Ein Hauch von Schnee und Asche
Anweisungen mit klarem Ordnungssinn, ja, sie legte sogar selbst mit Hand an.
Der Grund für ihre Selbstbeherrschung war der Gouverneur, der irgendwann während des Packens ins Zimmer kam, das Gesicht sorgenvoll verzogen. Sie trat sofort zu ihm und legte ihm liebevoll die Hände auf die Schultern.
»Armer Jo«, sagte sie leise. »Hast du schon zu Abend gegessen?«
»Nein. Das macht aber nichts. Ich esse später einen Bissen.« Er küsste sie kurz auf die Stirn, und seine sorgenvolle Miene erhellte sich ein wenig, als er sie ansah. »Geht es dir auch wirklich gut, Betsy? Bist du sicher?« Ich begriff plötzlich, dass er Ire war – zumindest Anglo-Ire; er hatte nicht den leisesten Akzent, doch wenn er beim Reden nicht auf der Hut war, verfiel er in einen schwachen Singsang.
»Voll und ganz erholt«, versicherte sie ihm. Sie nahm seine Hand und drückte sie lächelnd an ihren Bauch. »Merkst du, wie es strampelt?«
Er erwiderte ihr Lächeln, hob ihre Hand an seine Lippen und küsste sie.
»Du wirst mir fehlen, Liebling«, sagte sie ganz leise. »Wirst du auch sehr gut aufpassen?«
Er blinzelte hastig, senkte den Blick und schluckte.
»Natürlich«, sagte er schroff. »Liebste Betsy. Du weißt, dass ich es nicht ertragen könnte, mich von dir zu trennen, nur -«
»Ich weiß. Deshalb habe ich ja solche Angst um dich -« An diesem Punkt blickte sie auf und begriff plötzlich, dass ich da war. »Mrs. Fraser«, sagte sie in völlig verändertem Ton. »Geht bitte hinunter in die Küche und lasst für den Gouverneur ein Tablett zusammenstellen. Das könnt Ihr dann in die Bibliothek bringen.«
Ich verneigte mich kaum merklich und ging. War dies die Gelegenheit, auf die ich gewartet hatte?
Die Flure und die Treppe waren menschenleer, erleuchtet nur von kleinen Wandlampen aus Metall – in denen dem Geruch nach Fischöl verbrannt wurde. Die gemauerte Küche befand sich natürlich im Keller, und die gespenstische Stille an einem Ort, an dem es normalerweise zuging wie in einem Bienenstock, ließ die unbeleuchtete Küchentreppe wie den Abstieg in ein Verlies erscheinen.
Die Küche wurde jetzt nur noch vom Herdfeuer beleuchtet, das fast heruntergebrannt war – doch es brannte noch, und trotz der drückenden Hitze
scharten sich mehrere darum. Beim Klang meiner Schritte wandten sie sich um, aufgeschreckte, gesichtslose Umrisse. Aus dem Kessel hinter ihnen stieg Dampf auf, und im ersten Moment hatte ich das Gefühl, Macbeths Hexen gegenüberzustehen, die sich zu finsteren Prophezeiungen zusammengefunden hatten.
»Mischt, ihr alle, mischt am Schwalle«, sagte ich freundlich, obwohl sich mein Herzschlag ein wenig beschleunigte, als ich mich ihnen näherte. »Feuer, brenn, und Kessel walle!«
»Und Kessel walle, das kann man wohl sagen«, sagte eine leise Frauenstimme und lachte. Aus der Nähe konnte ich jetzt sehen, dass sie mir im Schatten gesichtslos vorgekommen waren, weil sie Schwarze waren; Sklaven wahrscheinlich und daher nicht in der Lage zu fliehen.
Und auch nicht in der Lage, für mich eine Nachricht zu transportieren. Dennoch, es konnte nie schaden, freundlich zu sein, und ich lächelte ihnen zu.
Sie lächelten schüchtern zurück und betrachteten mich neugierig. Ich war noch keiner von ihnen begegnet – und sie mir auch nicht, obwohl sie angesichts des unter den Dienstboten üblichen Geredes wahrscheinlich wussten, wer ich war.
»Schickt der Gouverneur seine Frau fort?«, fragte die Frau, die gelacht hatte und machte sich als Reaktion auf meine Bitte nach einer leichten Mahlzeit daran, ein Tablett von einem Bord zu holen.
»Ja«, sagte ich. Mir war klar, welchen Wert Gerüchte als Währung besaßen, daher erzählte ich ihnen alles, was ich unter Wahrung des Anstands erzählen konnte, während sich die drei wie dunkle Schatten gezielt durch die Küche bewegten und mit flinken Händen schnitten, ausbreiteten, arrangierten.
Molly, die Köchin, schüttelte den Kopf, und ihre weiße Haube leuchtete im Glühen des Feuers wie eine Wolke im Sonnenuntergang.
»Schlimme Zeiten, schlimme Zeiten«, sagte sie und schnalzte mit der Zunge, und die beiden anderen murmelten zustimmend. Ich glaubte, ihrer Haltung entnehmen zu können, dass sie den Gouverneur mochten – doch als Sklaven war ihr Schicksal untrennbar mit dem seinen verbunden, ganz gleich, was sie empfanden.
Während wir plauderten, kam mir der Gedanke, dass sie zwar nicht aus dem Haus fliehen konnten, dass sie jedoch das Grundstück hin und wieder verlassen
Weitere Kostenlose Bücher