aber Äther war heimtückisch. Er war schwerer als Luft und sank daher zu Boden und sammelte sich dort, es sei denn, es gab einen Ventilator oder ein anderes Hilfsmittel, um ihn zu entfernen. Ich würde möglicherweise im Freien operieren müssen, dachte ich, wenn ich gezwungen war, länger damit zu arbeiten.
Ich legte die Baumwolle zum Trocknen auf einen Stein und ging zurück, in der Hoffnung, dass sie jetzt alle zu benommen waren, um ihre philosophischen Spekulationen fortzusetzen. Ich war nicht scharf darauf, dass sie diesen Gedanken weitersponnen; wenn es sich in Fraser’s Ridge herumsprach, dass Äther die Menschen von ihren Seelen trennte, würde ich niemals jemanden dazu bewegen, ihn anwenden zu dürfen, ganz gleich, wie brenzlig die Lage war.
»Nun, vielen Dank für Eure Hilfe«, sagte ich und lächelte, als ich das Zimmer betrat und erleichtert feststellte, dass sie alle hinlänglich wach aussahen. »Ihr habt etwas sehr Nützliches und Wertvolles getan. Aber jetzt geht an Eure Arbeit – ich räume hier auf.«
Malva und Lizzie zögerten ein paar Sekunden, denn keine der beiden wollte Bobby der anderen überlassen. Doch auf mein Drängen hin drifteten sie auf die Tür zu.
»Für wann ist Eure Hochzeit geplant, Miss Wemyss?«, fragte Malva beiläufig – und so laut, dass Bobby es hören konnte, obwohl sie es mit Sicherheit wusste; jeder in Fraser’s Ridge wusste es.
»August«, erwiderte Lizzie kühl und hob ihre kleine Nase ein Stückchen. »Gleich nach der Heuernte – Miss Christie.« Und dann bin ich Mrs. McGillivray , sagte die Genugtuung in ihrer Miene. Und Ihr – Miss Christie – seid ohne einen einzigen Verehrer . Nicht, dass Malva bei den jungen Männern keine Aufmerksamkeit erregte; nur, dass ihr Vater und ihr Bruder diese geflissentlich von ihr fern hielten.
»Ich wünsche Euch alles Gute«, sprach Malva hoheitsvoll. Sie richtete den Blick auf Bobby Higgins, dann wieder auf Lizzie, und lächelte, gesetzt und anständig unter ihrer gestärkten weißen Haube.
Bobby blieb noch einen Moment auf dem Tisch sitzen und sah den Mädchen nach.
»Bobby«, sagte ich, weil mir seine zutiefst nachdenkliche Miene auffiel, »die Gestalt, die Ihr in der Narkose gesehen habt – habt Ihr sie erkannt?«
Er sah mich an, dann glitt sein Blick wieder zu der leeren Tür, als könnte er ihn nicht abwenden.
»O nein, Ma’am«, sagte er in einem solchen Tonfall ernster Überzeugung, dass ich wusste, dass er log. »Ganz und gar nicht!«
43
Heimatlose
Sie hatten am Ufer eines kleinen Sees, den die Indianer Viele Binsen nannten, Halt gemacht, um die Pferde zu tränken. Es war ein warmer Tag, und sie fesselten den Pferden die Beine, zogen sich aus und wateten ins Wasser, das von einer Quelle gespeist wurde und herrlich kalt war. So kalt, dass es alle Sinne aufschreckte, und Jamie zumindest vorübergehend von seinen finsteren Überlegungen bezüglich der Note ablenkte, die MacDonald ihm von John Stuart, dem Superintendenten für Indianerfragen im Südlichen Department überbracht hatte.
Sie war voll des Lobes über die Schnelligkeit und den Unternehmergeist gewesen, mit denen er die Snowbird -Cherokee unter britischen Einfluss gebracht hatte – hatte
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