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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Schweißfilm gebildet. Roger war sich bewusst, dass sein Schwiegervater eine deutliche Abneigung gegen Schlangen hegte – kein Wunder angesichts der Tatsache, dass er vor drei Jahren beinahe durch eine große Klapperschlange umgekommen war.
    Die Entfernung war noch zu groß, als dass Roger das Tier hätte erwischen können; es standen drei dicht besetzte Bänke zwischen ihm und der Schlange. Brianna, die sich darum hätte kümmern können, saß auf der falschen Seite des Zimmers. Es war nicht zu ändern, dachte er mit einem innerlichen Seufzer der Resignation. Er musste die Vorgänge abbrechen und ganz ruhig jemanden, auf den er sich verlassen konnte – wen? Er sah sich hastig um und erspähte Ian Murray, der zum Glück in Reichweite war – bitten, die Schlange zu packen und ins Freie zu tragen.
    Er hatte sogar schon den Mund geöffnet, um genau das zu tun, als der Schlange die Aussicht zu langweilig wurde und sie blitzschnell um die Bank herum und an der letzten Reihe entlangglitt.
    Rogers Blick hing an der Schlange, daher war er völlig überrascht – zweifellos genauso sehr wie die Schlange – als sich Jamie plötzlich bückte, sie vom Boden aufhob und sich das verblüffte Reptil unter sein Plaid steckte.
    Jamie war ein kräftiger Mann, und in Folge seiner Bewegung wandten sich mehrere Köpfe, um zu sehen, was passiert war. Er trat von einem Fuß auf den anderen, hustete und gab sich den Anschein, sich brennend für Rogers Predigt zu interessieren. Da es nichts zu sehen gab, drehte sich alles wieder zurück und machte es sich wieder bequem.
    »… nun begegnen wir erneut den Samaritern, nicht wahr, in der Geschichte vom Barmherzigen Samariter? Die meisten von Euch werden sie kennen, aber für die Kinder, die sie vielleicht noch nicht gehört haben…« Roger lächelte Jem, Germain und Aidan zu, die sich wanden wie die Würmer und vor Aufregung leise ekstatische Quietschlaute ausstießen, weil er sie besonders ansprach.
    Aus dem Augenwinkel konnte er Jamie sehen, der in seinem besten Leinenhemd erstarrt und blass dastand. Im Inneren dieses Hemdes bewegte sich etwas, und in seiner geballten Faust erschien eine Spur bunter Schuppen – offenbar versuchte die Schlange, an seinem Arm entlang zu flüchten, und nur Jamies verzweifelte Umklammerung ihres Schwanzes verhinderte, dass sie den Kopf aus seinem Halssausschnitt steckte.
    Jamie schwitzte heftig; Roger auch. Er sah, wie ihn Brianna mit einem kleinen Stirnrunzeln ansah.
    »…und so trug der Samariter dem Wirt auf, sich um den armen Kerl zu
kümmern, seine Wunden zu verbinden und ihm zu essen zu geben, und er würde auf dem Rückweg Halt machen und die Rechnung begleichen. Und…«
    Aus dem Augenwinkel sah Roger, wie sich Claire zu Jamie hinüberbeugte und ihm etwas zuflüsterte. Sein Schwiegervater schüttelte den Kopf. Er vermutete, dass Claire die Schlange bemerkt hatte – sie konnte sie kaum übersehen – und Jamie drängte, mit ihr ins Freie zu gehen, Jamie sich jedoch tapfer weigerte, um die Predigt nicht noch mehr zu stören, denn er konnte nicht hinaus, ohne sich an einer ganzen Reihe anderer Stehender vorbeizudrängen.
    Roger hielt inne, um sich das Gesicht mit einem großen Taschentuch abzuwischen, das ihm Brianna für diesen Zweck mitgegeben hatte und in dessen Deckung er jetzt beobachtete, wie Claire in ihren Rock griff und einen großen Kalikobeutel herauszog.
    Sie schien sich flüsternd mit Jamie zu streiten; er schüttelte den Kopf und sah aus wie der Spartaner, der lebendig von dem Fuchs gefressen wurde.
    Dann erschien der Kopf der Schlange plötzlich züngelnd unter Jamies Kinn, und er riss die Augen auf. Claire stellte sich unverzüglich auf die Zehenspitzen, packte das Tier am Hals, zog ihrem Mann das erstaunte Reptil wie ein Stück Seil aus dem Hemd, stopfte es kopfüber in ihren Beutel und zog ihn zu.
    »Preiset den Herrn!«, platzte Roger heraus, und die Gemeinde antwortete pflichtschuldigst mit »Amen!«, obwohl sie ein wenig verwundert über diesen Einwurf dreinblickte.
    Claires Nebenmann, der diese rasche Abfolge der Ereignisse mit angesehen hatte, starrte sie mit großen Augen an. Sie stopfte den Beutel – der sich jetzt sichtlich aufgeregt bewegte – wieder in ihren Rock, ließ ihr Schultertuch darüberfallen, sah den Herrn an ihrer Seite an, als wollte sie ihn fragen, »Was glotzt du so, Kumpel?«, blickte geradeaus und setzte eine Miene frommer Konzentration auf.
    Roger schaffte es irgendwie bis zum Ende. Er war so erleichtert,

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