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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird und ich freigesprochen werde, nicht wahr?«
    Er stieß ein ersticktes Geräusch aus, das wohl als Lachen durchging.
    »Natürlich. Schon um des Gouverneurs willen.«
    Danach machten wir uns schweigend erneut an die Arbeit. Die vergoldete Uhr hinter mir schlug Mittag, und wie durch dieses Geräusch herbeigerufen trat ein Bediensteter, den ich für den Butler hielt, ins Zimmer und erkundigte sich, ob der Gouverneur eine Bürgerdelegation aus der Stadt empfangen würde.
    Der Gouverneur presste den Mund zusammen, doch er nickte resigniert, und eine Gruppe von sechs oder sieben Männern trat ein, alle in ihren besten Röcken, aber eindeutig Händler, keine Kaufleute oder Anwälte. Niemand, den ich kannte, Gott sei Dank.

    »Wir sind hier, Sir«, sagte einer von ihnen, der sich als George Herbert vorstellte, »um zu fragen, was diese Umpostierung der Kanonen zu bedeuten hat.«
    Webb, der neben mir saß, erstarrte ein wenig, doch der Gouverneur schien darauf vorbereitet gewesen zu sein.
    »Die Kanonen?«, sagte er und gab sich jeden Anschein unschuldiger Überraschung. »Nun – ihre Gestelle werden repariert. Wir werden wie immer Ende des Monats einen königlichen Salut zu Ehren des Geburtstags der Königin abfeuern. Als wir daher die Kanonen als Vorbereitung darauf inspiziert haben, wurde festgestellt, dass die Caissons an einigen Stellen durchgefault waren. Natürlich ist es nicht möglich, die Kanonen abzufeuern, bis die Reparaturen abgeschlossen sind. Würdet Ihr die Gestelle gern selbst in Augenschein nehmen, Sir?«
    Bei diesen Worten erhob er sich halb von seinem Stuhl, als wollte er sie persönlich ins Freie begleiten, doch seine Höflichkeit hatte einen solch ironischen Unterton, dass sie erröteten und murmelnd ablehnten.
    Es folgte noch ein kurzer Austausch von Floskeln, doch dann brach die Delegation auf, legte dabei allerdings kaum weniger Argwohn an den Tag als bei ihrer Ankunft. Webb schloss die Augen und atmete tief aus, als sich die Tür hinter ihnen schloss.
    »Fahrt doch zur Hölle«, sagte der Gouverneur ganz leise. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es seine Absicht war, dass ihn jemand hörte, und so stellte ich mich taub, beschäftigte mich mit meinen Papieren und hielt den Kopf gesenkt.
    Webb erhob sich und trat an das Fenster, das die Rasenfläche überblickte, wohl um sich zu vergewissern, dass die Kanonen dort standen, wo sie hingehörten. Ich reckte mich ein wenig, so dass ich an ihm vorbeischauen konnte; tatsächlich, die sechs Kanonen waren von ihren Gestellen gehoben worden und lagen im Gras, harmlose Bronzeklötze.
    Der folgenden Unterhaltung – gewürzt mit Kraftausdrücken bezüglich der rebellischen Hunde, die die Dreistigkeit besaßen, einen königlichen Gouverneur auszufragen als sei er ein Stiefelputzer, bei Gott! – entnahm ich, dass man die Kanonen in Wirklichkeit aufgrund der Befürchtung demontiert hatte, dass die Städter sie an sich bringen und sie gegen den Palast richten könnten.
    Während ich mir all dies anhörte, dämmerte es mir, dass die Dinge schon weiter fortgeschritten und viel schneller ins Rollen gekommen waren, als ich erwartet hatte.
    Es war Mitte Juli, aber erst 1775 – fast ein Jahr noch, bis eine längere und nachdrücklichere Version der Deklaration von Mecklenburg in einer offiziellen Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Kolonien gipfeln würde. Und doch lebte hier ein königlicher Gouverneur in sichtlicher Angst vor einer offenen Revolte.

    Wenn das, was wir auf unserem Weg nach Süden gesehen hatten, nicht ausreichte, um mich davon zu überzeugen, dass der Krieg vor der Tür stand, so ließ ein Tag in der Gesellschaft Gouverneur Martins keinen Zweifel daran.
    Am Nachmittag ging ich nach oben – leider in Begleitung des wachsamen Webb -, um nach meiner Patientin zu sehen und mich nach etwaigen anderen Kranken zu erkundigen. Mrs. Martin war benommen und deprimiert; sie beklagte sich über die Hitze und das krank machende Klima, sie vermisste ihre Töchter, und das Fehlen ihrer persönlichen Bediensteten machte ihr schwer zu schaffen, war sie doch gezwungen gewesen, sich in Abwesenheit Dilmans, die verschwunden war, selbst die Haare zu bürsten. Doch sie war bei guter Gesundheit, und dies konnte ich auch dem Gouverneur berichten, als er mich bei meiner Rückkehr danach fragte.
    »Glaubt Ihr, sie würde eine Reise aushalten?«, fragte er mit schwach gerunzelter Stirn.
    Ich überlegte kurz, dann nickte ich.
    »Ich

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