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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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er ihn einem Mann in die Seite rammte, ihn wieder herausriss und mit derselben Bewegung zur Seite ausholte, um einem der Männer, der ein wenig zurückgewichen war, eine blutige Furche über die Stirn zu ziehen.
    Dann sah ich an der Seite Metall aufglänzen und schrie automatisch »DUCK DICH!«, eine Sekunde bevor Browns Pistole Feuer gab. Etwas zischte leise an meinem Ohr vorbei, und ich begriff irgendwie vollkommen ruhig, dass Brown auf mich geschossen hatte, nicht auf Jamie.
    Allerdings hatte sich Jamie geduckt – genau wie jedermann sonst auf dem Hof, und überall rappelten sich die Männer jetzt verwirrt wieder auf. Ihr
Kampfgeist war verflogen. Jamie hatte einen Satz auf die Veranda gemacht; er stolperte auf mich zu und hieb dabei mit aller Kraft mit dem Dolchknauf nach einem Mann, der ihn am Ärmel gepackt hatte, bis dieser mit einem Aufschrei von ihm abließ.
    Es war, als hätten wir es ein Dutzend Mal geprobt. Er nahm mit einem Schritt die Stufen zur Veranda und warf sich gegen mich, so dass wir beide durch die Tür polterten, dann fuhr er auf dem Absatz herum, knallte die Tür zu, warf sich dagegen und hielt dem Ansturm wütender Körper so lange stand, bis ich in Sekundenschnelle die Schrotflinte fallen gelassen hatte, den Riegel gepackt und ihn vorgeschoben hatte.
    Er fiel mit einem Klonk in seine Halterungen.
    Die Tür vibrierte unter dem Toben der Fäuste und Schultern, und jetzt war auch wieder Geschrei zu hören, doch es klang anders. Nicht schadenfroh, nicht spottend. Immer noch fluchend, aber voll böswilliger Entschlossenheit.
    Keiner von uns blieb stehen, um zuzuhören.
    »Ich habe die Küchentür verriegelt«, keuchte ich, und Jamie nickte, während er schon in mein Sprechzimmer rannte, um dort die Innenläden zu verriegeln. Ich hörte hinter mir im Sprechzimmer zerberstendes Glas klirren, als ich in sein Studierzimmer lief; dort waren die Fenster kleiner, glaslos und hoch oben in der Wand. Ich knallte die Läden zu und verriegelte sie, dann rannte ich wieder in den plötzlich verdunkelten Flur, um mir das Gewehr zu greifen.
    Jamie hatte es schon; er war in der Küche und suchte sich das Nötige zusammen. Als ich mich Richtung Küchentür in Bewegung setzte, kam er schon heraus, behangen mit Patronenbeutel, Pulverhorn und Ähnlichem, die Vogelflinte in der Hand und wies mit einem Ruck seines Kopfes zur Treppe.
    Die oberen Zimmer waren immer noch voller Licht; es war, als tauchte man aus dem Wasser auf, und ich schluckte das Licht, als wäre es Luft, während ich benommen und mit tränenden Augen in die Abstellkammer und in Amy McCallums Zimmer rannte, um dort die Läden zu verriegeln. Ich hatte keine Ahnung, wo Amy und ihre Söhne waren; ich konnte nur dankbar sein, dass sie gerade nicht im Haus waren.
    Ich lief japsend ins Schlafzimmer. Jamie kniete am Fenster, wo er systematisch die Pistolen lud und auf Gälisch vor sich hin redete – ob betend oder fluchend, das konnte ich nicht sagen.
    Ich fragte gar nicht erst, ob er verletzt war; sein Gesicht war voller Prellungen, seine Lippe war aufgeplatzt, und das Blut war ihm über das Kinn auf sein Hemd gelaufen, er war übersät mit Schmutz und Blutspritzern, von denen ich annahm, dass sie von anderen stammten, und sein mir zugewandtes Ohr war angeschwollen. Doch er bewegte sich gezielt, und alles, was kein Schädelbruch war, würde warten müssen.

    »Sie wollen uns umbringen«, sagte ich und meinte es nicht als Frage.
    Er nickte, ohne den Blick von seiner Arbeit zu heben, dann reichte er mir eine Pistole, damit ich sie lud.
    »Aye, das wollen sie. Gut, dass die Kinder alle in Sicherheit sind, nicht wahr?« Er lächelte mich plötzlich an, mit blutigen Zähnen und voller Kampflust, und ich fühlte mich plötzlich so standfest wie schon lange nicht mehr.
    Er hatte eine Hälfte des Fensterladens angelehnt gelassen. Ich trat vorsichtig hinter ihn und spähte hinaus, die geladene Pistole schussbereit in der Hand.
    »Es liegen keine Toten auf dem Hof«, berichtete ich. »Dann hast du wohl keinen von ihnen umgebracht.«
    »Nicht, weil ich es nicht versucht hätte«, erwiderte er. »Gott, was würde ich für ein Gewehr geben!« Er erhob sich behutsam von den Knien, stellte die Vogelflinte so hin, dass ihr Lauf über die Fensterbank hinwegragte, und verschaffte sich einen Überblick über die Lage.
    Sie hatten sich vorerst zurückgezogen; unter den Kastanien am anderen Ende der Lichtung war eine kleine Gruppe von Männern zu sehen, und die Pferde hatten

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