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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Schuldgeständnis aussehen, wenn wir davonliefen.«
    Ian seufzte, nickte aber zustimmend.
    »Nun denn«, sagte er. Er trat vor, um Jamie zu umarmen, drückte ihn einen Moment ganz fest, und dann war er fort.
    Jamie atmete tief, aber zögernd aus, weil seine verletzten Rippen schmerzten.
    »Gott mit dir, Ian«, sagte er in die Dunkelheit und wandte sich zurück.
    Als er sich wieder neben seine Frau legte, war das Lager still. Die Männer lagen da wie tot, in ihre Decken gewickelt. Doch zwei Gestalten wachten noch an der Glut des erlöschenden Feuers; Richard Brown und Thomas Christie, ein jeder auf einem Felsen, allein mit seinen Gedanken.
    Ob er Claire wecken und es ihr sagen sollte? Er überlegte einen Moment und drückte seine Wange an ihr weiches, warmes Haar, dann entschied er sich widerstrebend dagegen. Möglich, dass es ihr ein wenig Mut machen würde, wenn sie wusste, dass Ian da war – doch er durfte es nicht riskieren, Browns Argwohn zu erregen; und sollte Brown irgendwie an Claires Stimmung ablesen, dass etwas geschehen war... nein, besser nicht. Zumindest noch nicht.
    Er ließ den Blick über den Boden zu Christies Füßen schweifen und sah ganz schwach etwas Graues in der Dunkelheit umherhuschen; die Maus hatte ihre Freunde gerufen, um sich das Festmahl zu teilen.

90
    Sechsundvierzig Bohnen für mich
    Im Morgengrauen war Richard Brown verschwunden. Der Rest der Männer machte einen grimmigen, aber schicksalsergebenen Eindruck, und unter dem Kommando eines untersetzten, mürrischen Kerls namens Oakes setzten wir unseren Weg nach Süden fort.
    Irgendetwas hatte sich in der Nacht verändert; etwas von der Anspannung, die Jamie seit unserem Aufbruch aus Fraser’s Ridge im Griff gehabt hatte, war von ihm abgefallen. In meiner steifen, wunden und mutlosen Verfassung fand ich diese Veränderung tröstlich, obwohl ich mich fragte, was sie herbeigeführt hatte. War es derselbe Grund, der Richard Brown bewogen hatte, sich auf seinen mysteriösen Ausflug zu begeben?
    Doch Jamie sagte nichts, abgesehen davon, dass er sich nach meiner Hand erkundigte – die sehr empfindlich war und so steif, dass ich meine Finger nicht auf Anhieb krümmen konnte. Er beobachtete unsere Begleiter nach
wie vor mit wachsamem Blick, doch das Nachlassen der Anspannung war auch an ihnen nicht spurlos vorübergegangen; ich begann, meine Angst zu verlieren, dass ihnen plötzlich die Geduld ausgehen könnte und sie uns aufknüpfen könnten, ohne sich von Tom Christies mürrischer Anwesenheit stören zu lassen.
    Wie in Absprache mit dieser entspannteren Atmosphäre klärte sich das Wetter plötzlich auf, was die allgemeine Laune weiter verbesserte. Es wäre übertrieben zu sagen, dass es zu etwas wie einer Annäherung kam, doch ohne Richard Browns ständige Böswilligkeiten verhielten sich die anderen Männer zumindest gelegentlich höflich. Und wie üblich nagten die Langeweile und die Anstrengungen der Reise an allen, so dass wir wie Murmeln über die gefurchten Straßen rollten, hin und wieder aneinander prallten, staubig, schweigsam und am Ende des Tages immerhin in der Erschöpfung vereint.
    Diese neutrale Lage änderte sich abrupt, als wir in Brunswick eintrafen. Es war deutlich, dass Oakes seit ein oder zwei Tagen auf etwas wartete, und als wir die ersten Häuser erreichten, konnte ich sehen, wie er vor Erleichterung tief durchzuatmen begann.
    Daher war es keine große Überraschung, als wir bei einem Wirtshaus am Rand der winzigen, halb verlassenen Siedlung anhielten, um uns zu erfrischen, und uns Richard Brown dort erwartete. Es war eine Überraschung, als Oakes und zwei andere Männer ohne Vorwarnung Jamie packten, ihm den Becher mit Wasser aus der Hand schlugen und ihn gegen die Hauswand rammten.
    Ich ließ meinen Becher fallen und stürzte auf sie zu, doch Richard Brown packte mich wie ein Schraubstock am Arm und zerrte mich auf die Pferde zu.
    »Loslassen! Was macht Ihr denn? Loslassen, sage ich!« Ich trat nach ihm und gab mir alle Mühe, ihm die Augen auszukratzen, doch er bekam meine Handgelenke zu fassen und rief einen der anderen Männer zu Hilfe. Gemeinsam bugsierten sie mich – die ich mir immer noch die Kehle aus dem Hals schrie – vor einem anderen von Browns Männern auf ein Pferd. Aus Jamies Richtung waren lautes Gebrüll und allgemeiner Aufruhr zu hören, weil jetzt ein paar Gaffer aus dem Wirtshaus kamen. Doch keiner von ihnen schien Lust zu haben, sich mit einer großen Gruppe Bewaffneter anzulegen.
    Tom Christie

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