Ein Hauch von Schnee und Asche
Insekten war darin ertrunken, und auf der Oberfläche trieb ein Film desselben feinen Staubs.
Außerdem hatte es ein kleines Fenster, das mit Farbe zugepinselt war, doch mit entschlossenem Hämmern und Schieben konnte ich es öffnen, und ich füllte mir die Lungen hastig mit der heißen, schwülen Luft.
Ich zog mich aus, entfernte die toten Motten aus dem Krug und wusch mich, ein himmlisches Gefühl, und nachdem ich die ganze letzte Woche lang ungehindert dem Ruß, Schweiß und Schmutz der Zelle ausgesetzt gewesen war, ging es mir unendlich viel besser. Nach einem Moment des Zögerns bediente ich mich mit einem abgetragenen Leinenhemd aus der Kommode, denn ich konnte den Gedanken, meine eigene verdreckte, durchgeschwitzte Chemise wieder anzuziehen, nicht ertragen.
Ohne Seife oder Shampoo konnte ich zwar nicht viel ausrichten, doch trotzdem fühlte ich mich viel besser und stellte mich ans Fenster, um mir das nasse Haar auszukämmen – auf der Kommode hatte ein Holzkamm gelegen, doch einen Spiegel gab es nicht – und verschaffte mir einen Überblick über das, was ich von meinem Aussichtspunkt aus sehen konnte.
Entlang der ganzen Grundstücksgrenze waren Wachtposten aufgestellt. War das üblich?, fragte ich mich. Wahrscheinlich eher nicht; sie machten einen beklommenen und sehr nervösen Eindruck; ich sah, wie einer von ihnen mit aggressiv präsentierter Waffe einen Mann ansprach, der sich dem Eingang näherte. Dieser schien höchst erschrocken zu sein und wich zurück, drehte sich um, warf noch einen hastigen Blick zurück und eilte davon.
Eine Reihe uniformierter Wachtposten – möglicherweise Marineinfanteristen, obwohl ich mich nicht genug mit Uniformen auskannte, um es mit Gewissheit zu sagen – scharte sich um sechs Kanonen, die auf einer leichten Anhöhe vor dem Palast standen und die Stadt und den Hafenkai überblickten
Unter ihnen waren auch zwei Nicht-Uniformierte; ich beugte mich ein wenig aus dem Fenster und machte Mr. Webbs untersetzte kräftige Gestalt aus und neben ihm einen kleineren Mann. Dieser schritt die Reihe der Kanonen ab, die Hände unter den Rockschößen gefaltet, und die Marineinfanteristen – oder was immer sie waren – salutierten ihm. Das war also wohl der Gouverneur: Josiah Martin.
Ich beobachtete das Geschehen noch eine Weile, doch es passierte nichts Interessantes, und ich wurde mit einem Mal von Schläfrigkeit überwältigt, erschöpft von den Strapazen des vergangenen Monats und der heißen, reglosen Luft, die mich wie eine Hand niederzudrücken schien.
Ich legte mich in meinem geborgten Hemd auf das Bett und schlief sofort ein.
Ich schlief bis Mitternacht, als man mich erneut zu Mrs. Martin rief, deren Verdauungsprobleme einen Rückfall zu erleiden schienen. Ein rundlicher Mann mit einer langen Nase drückte sich in Nachthemd und Haube mit einer Kerze in der Tür herum und zog ein sorgenvolles Gesicht; vermutlich der Gouverneur. Er sah mich scharf an, machte aber keine Anstalten, sich einzumischen, und ich hatte keine Zeit, großartig Notiz von ihm zu nehmen. Als die Krise vorüber war, war der Gouverneur – wenn er es denn war – verschwunden.
Da die Patientin jetzt fest schlief, legte ich mich wie ein Hund auf den Teppich neben ihrem Bett, rollte einen Unterrock als Kissen zusammen und schlief dankbar wieder ein.
Es war helllichter Tag, als ich wieder aufwachte, und das Feuer war erloschen. Mrs. Martin hatte das Bett verlassen und rief gereizt durch den Flur nach Dilman.
»Verflixtes Mädchen«, sagte sie und drehte sich um, während ich mich umständlich hochkämpfte. »Hat wahrscheinlich das Fieber wie die anderen. Oder sie ist davongelaufen.«
So, wie ich es verstanden hatte, lagen mehrere der Dienstboten mit dem Fieber darnieder, während eine ganze Reihe der anderen sich aus Angst vor Ansteckung schlicht abgesetzt hatte.
»Seid Ihr Euch ganz sicher, dass ich kein Tertiärfieber habe, Mrs. Fraser?« Mrs. Martin betrachtete sich blinzelnd im Spiegel, streckte die Zunge heraus und inspizierte sie kritisch. »Ich finde, ich sehe gelb aus.«
In Wirklichkeit war ihre Hautfarbe ein sanftes englisches Rosa, wenn sie auch ziemlich blass war, weil sie sich übergeben hatte.
»Lasst bei heißem Wetter die Finger von Sahnetorte und Austernpastete und nehmt keine Mahlzeiten zu Euch, die größer sind als Euer Kopf, dann dürfte Euch nichts passieren«, sagte ich und unterdrückte ein Gähnen. Ich warf über ihre Schulter hinweg einen Blick in den Spiegel und
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