Ein Hauch von Schnee und Asche
Ohr, um seinen Namen zu rufen, was keine Wirkung zeigte, dann ergriff sie seine Hand und wackelte sacht damit. Sein Arm schlackerte, und sie stieß einen leisen Ausruf aus und legte seine Hand wieder hin. Sie wirkte sehr aufgeregt.
»Kann er nicht aufwachen?«
»Nicht, bevor wir die Maske abnehmen«, informierte Malva sie neunmalklug.
»Ja, aber man lässt keinen Patienten länger in Narkose als nötig«, fügte ich hinzu. »Es ist nicht gut, wenn man zu lange betäubt ist.«
Malva holte Bobby gehorsam mehrfach an den Rand des Bewusstseins und narkotisierte ihn wieder, während ich mir die Zeiten und Dosen notierte. Als ich damit fast fertig war, bemerkte ich, wie sie Bobby gebannt fixierte und sich dabei auf etwas zu konzentrieren schien. Lizzie hatte sich in eine Ecke des Sprechzimmers zurückgezogen, weil ihr bei Bobbys Anblick unbehaglich wurde. Sie saß auf einem Hocker, flocht ihr Haar und steckte es wieder unter ihre Haube.
Ich stand auf, nahm Malva die Maske aus der Hand und legte sie beiseite.
»Das habt Ihr wunderbar gemacht«, sagte ich. »Danke.«
Sie schüttelte den Kopf, und ihr Gesicht leuchtete.
»O Ma’am! Es war… so etwas habe ich noch nie gesehen. Es ist solch ein Gefühl, nicht wahr? Als hätten wir ihn umgebracht und wieder zum Leben erweckt.« Sie breitete die Hände aus und sah sie halb unbewusst an, als fragte sie sich, wie sie ein solches Wunder hatte vollbringen können. Dann ballte sie sie zu kleinen Fäusten und lächelte mich verschwörerisch an.
»Ich glaube, ich verstehe, warum mein Vater sagt, es ist Teufelswerk. Wenn er sehen könnte, wie es ist -«, sie warf einen Blick auf Bobby, der sich zu regen begann, »- würde er sagen, dass nur Gott das Recht hat, so etwas zu tun.«
»Wirklich«, kommentierte ich trocken. Der Glanz in ihren Augen sagte mir, dass die wahrscheinliche Reaktion ihres Vaters auf das, was wir getan hatten, für sie einer der Hauptbeweggründe für dieses Experiment gewesen war. Eine Sekunde lang bedauerte ich Tom Christie.
»Äh… vielleicht solltet Ihr es Eurem Vater dann lieber nicht erzählen«, schlug ich vor. Sie lächelte, so dass sich ihre kleinen scharfen weißen Zähne zeigten, und verdrehte die Augen.
»Keine Sorge, Ma’am«, versicherte sie mir. »Er würde mich daran hindern wiederzukommen, so schnell wie -«
Bobby setzte unserem Gespräch ein Ende, indem er die Augen öffnete, den Kopf zur Seite drehte und sich übergab. Lizzie schrie auf und eilte an seine Seite, um ihn zu bemuttern, indem sie ihm das Gesicht abwischte und ihm Brandy holte. Malva stand mit leicht überlegener Miene daneben und ließ sie gewähren.
»Oh, war das unangenehm«, wiederholte Bobby ungefähr zum zehnten Mal und rieb sich mit der Hand über den Mund. »Ich habe etwas ganz Schreckliches gesehen – nur eine Sekunde lang – und dann ist mir übel geworden, und alles war vorbei.«
»Was ist es denn gewesen?«, fragte Malva neugierig. Er sah sie argwöhnisch und verunsichert an.
»Ich weiß es ja selbst kaum, wenn ich ehrlich bin, Miss. Nur dass es… irgendwie dunkel war. Eine Gestalt, könnte man sagen; ich glaube, die einer Frau. Aber… schrecklich«, beendete er hilflos seinen Satz.
Nun, schade für ihn. Halluzinationen waren kein ungewöhnlicher Nebeneffekt, aber bei einer solch kurzen Dosis hatte ich nicht damit gerechnet.
»Nun, ich denke, es war einfach nur ein Albtraum«, sagte ich tröstend. »Es ist eine Art Schlaf, also ist es nicht überraschend, dass hin und wieder jemand etwas Merkwürdiges träumt.«
Zu meiner Überraschung schüttelte Lizzie bei diesen Worten den Kopf.
»O nein, Ma’am«, sagte sie. »Es ist ganz und gar nicht wie schlafen. Wenn man schläft, vertraut man seine Seele den Engeln an, damit nichts Böses in ihre Nähe kommt. Aber das hier…« Sie warf einen stirnrunzelnden Blick auf die Ätherflasche, die jetzt wieder sicher verkorkt war, dann musterte sie mich.
»Ich habe mich gefragt«, sagte sie, »wohin meine Seele gegangen ist?«
»Äh…«, sagte ich. »Nun, ich nehme an, sie bleibt einfach im Körper. So muss es sein. Ich meine – man ist ja nicht tot.«
Lizzie und Bobby schüttelten energisch die Köpfe. »Nein, das tut sie nicht«, meinte Lizzie. »Wenn man schläft, ist man immer noch da . Wenn man das hier macht…«, sie wies auf die Maske, und Beklommenheit regte sich in ihrem schmalen Gesicht, »… ist man es nicht.«
»Das stimmt. Ma’am«, versicherte mir Bobby. »Man ist nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher