Ein Hauch von Schnee und Asche
wir Wasser hier, Sassenach?«
»Ja.« Der Waschkrug im Schlafzimmer war voll; ich goss ihm einen Becher ein, und er trank ihn gierig aus. Wir hatten Lebensmittel, Wasser und einen ordentlichen Vorrat an Patronen und Pulver. Ich glaubte aber nicht, dass wir einer langen Belagerung Stand halten müssten.
»Was glaubst du, was sie tun werden?« Ich ging nicht näher ans Fenster, doch von der Seite aus konnte ich deutlich sehen, wie sie unter den Bäumen konferierten.
Jamie trat neben mich und betupfte sich die Lippe mit seinem Hemdschoß.
»Das Haus in Brand stecken, sobald es dunkel ist, nehme ich an«, erklärte er sachlich. »Das würde ich jedenfalls tun. Obwohl sie es vielleicht auch damit versuchen könnten, Gideon ins Freie zu zerren und ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen, wenn ich dich nicht herausrücke.« Letzteres schien er für einen Scherz zu halten, doch es gelang mir nicht, den Humor darin zu honorieren.
Er fixierte mein Gesicht und zog mich kurz an sich. Die Luft war heiß und stickig, und wir waren beide zum Auswringen nass, doch seine Nähe war dennoch tröstend.
»Ah«, sagte ich und holte tief Luft. »Dann hängt also alles davon ab, ob Mrs. Bug entwischt ist – und wem sie es erzählt hat.«
»Sie ist mit Sicherheit zuerst zu Arch gegangen.« Jamie liebkoste mich zärtlich und setzte sich auf das Bett. »Wenn er zu Hause ist, läuft er zu Kenny Lindsay; er ist der nächste Nachbar. Und dann...«
Er zuckte mit den Achseln und schloss die Augen, und ich sah, dass sein Gesicht unter der Sonnenbräune und den Blut- und Schmutzspuren bleich war.
»Jamie – bist du verletzt?«
Er öffnete die Augen und lächelte mich schwach an. Es wurde ein schiefes Lächeln, weil er sich bemühte, nicht an dem Riss in seiner Lippe zu ziehen.
»Nein, ich habe mir den verdammten Finger wieder gebrochen, das ist alles.« Er zog unwillig die Schulter hoch, duldete aber, dass ich seine rechte Hand hochhob, um sie zu inspizieren.
Es war ein glatter Bruch; das war das einzig Gute daran. Der Ringfinger war steif, die Gelenke verknöchert, weil sie vor langer Zeit einmal so schlimm gebrochen worden waren, im Gefängnis von Wentworth. Er konnte den Finger nicht krümmen, und daher stand er ab und war im Weg; dies war nicht das erste Mal, dass er ihn sich gebrochen hatte.
Er schluckte, während ich den Bruch sanft abtastete, und schloss die Augen wieder. Er schwitzte.
»Im Sprechzimmer ist Laudanum«, sagte ich. »Oder Whisky.« Doch ich wusste, dass er ablehnen würde, und das tat er natürlich.
»Ich brauche einen klaren Kopf«, sagte er, »ganz gleich, was geschieht.« Er öffnete die Augen und lächelte mir schwach zu. Die Luft im Zimmer waberte und glühte, trotz des offenen Fensterladens. Die Sonne stand nun schon ziemlich niedrig, und in den Zimmerecken sammelten sich die ersten Schatten.
Ich ging hinunter zum Sprechzimmer, um eine Schiene und Verbandsmaterial zu holen; es würde nicht viel nützen, aber wenigstens hatte ich etwas zu tun.
Das Sprechzimmer war dunkel, da die Fensterläden geschlossen waren, doch da die Scheiben zerbrochen waren, kam Luft hindurch, so dass mir das Zimmer seltsam entblößt und verletzlich vorkam. Ich trat lautlos ein wie eine Maus, blieb abrupt stehen, lauschte auf Gefahren, und meine Nase zuckte. Doch es war alles still.
» Zu still«, sagte ich laut und lachte. Ohne mich an den Geräuschen zu stören, trat ich fest mit den Füßen auf, öffnete schwungvoll meine Schranktüren und ließ Instrumente scheppern und Fläschchen klappern, während ich nach den Dingen suchte, die ich brauchte.
Ich machte Zwischenstation in der Küche, bevor ich wieder nach oben ging. Teils, um mich zu vergewissern, dass die Hintertür wirklich fest verriegelt war, und teils, um zu prüfen, was Mrs. Bug an Essbarem zurückgelassen haben könnte. Jamie hatte zwar nichts gesagt, doch ich wusste, dass ihm sein schmerzender Finger leichte Übelkeit verursachte – und solche Leiden ließen sich bei ihm normalerweise mit etwas Essbarem lindern.
Der Kessel hing noch über den Kohlen, doch das unbeaufsichtigte Feuer war so weit heruntergebrannt, dass die Suppe zum Glück nicht verkocht war. Ich stocherte in der Glut herum und legte drei ordentliche Kiefernscheite nach, nicht nur, weil es mir in Fleisch und Blut übergegangen war, niemals ein Feuer ausgehen zu lassen, sondern auch, um unseren Belagerern eine lange Nase zu zeigen. Sollten sie doch die Funken im Kamin sehen, dachte ich, und sich
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