Ein Hauch von Schnee und Asche
mussten; irgendjemand musste zum Markt gehen, und sonst schien niemand mehr da zu sein.
Dies stellte sich als richtig heraus; Sukie, die Frau, die gelacht hatte, ging morgens Fisch und frisches Gemüse kaufen – und als ich sie taktvoll darauf ansprach, war sie nicht abgeneigt, gegen eine kleine Aufmerksamkeit meine Briefe in der Druckerei abzuliefern – sie sagte, sie wüsste, wo das sei, das Haus mit den vielen Büchern im Fenster.
Sie steckte Papier und Geld in ihr Mieder, warf mir einen viel sagenden Blick zu und zwinkerte. Weiß Gott, was sie glaubte, was es für Briefe waren, doch ich zwinkerte zurück, stemmte das voll beladene Tablett und begab mich zurück in das nach Fisch riechende Reich des Lichtes.
Ich traf den Gouverneur allein in der Bibliothek an, wo er jetzt Papiere verbrannte. Er nickte geistesabwesend, als ich das Tablett auf den Tisch stellte, rührte es aber nicht an. Ich war mir nicht sicher, was ich tun sollte, und nachdem ich einen Moment beklommen dagestanden hatte, setzte ich mich an meinen gewohnten Platz.
Der Gouverneur stieß einen letzten Papierstapel in das Feuer und stand dann da und sah trostlos zu, wie sich die Blätter schwärzten und zusammenrollten. Das Zimmer hatte sich mit dem Sonnenuntergang ein wenig abgekühlt, doch die Fenster waren fest geschlossen – natürlich – und Kondenswasser lief in Rinnsalen an den Schmuckscheiben herunter. Ich tupfte mir meinerseits die Kondensflüssigkeit von Wangen und Nase, stand auf und riss das nächstbeste Fenster auf, um einen tiefen Zug der Abendluft einzuatmen, drückend warm, aber frisch und vom süßen Duft der Rosen und des Geißblatts im Garten erfüllt, durchdrungen von der unangenehmen Feuchtigkeit des weiter entfernten Ufers.
Und Holzrauch; draußen brannten Feuer. Die Soldaten, die den Palast bewachten, hatten Wachfeuer angezündet, die in gleichmäßigen Abständen um das ganze Grundstück verteilt waren. Nun, das würde gegen die Moskitos helfen – und wir würden nicht völlig überrumpelt werden, wenn ein Angriff kam.
Der Gouverneur trat hinter mich. Ich rechnete damit, dass er mir auftragen würde, das Fenster zu schließen, doch er stand einfach nur da und starrte auf seine Rasenflächen und die lange Kiesauffahrt hinaus. Der Mond war aufgegangen, und die demontierten Kanonen waren schwach zu erkennen; sie lagen in der Dunkelheit aufgereiht wie Tote.
Einen Moment später trat der Gouverneur wieder an seinen Schreibtisch, rief mich zu sich und reichte mir einen Stapel offizieller Korrespondenz zum Kopieren und noch einen zum Einsortieren. Er ließ das Fenster offen; er wollte wohl hören, falls irgendetwas geschah.
Ich fragte mich, wo der allgegenwärtige Webb geblieben war. Nirgendwo im Palast war ein Geräusch zu hören; wahrscheinlich hatte Mrs. Martin allein zu Ende gepackt und war zu Bett gegangen.
Wir arbeiteten weiter; in regelmäßigen Abständen schlug die Uhr, und hin und wieder erhob sich der Gouverneur, um einen weiteren Papierstapel ins Feuer zu werfen, meine Kopien an sich zu nehmen und sie gebündelt in große Ledermappen zu legen, die er mit Bändern verschloss und auf seinem Tisch stapelte. Er hatte seine Perücke abgelegt; sein Haar war braun, kurz, aber lockig – ähnlich wie das meine nach dem Fieber. Dann und wann hielt er inne und wandte lauschend den Kopf.
Ich wusste, wie es war, einem Pöbel gegenüberzustehen, und daher wusste ich auch, worauf er horchte. Ich wusste nicht mehr, worauf ich hoffen oder was ich fürchten sollte. Und so arbeitete ich weiter und begrüßte die Arbeit als betäubende Abwechslung, auch wenn ich einen Krampf in der Hand hatte und alle paar Minuten eine Pause einlegen musste, um sie zu massieren.
Der Gouverneur hatte jetzt ebenfalls zur Feder gegriffen; er rutschte auf seinem Stuhl herum und verzog trotz des Kissens schmerzhaft das Gesicht. Mrs. Martin hatte mir erzählt, dass er an einer Fistel litt. Ich bezweifelte sehr, dass er sich von mir behandeln lassen würde.
Er ließ sich auf einer Gesäßhälfte nieder und rieb sich das Gesicht. Es war spät, und es war nicht zu übersehen, dass er müde war. Ich war ebenfalls müde, verkniff mir ständig das Gähnen, das mir den Kiefer auszurenken drohte und mir das Wasser in die Augen steigen ließ. Doch er arbeitete hartnäckig weiter und warf hin und wieder einen Blick zur Tür. Wen erwartete er?
Das Fenster in meinem Rücken war nach wie vor offen, und die sanfte Luft liebkoste mich. Sie war so warm wie
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