Ein Hauch von Schnee und Asche
Hitze erweichtes Gummi.
»Leg dich hin, a Sorcha «, sagte er leise. »Leg deinen Kopf in meinen Schoß.«
Das tat ich, trotz der Hitze. Es war wohltuend, mich auszustrecken, und noch wohltuender, sein Herz zu hören, das langsam und spürbar über meinem Ohr schlug, und seine Hand zu spüren, die leicht auf meinem Kopf ruhte.
Alle Waffen lagen auf dem Boden neben dem Fenster aufgereiht, alle geladen, gespannt und schussbereit. Er hatte sein Schwert vom Schrank genommen; es stand als letzte Zuflucht an der Tür.
»Jetzt können wir nichts mehr tun, oder?«, sagte ich nach einer Weile. »Nur noch warten.«
Seine Finger spielten mit meinen feuchten Haarlocken; es fiel mir jetzt bis knapp oberhalb der Schultern, lang genug – gerade eben -, um es zusammenzubinden oder hochzustecken.
»Nun, wir könnten ein Beichtgebet sprechen«, sagte er. »Das haben wir am Vorabend einer Schlacht regelmäßig getan. Nur vorsichtshalber«, fügte er hinzu und lächelte mich an.
»Nun gut«, sagte ich nach einer kurzen Pause. »Nur vorsichtshalber.«
Ich streckte die Hand aus, und er umfasste sie mit der unverletzten Hand.
»Mon Dieu, je regrette« , begann er, und mir fiel wieder ein, dass er dieses Gebet immer auf Französisch sprach, ein Überbleibsel aus jenen Tagen als Söldner in Frankreich; wie oft mochte er es damals gesprochen haben, eine notwendige Vorsichtsmaßnahme, am Abend die Seele zu reinigen, weil er am Morgen mit der Möglichkeit des Todes rechnen musste?
Ich sprach es ebenfalls, auf Englisch, und dann verstummten wir. Die Zikaden schwiegen. Weit, weit entfernt glaubte ich, ein Geräusch zu hören, das möglicherweise Donner war.
»Weißt du«, sagte ich nach einer Weile, »es tut mir Leid um eine ganze Reihe von Dingen und Menschen. Rupert, Murtagh, Dougal... Frank. Malva«, fügte ich leise hinzu, und das Wort blieb mir im Hals stecken. »Aber wenn ich nur für mich selbst sprechen soll...« Ich räusperte mich.
»Ich bedaure nicht das Geringste«, sagte ich und sah zu, wie die Schatten aus den Ecken ins Zimmer krochen. »Absolut gar nichts.«
»Ich auch nicht, mo nighean donn «, sagte er, und seine Finger kamen zur Ruhe, warm auf meiner Haut. »Ich auch nicht.«
Ich war eingedöst und erwachte, weil mir Rauchgeruch in die Nase stieg. Im Zustand der Gnade zu sein ist ja gut und schön, aber ich vermute, dass selbst Jeanne D’Arc nicht die Ruhe selbst geblieben ist, als sie das erste Scheit in Brand gesetzt haben. Ich schoss kerzengerade hoch und sah mit rasendem Herzklopfen, dass Jamie am Fenster stand.
Es war noch nicht ganz dunkel; im Westen war der Himmel von orangen, goldenen und rosafarbenen Streifen erhellt, die sein Gesicht in flammendes Licht tauchten. Seine Nase war lang und schmal, seine Miene wild entschlossen, und die Furchen der Anspannung hatten sich tief eingegraben.
»Es kommen Leute«, sagte er. Sein Tonfall war sachlich, doch seine gesunde Hand hielt die Kante des Fensterladens fest umklammert, als hätte er ihn am liebsten zugeknallt und verriegelt.
Ich trat an seine Seite und kämmte mir hastig mit den Fingern durch die Haare. Ich konnte etliche Gestalten unter den Kastanien ausmachen, obwohl sie jetzt nur noch Umrisse waren. Sie hatten am anderen Ende des Hofes ein Lagerfeuer angezündet; das war es, was ich gerochen hatte. Doch es kamen immer mehr Leute auf den Hof; ich war mir sicher, dass Mrs. Bugs kräftige Gestalt unter ihnen war. Stimmengeräusche drifteten zu uns herauf, doch sie waren nicht laut genug, um einzelne Worte zu verstehen.
»Kannst du mir das Haar flechten, Sassenach? Das schaffe ich hiermit nicht.« Er warf einen flüchtigen Blick auf seinen gebrochenen Finger.
Ich zündete eine Kerze an, und er schob einen Hocker ans Fenster, um Wache halten zu können, während ich ihm das Haar kämmte und es zu einem festen, dicken Zopf flocht, den ich in seinem Nacken doppelt legte und mit einem schwarzen Band ordentlich zusammenknotete.
Ich wusste, dass er zwei Gründe hatte; nicht nur, gepflegt und wie ein Herr auftreten zu können, sondern notfalls auch kampfbereit zu sein. Ich machte mir zwar weniger Sorgen, dass mich jemand an den Haaren packen könnte, während ich gerade versuchte, ihn mit dem Schwert in zwei Hälften zu zerteilen, doch wenn dies mein letzter Auftritt als Herrin von Fraser’s Ridge werden sollte, erschien ich besser gleichfalls nicht ungekämmt.
Ich hörte, wie er etwas vor sich hin brummte, während ich im Schein der Kerze meine Haare
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