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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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zurück, um erst einmal gemächlich Bier zu trinken, während die Frauen das restliche Essen zubereiteten. Und wie es die Natur will, fand er sich irgendwann im Freien wieder und pinkelte genüsslich an einen Baum, als er hinter sich leise Schritte hörte und Alexander Cameron neben ihn trat und ebenfalls seine Hose öffnete.
    Danach ergab es sich wie von selbst – obwohl es eindeutig Camerons Absicht gewesen war -, dass sie ein wenig spazieren gingen, um sich in der kühlen Abendluft vom Rauch im Inneren des Hauses zu erholen, während sie über Dinge sprachen, die sie beide interessierten – John Stuart zum Beispiel und die Zustände im Südlichen Department. Und die Indianer. Sie verglichen die Persönlichkeiten der verschiedenen Häuptlinge und ihrer beider Art, mit ihnen umzugehen, spekulierten gemeinsam, wer einen guten Anführer abgeben würde, und ob es wohl im Verlauf des Jahres zu einer großen Zusammenkunft der Stämme kommen würde.
    »Ihr wundert Euch sicher«, sagte Cameron ganz beiläufig, »dass ich hier bin?«
    Jamie zuckte kaum merklich mit den Schultern, um zuzugeben, dass es ihn interessierte, aber gleichzeitig anzudeuten, dass es ihm die Höflichkeit verbot, sich nach Camerons Angelegenheiten zu erkundigen.
    Cameron gluckste.
    »Aye, nun ja. Es ist gewiss kein Geheimnis. James Henderson ist der Grund – der Name ist Euch sicher bekannt?«
    So war es. Henderson war Chefrichter des Obersten Gerichtshofs von North Carolina gewesen – bis ihn die Regulatoren gezwungen hatten zu gehen. Er war aus dem Fenster seines Gerichtsgebäudes geklettert und vor einem mordlustigen Pöbel um sein Leben gerannt.
    Da Henderson wohlhabend war und ihm an seiner Haut gelegen war, hatte er sich aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen und sich ganz der Vermehrung seines Vermögens gewidmet. Zu diesem Zweck erwog er jetzt, den Cherokee ein gewaltiges Stück Land in Tennessee abzukaufen und dort Ortschaften zu gründen.
    Jamie fixierte Cameron kurz. Er begriff sofort, wie komplex diese Situation war. Zunächst einmal lag das fragliche Land weit, weit jenseits der Vertragsgrenze. Dass Henderson solche Verhandlungen anbahnen konnte, war ein deutlicher Hinweis – wäre ein solcher nötig gewesen -, wie schwach der Einfluss der Krone in letzter Zeit geworden war. Henderson dachte sich offenbar nicht das Geringste dabei, den Vertrag Seiner Majestät mit Füßen zu treten, und rechnete infolge dieser Handlungsweise mit keinerlei Einmischung in seine Angelegenheiten.
    Das war das eine. Zweitens jedoch besaßen die Cherokee ihr Land gemeinsam, wie alle Indianer. Häuptlinge konnten Land an Weiße verkaufen – und taten dies auch -, ohne auf gesetzliche Nettigkeiten wie Besitzurkunden
angewiesen zu sein. Doch sie unterstanden nach getaner Tat immer noch der Zustimmung oder Ablehnung ihres Volkes. Diese Zustimmung hatte zwar keinen Einfluss mehr auf den Verkauf, der ja bereits vollzogen sein würde, doch sie konnte zum Fall eines Häuptlings führen – und zu großem Ärger für denjenigen, der versuchte, von seinem Land, das er mehr oder minder guten Glaubens bezahlt hatte, Besitz zu ergreifen.
    »John Stuart weiß natürlich davon«, sagte Jamie, und Cameron nickte mit einem Hauch von Selbstgefälligkeit.
    »Natürlich nicht offiziell«, sagte er.
    Natürlich nicht. Der Superintendent in Indianerfragen konnte ein solches Arrangement kaum öffentlich gutheißen. Gleichzeitig jedoch würde er sich inoffiziell darüber freuen, da ein solcher Erwerb nur dem Ziel des Departments dienlich sein konnte, die Indianer mehr und mehr unter britischen Einfluss zu bringen.
    Jamie fragte sich müßig, ob Stuart wohl auch persönlich von dem Handel profitierte. Stuart hatte einen guten Ruf und galt nicht als korrupt – doch es war gut möglich, dass er im Stillen an der Sache beteiligt war. Andererseits hatte er vielleicht kein persönliches, finanzielles Interesse, sondern stellte sich diesem Arrangement gegenüber nur deshalb offiziell blind, um den Zwecken des Departments zu dienen.
    Cameron jedoch … Natürlich wusste er das nicht mit Bestimmtheit, doch es hätte ihn sehr überrascht, wenn Cameron seine Finger nicht im Spiel hatte.
    Er wusste nicht, wo Camerons natürliches Interesse lag; ob bei den Indianern, unter denen er lebte, oder bei den Briten, unter denen er geboren worden war. Er bezweifelte, dass es jemand wusste – vielleicht ja nicht einmal Cameron. Ungeachtet seiner generellen Interessen waren Camerons unmittelbare

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